In Zeiten, wo es immer mehr studierte Taxufahrer gibt oder promovierte Bistrobetreiber (ich will hierbei weder den Hochschulabsolventen, noch bodenständigen Berufen wehtun), immer mehr Menschen, deren Lebenssituation ihnen durch einige Kurven viel Geschick und Balanceakte abverlangt, z.B. Familien mit Kindern, die plötzlich durch Kurzarbeit betroffen sind usw. -
spielt das:Was machen Sie beruflich? viel weniger eine Rolle als noch vor vielen Jahren, und es wäre eine Chance für die Menschen, sich eben wieder mehr als Menschen zu begegnen, unabhängig von Kontoständen...
Wenn mir eine solche Frage wie oben tatsächlich gestellt würde, wäre der Ofen gleich aus.
Auch ich habe ein Studium, hatte eine verantwortliche leitende Position, habe "nebenher" meinen inzwischen 17j. Sohn alleine erzogen, wurde aber dann mit knapp über 50 wegen zwei Krebserkrankungen "berufsunfähig" und aus einer 70%-Stelle vorzeitig berentet. Da hatte ich noch einen neuen Quasi-Partner, der gerne zum Essen vorbeikam, ohne selbst je einen Einkauf zu bezahlen..., sich auch sonst wenig einbrachte und auch bei einem Cappuccino seltsamerweise selten genug Geld (dabei)hatte, um mir diesen oder auch ein Eis mal zu "spendieren".....(Ich habe mich vor ca. 3J., auch aus anderen Gründen, getrennt, aber ich konnte diese Unverhältnismäßigkeit der Einstellung - er hatte eine Eig.tumswohnung, ich leb(t)e in Miete - nicht mehr ertragen.)
Mit meinem Leben bin ich zufrieden, ich habe meinem Sohn musische usw. Möglichkeiten einräumen können, was logischerweise Verzicht auf vieles bedeutete, was früher leichter realisierbar war, z.B. wenigstens alle zwei Jahre mal einen "richtigen" Sommerurlaub (2 Wo. am Meer usw.), auch meine gesundheitliche Situation hat sich erfreulich entwickelt.
TROTZDEM beschleicht mich - da verstehe ich Dich gut, liebe Fragestellerin - bei möglichen Kontakten ein manchmal beklemmtes Gefühl, wenn z.B. von einem potenziellen Partner der Vorschlag kommt, mal eben über ein WE nach Frankreich abzutauchen oder in ein Wellnesshotel, um sich dann näher kennen zu lernen o.ä. Oder wenn ich schon in den Fragen des Profils lese: Reist du gerne? Oder: kommst Du mit mir auf eine Kreuzfahrt?
Beides würde ich liebend gerne mit einem großen JA beantworten, aber...
Da bleibe ich ehrlich und realistisch. Ich will nicht "ausgehalten" werden, obwohl es ganz angenehm ist, wenn einen ein Mensch mal wieder ganz selbstverständlich und kavalesk zum Essen einlädt...
Wenn "er" aber nicht begreifen oder nachvollziehen kann, dass ich trotz eines freiberuflichen Jobs seit etwa 4 Jahren, mit dem ich mich neben der Rente gerne selbst wieder herausgefordert habe (nicht nur als wichtigen Zuverdienst), keine großen Sprünge machen kann,
auch nicht locker zum Skifahren oder Golfen mitgehen usw., dann fühle ich mich schon etwas komisch. Andererseits wäre der Schluss, dass ich einen "Versorger" suche, viel zu kurz gehopst.
Und, liebe Fragestellerin, stellen wir "Rentner/innen" mal unser Licht nicht allzu tief unter den Scheffel: Wir können vielleicht wirtschaftlich aktuell nicht "mitkonkurrieren" (wie sicher sind "SEIN" Job,, womöglich SEINE Aktien, Fonds usw.?) und was soll das heißen?
Wir bringen unsere Lebenserfahrung, Talente, Farben.... mit, auch die Kraft, mit Brüchen umzugehen, die Phantasie und Kreativität, "trotzdem" zufrieden zu leben, und - ich denke mal - einen gewissen Erfindungsreichtum, nicht nur von C&A von der Stange zu kaufen, sondern mit Geschmack auch 2nd-Stücke gut in Szene setzen usw.usw.
Geschmack und Stil hat nix mit Kontostand zu tun, auch nicht der Stil des menschlichen Umgangs - und für so eine Frage (danke, dass ich mich nun womöglich auf so einen Knaller mental vorbereiten kann)würde mir u.U: dann etwas Ironisches einfallen -und Punkt - und tschüss!
Ich wünsche Dir alles Gute - und dass Du authentisch bleibst, auch wenn es solche Fragen (oder Kommentare)hageln sollte!
Ulrike