@ 129 + 132
;-) Mein Gott, wo soll ich hier anfangen...ok:
zunächst folgendes: Euer Einwand bzgl. der Ignorierbarkeit des Rechts ist nur zur Hälfte richtig. Erstens aus soziologischer Sicht deshalb, weil es IMMER eine Wechselwirkung zwischen "sein" (derzeitige Moral) und "sollen" (angestrebte Moral) gibt und Ursache und Wirkung einander bedingen im Sinne von "systemischer Kreislauf". Unsere Moral wird also von dem Recht beeinflußt und das Recht wiederum von der Moral. Daher spielt das Recht schon eine Rolle!
Zweitens finde ich es schon bissel lustig, wenn über Moral diskutiert wird, aber nciht erkannt wird, welche Grenzen das praktisch(!) FÜR IMMER UND EWIG GELTENDE RECHT setzt. Wer daran vorbei argumentiert, der baut Luftschlösser die völlig irrelevant sind. Artikel 1 GG ist der äußerste Bezugspunkt einer jeden Diskussion, überseht das bitte nicht ständig!!! Wir müssen hier nicht auf einen grünen Zweig kommen, der den UNABÄNDERLICHEN Teil des Grundgesetzes betrifft.
Dann: wie gesagt, ich habe hier nciht alle Beiträge gelesen und gehe deshalb nur auf die letzten ein. Gerade beim Notwehr-Argument zeigt sich, dass hier juristische Kategorien durcheinander gewirbelt werden, dass mir hören und sehen vergeht. Soweit ich mich an Strafrecht erinnern kann, geben weder § 32 noch § 34 STGB (also Notwehr und Notstand) die Möglichkeit, Leben abzuwägen. Die Frage, ob der Embryo schon Leben ist, sei an dieser Stelle mal dahingestellt. Einzig beim § 35 (entschuldigender Notstand) kann das eine Rolle spielen. Das mag von Euch Nicht-Juristen nicht sprachlich exakt benutzt werden, das weiß ich und werfe es hier niemandem vor, jedoch pflanzt sich diese "Ungenauigkeit" fort und am Ende kommt ein falsches Ergebnis raus. ;-)
Weiter: angenommen der Embryo hat Lebensqualität (was ich persönlich bestreite, aber leider auch nicht überzeugend begründen kann), dann ist eine Abwägung aus meiner Sicht ausgeschlossen, da - ich wiederhole mich - der Embryo zum bloßen Objekt gemacht wird und daher eigentlich ein Verstoß gg die MEnschenwürde vorliegt.
Noch etwas: ihr sprecht hier alle von "rechtfertigen". Soweit ich das überblicken kann, ist das nach Gesetzeslage nur "entschuldigt" (weiß es aber nciht genau, an dieser Stelle ist der 218 auch nicht stringend). Das klingt haarspalterisch, ist es aber nciht, da das für die Frage eine Rolle spielt, was man mit "Anstiftern" und "Gehilfen" macht. Bei einer Rechtfertigung sind die fein raus, wenn es allerdings nur "entschuldigt" ist, dann müssen die u.U. "hängen" im Gegensatz zur Frau...
Und sorry, nein, das BVERG-Urteil schaue ich mir nicht noch mal an, das hatte ich während des Studiums zur Genüge. Es nur angemerkt, dass auch Verfassungsrichter sich irren und häufig einfach nur politische (statt juristische) Entscheidungen fällen.
Also Artikel 1 GG hat schon klare Priorität, aber weder weiß man genau, was Menschenwürde positiv ist, noch wem sie im Zweifel zukommt. Also was macht einen MEnschen zum Menschen. Da genau beisst sich die KAtze in den Schwanz: die einen sagen, der Embryo ist kein Mensch, deshalb müssen wir die MW nicht beachten. Die anderen sagen er ist bereits Mensch und die MW steht einer Abtreibung entgegen. Die Gründerväter des GG haben an solcheDiskussionen nicht gedacht und eines ist auch klar: das GG ist keine rechtspositivistische Erfindung, sondern ruht auch auf grundlegenderen Moralvorstellungen. Das problem ist nun, dass sich mit der Erschaffung des GG sich dieses "Recht" von der Moral (zu Recht) emanzipiert hat und unabhängig davon weiter existiert. Damals waren die Leute alle irgendwie gläubig und hätten wohl pabstkonform gesagt, klar ist das geschützt und Abtreibung gibts nicht. Heute sind wir aufgeklärter und was so ein alter Mann in Rom sagt geht mir z.B. völlig am Ar*** vorbei. Rein juristisch gesehen befinden wir uns bei der ENTSCHEIDENDEN Frage nach der Lebensqualität des Embryos im Niemandsland.
Meiner laienhaften Ansicht nach gibt es die bereits genannten Grenzen: vor Verschmelzung von Spermium und Eizelle kein Leben, mit der Geburt definitiv. Dazwischen kann man nix plausibel festlegen, darin liegt das Dilemma. Oder um mal mit Dialektik zu kommen: der Umschlag einer Quantität in eine neue Qualität kann eben nicht exakt bestimmt werden.
Ich persönlich finde nicht, dass eine Zelle oder ein Zellhaufen ein Mensch ist. Und auch auf die Gefahr hin, gleich gesteinigt zu werden, ich habe auch kein Problem mit Genmanipulationen und Selektion. Das sind Zellen, nicht mehr und nciht weniger. Wir - und insbesondere die Frauen - konstruieren psychologisch daraus das, was es mal sein WIRD. Wenn eine Frau in der 6 Woche scwanger ist, dann findet das "Problem" eines Abbruches "nur" in ihrem Kopf statt. Weil sie sich vorstellt, das ist ein Mensch. Wenn man aber sagt, das ist "nur" ein Zellhaufen, dann erledigen sich auch ganz schnell die psychischen Probleme damit (von einem späteren Nicht-mehr-schwanger-werden mal abgesehen). Die Grenze die ich ziehen würde, wäre die der Überlebensfähigkeit außerhalb der Mutter. Frl. Smilla kann uns da bestimmt sagen, ab wann ein Frühchen überlebensfähig ist.
Ich gebe aber zu, auch diese Grenze finde ich nciht argumentationsfest.
Die andere Sicht z.B. die katholische finde ich jedoch noch viel haltloser und völlig absurd.
am Rande:
@ 134
Schweigen im Walde zum § 1923 II? Naja, hab auch keine Einsicht erwartet...
@ all
Ich habe ab morgen Urlaub und wünsche Euch noch viel Spaß hier beim Fechten. Ich lass mich mit dem Ergebnis überraschen!
