#6 an #9:
Ich stimme dir zu, dass in meinen Ausführungen nicht erwähnt ist, dass es den gemeinsamen Austausch geben sollte. - Genau das ist, wie Du selber schreibst, ein sehr empfindlicher Punkt für den B.ph.: Sich austauschen über Gefühle macht Gefühle, d.h. er wird u.U. emotional involviert. Das erlebt er als Bedrohung, und "macht zu".
Deshalb ist es u.U. besser, denke ich, meine Gefühlsprozesse allein durchzuarbeiten und mich entsprechend klar, d.h. eindeutig zu verhalten, aber immer mit Zuwendung! Daran kann dann der B.ph. lernen; vielleicht tut er das nicht, es ist aber eine Chance. Wenn ich jedoch hingehe, und "problematisieren" will, oder mich abgegrenzter verhalte und darüber die Zuwendung drossele, bestärkt des den B.ph. in seiner grundlegenden Erfahrung, dass Menschen und Nähe "gefährlich" sind.
Ich meine, es ist e i n e Sache, mit einem B.ph. zu versuchen eine Beziehung zu leben, die meinen Beziehungswünschen/idealen entspricht. Darin kann ich nur scheitern. - Es ist eine a n d e r e Sache, zu versuchen zu leben was geht und weiterhin zu lieben (den B.ph. so sein lassen wie er ist, und deswegen aber nicht die Liebe/Zuneigung von ihm "abzuziehen"). Das ist dann nicht die "glückliche Beziehung", sondern eine Beziehung-im-Prozess (Prozess des Lernens). Vielleicht zeigt sich das konkret dann darin, dass es eher eine freundlich-liebevolle Kameradschaft ist oder ähnliches, als das was wir klassisch Paarbeziehung nennen. Das ist nichts Leichtes, sondern verlangt viel von einem selbst gerade wenn man der "mehr Liebende" ist, - weil es von einem fordert, an der eigenen Kränkbarkeit zu arbeiten.
Im Artikel gibt es den Rat, "möglichst schnell weg, Beziehung beenden, draus lernen". Nur wie dieses Lernen von statten geht, darüber gibt es keine Empfehlung, damit ist man allein gelassen als Leser. Schmidbauer der 30 Jahre mit Paaren gearbeitet hat, gibt den Rat, dran zu bleiben an dem, was die Realität ist, und während dieses Dran-bleibens (Beziehung-im-Prozess) zu lernen. Darin sieht er die einzige Chance, Kindheitserfahrungen (die Beziehungsdynamiken in Gang halten, und bei der Kombination B.ph. und B.williger wirken Kindheitserfahrungen!) zu überwinden. Also nicht abbrechen, und wieder einen ähnlich strukturierten Partner "finden" bzw. in einer neuen Beziehung erneut in eine ähnliche Beziehungsdynamik rutschen (er nennt das Wiederholungszwang: Unbewußtes sucht Unbewußtes, und das Suchraster ist der gleiche "Stallgeruch", von dem man sich dann angezogen fühlt).
Lernen heißt bei Schmidbauer, Ideale runterzubrechen, narzistische Bedürfnisse die hohe Erwartungsenttäuschungen nach sich ziehen ("ich fühle mich gut/mir geht es besser, weil es dich gibt"), abzubauen; den kränkbaren verletzlichen Menschen in dem anderen Menschen "sehen", der einen enttäuscht. Das bedeutet nicht, mit dem anderen zusammenzuleben und alle Verletzungen mit sich machen zu lassen. Es bedeutet vielmehr, den "Haupthahn" menschlicher Verbindung - das Liebesgefühl - nicht abzudrehen. In seiner analytischen Sprache heißt das: nicht die beiden Grundregungen des Menschen, zu lieben und zu hassen, zu entmischen, sondern sich zu erarbeiten, dass es Erfahrungen des "Sowohl als Auch" mit diesem Menschen/B.ph. gibt; ich muß nicht "spalten", und den anderen als den Schuldigen ansehen. Ich denke, bei diesem Lernen (egal wie die konkrete Beziehung langfristig ausgeht) kann man nur gewinnen.
Schmidbauer gibt auch den Rat, zu unterscheiden zu lernen, wo ist "Dranbleiben" an der Beziehung (mit unter Umständem anderem oder zeitweilig anderem Beziehungsziel als erhofft) sinnvoll, und wo nicht. Wo ist es "Kleben" (d.h. sich verbeißen, ohne Abstand zum Partner und der Beziehung sein; Sich fragen: Wie ist meine Beziehung zur Beziehung? Wie ist mein inneres Verhältnis zu dem allem? Bin ich davon vollständig "besetzt" und vom Erreichen meines Beziehungszieles absorbiert?) Beim "Kleben" kann es sinnvoll sein, das Ziel ("Beziehung mit diesem Menschen") aufzugeben, d.h. loszulassen. Wenn man mitten in dieser Selbstbefragung drin ist, finde ich es schwierig zu unterscheiden, ist "Dran-Bleiben" noch sinnvoll oder ist es nur noch ein "Kleben"?
Da ich davon ausgehe, dass ich nicht den anderen Menschen verändern kann, und ihn auch nicht willentlich dazu bringen kann, sich über meine Gefühle und Veränderungsprozesse auszutauschen, vertrete ich in meinen Überlegungen tatsächlich den Standpunkt des "selber Machens". Ich habe nur da Einflußmöglichkeit, wo es um Veränderungen meiner Person geht, ob das dann mit Partner oder ohne ihn geht/gehen muß, ist nicht die entscheidende Frage. Ich muß unter Umständen das Lernen allein machen oder mir einen professionellen Helfer zur Unterstützung holen, um rauszufinden, ob "weitermachen" gut ist, oder nicht.