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Ulrike

Gast
  • #121
Ergänzung zu 119:

Meine Argumentation war zunächst abgekoppelt von meiner eventuellen persönlichen Entscheidung - absichtlich!
Mir ging es - und ich glaube, dass ich da nicht dir Einzige war - um die Konstruktion einer Ideallösung. Mir ist dabei völlig klar, dass wir - gesellschaftlich gesehen - davon noch weit entfernt sind. Theoretisch eben.
 
A

Anwalt

Gast
  • #122
@ 120
Manchmal kann mittels Recht eine Ideallösung gefunden werden. Dazu dürfen sich die in Einklang zu bringenden Dinge aber nicht so diametral und verzwickt(!) gegenüberstehen. ;-)

Methodisch gesehen haben wir ein klitzekleines Problem mit der MEnschenwürde, um die es hier in erster Linie geht (warum nicht um das "Leben an sich"? Ganz einfach: es ist nicht das höchste Rechtsgut, schließlich darf man einen anderen Menschen unter gewissen Umständen töten, was bei einem Absolutheitsanspruch des "Lebens" unmöglich wäre): sie kann nicht positiv definiert werden (ein wissenschaftliches Armutszeugnis eigentlich, da negative Definitionen nur in Ausnahmefälle sinnvoll und inhaltlich richtig sind), sondern es wird - wenn mich meine Erinnerung nicht trügt - die sog. "Objekt-Formel" verwendet. D.h., niemand darf zum bloßen Objekt (staatlichen) Handelns gemacht werden, sonst ist die Menschenwürde verletzt. Bei einer Tötung eines Embryos kann mir aber niemand erklären, wie seine "Subjektposition" (falls es sie gibt, s.u.) gewahrt werden würde.
Entweder ich gestehe der befruchteten Eizelle Menschenwürde zu und bin konsequent mit der Anwendung des Artikel 1 des Grundgesetzes (unverzichtbarkeit und unverletzbarkeit der MEnschenwürde), dann sind schon Dinge wie die "Pille danach" nicht mehr legal.
Oder ich verzichte darauf, gerate aber in Schwierigkeiten, einen anderen Beginn der MEnschenwürde (ebenso) willkürlich festzulegen. Von der danach stattfindenen Abwägung (die hier ja auch diskutiert wird) mal ganz abgesehen...
Aus diesem Dilemma gibt es leider keinen logischen Ausweg, man kann die Problemfälle alle praktisch und individuell lösen, aber dann gerät man in die Gefahr auf Rechtssicherheit und einheitliche Anwendung (Gleichbehandlungsgrundsatz) komplett zu verzichten.
Zudem kommen wir in Teufels Küche (im wahrsten Sinne des WOrtes) wenn wir - wie derzeit - dem Leben nicht von Anbeginn Schutz gewähren, denn womit wollen wir (wenn wir es denn wollen) begründen, dass das Embryonenschutzgesetz bestehen bleiben soll? Warum keine Manipulation und warum keine Selektion? Wie könnte man etwas verbieten, was als Rechtsgut gar nicht geschützt ist???

Wie gesagt, ein Mienenfeld ohne Überlebenschance ;-)
 
  • #123
@#121: Die juristische Lage ist doch klar. Wir diskutieren hier über die moralischen Ansichten.

Das Erbrecht ist konsequent: Man muss geboren sein. Für Menschenwürde würde ich fas gleiche Vorgehen vorschlagen, um zu eindeutigen, greifbaren, lebensnahen Gesetzen zu gelangen. Alles andere macht eigentlich keinen Sinn.
 
A

Anwalt

Gast
  • #124
@ 122
*lach* "Die juristische LAge ist doch klar."??? Nein, ist sie nicht! Aber ich kann mir vorstellen, ohne Jurastudium ist das schwer einzusehen. ;-)
Ebenso scheint Dir - mit Verlaub - das Verhältnis von Recht und Moral nicht ganz klar zu sein. Insbesondere, welche Grenzen das Recht der Moral setzt und umgekehrt. Aber die Interdependenz dieser Dinge muß man ja nicht verstehen ;-)

Auch Dein Bsp. mit dem Erbrecht geht leider komplett fehl: während es sich bei der MEnschenwürde um etwas der Person anhaftendes geht, das sie IMMER hat, betrifft das Erbrecht das "bloße" Vermögen eines Menschen. Das ist ein riesen (juristischer) Unterschied!

Hinzukommt, dass Deine konkrete Aussage zum Erbrecht falsch ist! Lies bitte § 1923 Absatz 2 BGB. Damit steht fest, dass ein bereits gezeugtes, aber noch nicht geborenes Kind nach der Geburt Erbe eines bereits verstorbenen wird.

Weißt Du, ich habe kein Problem damit, wenn man von ein paar Sachen keine Ahnung hat, schließlich geht das jedem so! Aber bitte, formuliere Deine Aussagen weniger absolut, sonst wirds dann nämlich schnell peinlich...
 
F

Fräulein Smilla

Gast
  • #125
@Anwalt
Ich sehe es nicht als Mienenfeld ohne Überlebenschance, bin Dir aber sehr dankbar für Deinen Einwand und der Erwähnung des $1.
Ich habe das Gefühl das sich hier manche von Peter Singer stark angezogen fühlen.
Da mir dies widerstrebt möchte ich doch anmerken, dass es selbst in Mienenfeldern Wege gibt die man beschreiten könnte.
http://philosophy.wisc.edu/shapiro/Phil101/Marquis.pdf
oder zum selber Googeln
"Why abortion is immoral" Donald Bagley Marquis

Fräulein Smilla 7E1DA741
 
  • #126
@#123: Natürlich ist die juristische Lage in Deutschland seit Jahren konstant und klar. Die Rechtsprechung hat keinerlei Probleme damit und jeder weiß, wie es gehandhabt wird. Oder etwa nicht? Was Du meinst, ist dass die nötigen Klimmzüge und Kompromisse nicht den Ansprüchen entsprechen, die Juristen normalerweise an Gesetzgebung stellen. Da gebe ich Dir recht, es ist eine verdammt knorrige Lösung. Ich finde es ausgesprochen unfair und unangemessen, mir einfach "keine Ahnung" zu unterstellen, anstatt die Fakten aus Deiner Sicht präzise zu formulieren. Dies ist leider nicht geschehen. Die Gesetzeslage in Deutschland ist eindeutig -- falls nicht, schreibe genau auf, inwiefern sie nicht eindeutig ist. Aber unterlasse bitte Dein Gehetze, ich habe dir schließlich nichts getan.

Interessant ist in BGB §1923 (2) die Formulierung "Wer zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits gezeugt war..." -- man beachte "noch nicht lebte"!
 
A

Anwalt

Gast
  • #127
@ 124
*schmunzel* danke für die Literaturhinweise, in den nächsten Ferien bestimmt ;-)

@ 125
*lach* dass sich die §§ nicht geändert haben und die Rechtsprechung auch keine "Probleme" hat, zeigt nur, dass die verfassungsrechtliche Dimension von der Praxis beständig ignoriert wird. Mehr nicht.
Zudem gibt es kein schlüssiges und in sich widerspruchsfreies Ideengebilde dahinter. Wie man dann von "klarer Rechtslage" sprechen kann, ist mir schleierhaft. Ich hab hier aber echt keine Zeit über 10 Seiten den Unsinn des § 218 darzustellen, das muß jeder selber im Kommentar nachlesen...
I.Ü. hetze ich nicht gegen Dich, sondern stelle nur fest. So wie auch zum § 1923 II BGB. Eben weil das eine gesetzliche Fiktion ist, zeigt sie die dahinter stehende Wertung, die Du hier mal komplett ignoriert hast und nun versuchst, Dich herauszuwinden. Ich habe mir grad die Mühe gemacht und das schnell im Palandt nachgesehen, es ist so wie es geschrieben habe. Gib doch einfach mal zu, dass Du daneben gelegen hast...
 
U

Ulrike

Gast
  • #128
Na schön...

Ich finde, die juristische Seite können wir getrost unter den Tisch fallen lassen.
Das schönste Ende dieser Diskussion wäre doch, wenn wir eine allumfassende Einigung erreichten. Unsere einleuchtenden Erkenntnisse reichen wir dann an die juristische Abteilung weiter, die dann auf der Basis unserer Schlussfolgerungen ganz neue Gesetze daraus bastelt.

Gelle?
 
G

Gast

Gast
  • #129
Ich finde es manchmal enorm schwierig meine Sprache und Denkweise so anzupassen, um mich auf dem Niveau des Forums bewegen zu können. Manche Thesen und Meinungen sind derartig haarsträubend,dass ich froh bin, dass diese keinen Einzug in unsere Gesetzgebung finden, wie hier teilweise gefordert wird. (Dies ist kein persönlicher Angriff, sondern nur meine freie Meinungsäußerung).

Danke Anwalt, Du hast Deinem Namen gerade Ehre gemacht und mir einen großen Stein vom Herzen fallen lassen.

Fräulein Smilla 7E1DA741
 
  • #130
@#127: Kommt selten vor, dass wir mal einer Meinung sind, aber ich sehe das fast genauso wie du. Ich bin auch an einer Lösung für das Schwangerschaftsabbruchproblem interessiert, die einen gesunden Kompromiss für alle Seiten darstellt. Sie muss aber konsistent sein mit den Werten in anderen Lebensbereichen.

Ob die Juristen das dann vollständig in einen formalen Rahmen gießen können, soll nicht unser vorrangiges Problem sein. Werte sollen sich ja nicht nach Normen richten sondern umgekehrt.
 
A

Anwalt

Gast
  • #131
@ 127
Ok, her mir den Vorschlägen! Ich tu dann mein Bestes! :)
Aber wenn ihr schon das "Recht" unter den Tisch fallen lassen wollt, dann stellt bitte VOR der Diskussion die Regeln auf, nach denen ihr moralisch urteilen wollt. Sonst ergibt das nur ein sinnloses Hauen und Stechen...;-)

@ 128
Kommst Du denn von Deiner Seite aus gesehen von unten oder von oben auf das Forumsniveau? ;-)))
Wieso hab ich meinem Namen Ehre gemacht? Wieso ist Dir ein Stein vom Herzen gefallen? Du sprichst in rätseln (und vielleicht auch in Ironie).
Ich sollte einen neuen Thread eröffnen: Vorurteile ggü Anwälten! ;-)
 
M

Madrugada

Gast
  • #132
@Frederika (#101,#116): Liebe Frederika, wenn ich Dich als Diskussionspartner ernst nehmen soll erwarte ich eine Sache:

Lies meine Beiträge.

In diesem Zusammenhang gibt es glücklicherweise "endlich" den "RIESENSCHRITT", dass Du begonnen hast, (die übrigens explizit an Dich gerichteten Beiträge) #56 und #71 und die angeführte Abwägung zwischen den Rechten der Mutter und denen des Kindes zur Kenntnis zu nehmen. Bitte tu mir einfach den Gefallen und lies sie einmal komplett, dort habe ich schon lange zu Deinen "Gewichten in den Waagschalen" Stellung bezogen.

Niemand hat bisher religiös argumentiert, was genau möchtest Du uns eigtl. durch Deine Ausführungen zur Seele mitteilen (übrigens sind Seelen per definitionem unsterblich)?

Thema Kontinuum: Wo ist bitte der Unterschied, ob Du den (exakten) Beginn des Menschseins willkürlich definierst oder ebenso willkürlich Deine "sichere" untere Grenze?? Da muss ich dann doch an einen Satz denken: "Also Du definierst Dir die Sachen wirklich allesamt so, wie Du sie brauchst. Ohne jegliche Begründung, argumentativ extrem schwach."
 
M

Madrugada

Gast
  • #133
@Thomas (#107,#111): Ich muss Dich enttäuschen, in Madrugada steckt 100% 7E1B5E71. Genau wie Frederika scheinst Du insb. #71 zu übersehen: "Der einzig wirkliche Konflikt ist im Falle einer ernsten Gefahr für Leib und Leben der Mutter gegeben." Dies ist ein absout trivialer Schritt, wenn man (wie in meiner Argumentation) das Recht auf Leben als oberstes Gut ansieht - dieses gilt natürlich nicht nur für Embryos, sondern auch für erwachsene Menschen. Natürlich ist es schwierig, Leben gegen Leben abzuwägen. Aber durchaus möglich (und unausweichlich, die Lösung kann nicht sein, die Mutter sterben zu lassen): da hier ein Patt besteht, dürfen andere Erwägungen ins Spiel kommen. So könnte man eine Abtreibung mit einer ähnlichen Argumentation wie zur Notwehr ohne weiteres abdecken. (Gleiches gilt übrigens für Dein Entführungsbeispiel - abgesehen von der konkreten Lebensbedrohung der Geiseln durch die Entführer wären die Folgen der Handlungsunfähigkeit des Staates durch Erpressbarkeit ohne Zweifel eine weitere Gefährdung von Menschenleben.) Nie habe ich etwas anderes ex- oder implizit behauptet.

Somit wurde Deine Frage, wann ich Abtreibungen (ausschließlich) gerechtfertigt sehe, schon längst beantwortet: bei ernster Gefahr für Leib und Leben der Mutter. Für welche konkreten Fälle dies gegeben ist (z.B. Vergewaltigungen ja oder nein) wäre ein eigenes Diskussionsthema und wie bereits erwähnt möchte ich mir mangels Fachkenntnis hier nicht überall ein Urteil erlauben. Nur nochmal eines zum Thema Behinderungen: jeder sollte sich gut überlegen, ob er sich seinerseits hierzu ein Urteil erlauben kann, falls er noch nie intensiv Kontakt zu Behinderten und deren Angehörigen hatte.

Der entscheidende Punkt ist: Erkennt man das Menschsein und Lebensrecht des Embryos an, ist AUSSER bei Gefahr für Leib und Leben ist eine Abtreibung NICHT zu rechtfertigen; das Leben hat Priorität. Insb. bei den von Frederika angeführten "Abwägungsgütern" #110 sträuben sich mir die Haare...

Also wider Erwarten doch nochmal Papst: Was willst Du mir eigtl. sagen? Erstens vertreten die von Dir zitierten Quellen nur kleine Grüppchen ohne Bezug zur kath. Kirche und sind keineswegs gesellschaftlich relevant. Zweitens tue ich mich recht schwer damit, einen Zusammenhang zu sehen zwischen "I painfully agree that birth control pills do in fact cause abortions." und "schon zum Zeitpunkt des Koitus die Verletzung eines fundamentalen Menschenrechts erfolgt". ...

Willkür: Ich wiederhole mich: wenn es keine Abstufung der Rechte mehr gibt, kann es auch keinen willkürlichen Zeitpunkt des Beginns dieser Rechte mehr geben. Wie wäre es einmal mit einem Gegenargument statt des Widerspruchs?

BVG-Urteil: Wikipedia sagt hierzu: "In der Fassung des § 218a StGB vom Juli 1992 war auch im Fall 1 [also Beratungsregelung] der Abbruch nicht rechtswidrig; dies wurde jedoch 1993 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt." Dieser Satz wird mit 2 Referenzquellen belegt, welche Du bei Bedarf ja einmal näher unter die Lupe nehmen kannst. In diesem Zusammenhang sind mit Sicherheit auch die Ausführungen des Anwalts aufschlußreich.
 
M

Madrugada

Gast
  • #134
@Anwalt (#121): Zwar stimme ich Thomas ausnahmsweise einmal zu "Werte sollen sich ja nicht nach Normen richten sondern umgekehrt." Aber ein (wie von Thomas geforderter) Kompromiss ist nicht immer möglich, bei unvereinbaren Fragen muss man sich für eine Seite entscheiden. Zur Beurteilung ob dies notwendig ist, finde ich die juristische Dimension einen interessanten Anhaltspunkt, da dieses System bei klaren Wertvorgaben konsistent und eindeutig sein sollte. Ist es dies nicht, wurde gepfuscht. Entweder sind die Wertmaßstäbe in ihren Prioritäten nicht eindeutig genug definiert, oder sie werden nicht befolgt (ersteres sollte moralische Überlegungen zur Folge haben, letzteres eine Korrektur des Gesetzes).

Deshalb finde ich Deine Ausführungen sehr interessant. Allerdings verstehe ich Dein (juristisches) Dilemma nicht so ganz. Was genau spricht aus Sicht des Juristen (nicht der Moral und nicht der Politik) gegen eine klare Priorität für $1 (es gibt vermutlich schon einen Grund, warum dieser an die 1. Stelle gesetzt wurde ;) )? Dass dieser durch die jetzige Konstruktion in Frage gestellt (wenn nicht gar ausgehebelt) wird, hast Du ja selbst bereits deutlich gemacht.
 
  • #135
@#131: zum Beispiel mit der unteren und oberen Grenze: Wir sind uns doch einig, dass faktisch eine einzige Zelle kein Mensch ist und ein Neugeborenes auf jeden Fall ein Mensch. Dazwischen findet eine allmähliche Wandlung statt und Du argumentiertest, dass weil wir keinen exakten Punkt definieren können, wir ganz auf den Anfang zurückgehen müssen. Mein Beispiel mit dem Farbsehen und den unteren/oberen Grenzen zeigt aber deutlich, dass dies nicht zutrifft. Wir können durchaus sichere (eben nicht willkürliche) Grenzen festlegen, die kein normaler Mensch als Mensch bezeichnen würde. Ebenso können wir obere Grenzen festlegen, bei der eine große Mehrheit zustimmen würde, dass es schon schutzbedürftig ist.

Wir sind inzwischen immerhin mit Dir soweit gekommen, dass Du Leben gegen Leben abwägst. Jetzt musst Du noch den Schritt schaffen, dass Selbstbestimmung eines erwachsenen, fühlenden, planenden, bewussten Menschen einen höheren Stellenwert hat als eine simple Zelle, die sich qualitativ nicht wesentlich von jeder anderen Körperzelle unterscheidet und keinerlei Bewusstsein und Empfindungen hat.

Nach wie vor scheitert Deine gesamte Argumentation an dem unbegründeten Postulat, dass eine Zelle ein Mensch ist. Was ist ein Mensch? Genau das ist die Grundfrage des ganzen Themas und da werden wir uns möglicherweise nicht einig werden. Allerdings finde ich es bezeichnend, dass einfach eine bestimmte Definition als "richtig" hingestellt wird und fertig, obwohl man leicht erkennen kann, dass dies willkürlich ist.
 
U

Ulrike

Gast
  • #136
@ Frederika #134

Ich habe den Eindruck, dass es dir in erster Linie darum geht, die Freiheit der Frau aufrecht zu erhalten. Wenn du der Definition von Madrugada folgen würdest, nämlich dass Menschsein/Leben schon mit der befruchteten Zelle beginnt, würde es mit deiner eigenen Überzeugung kollidieren. Es hätte die Folge, die Freiheit der Frau - nämlich den Schwangerschaftsabbruch - aufzugeben. Und deshalb scheint es hier, kämpfst du gegen die Definition von Madrugada. Es geht also nicht wirklich um "Was ist ein Mensch?" Dazu passt natürlich auch die aktuelle Gesetzeslage.

Unabhängig davon, wird es keinen genauen Zeitpunkt geben, der irgendwo mitten in der Schwangerschaft liegt und auf den wir uns dann auch noch einigen könnten!

Ich versuche das Pferd mal anders herum aufzuzäumen:
Ob eine Frau in der 2. Woche, der 6. Woche, der 12. Woche oder der 15. Woche einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lässt, ist völlig unerheblich! Für sie wird es IMMER eine Abtreibung sein, ein Kind, welches nicht geboren wird.
 
A

Anwalt

Gast
  • #137
@ 129 + 132

;-) Mein Gott, wo soll ich hier anfangen...ok:
zunächst folgendes: Euer Einwand bzgl. der Ignorierbarkeit des Rechts ist nur zur Hälfte richtig. Erstens aus soziologischer Sicht deshalb, weil es IMMER eine Wechselwirkung zwischen "sein" (derzeitige Moral) und "sollen" (angestrebte Moral) gibt und Ursache und Wirkung einander bedingen im Sinne von "systemischer Kreislauf". Unsere Moral wird also von dem Recht beeinflußt und das Recht wiederum von der Moral. Daher spielt das Recht schon eine Rolle!
Zweitens finde ich es schon bissel lustig, wenn über Moral diskutiert wird, aber nciht erkannt wird, welche Grenzen das praktisch(!) FÜR IMMER UND EWIG GELTENDE RECHT setzt. Wer daran vorbei argumentiert, der baut Luftschlösser die völlig irrelevant sind. Artikel 1 GG ist der äußerste Bezugspunkt einer jeden Diskussion, überseht das bitte nicht ständig!!! Wir müssen hier nicht auf einen grünen Zweig kommen, der den UNABÄNDERLICHEN Teil des Grundgesetzes betrifft.

Dann: wie gesagt, ich habe hier nciht alle Beiträge gelesen und gehe deshalb nur auf die letzten ein. Gerade beim Notwehr-Argument zeigt sich, dass hier juristische Kategorien durcheinander gewirbelt werden, dass mir hören und sehen vergeht. Soweit ich mich an Strafrecht erinnern kann, geben weder § 32 noch § 34 STGB (also Notwehr und Notstand) die Möglichkeit, Leben abzuwägen. Die Frage, ob der Embryo schon Leben ist, sei an dieser Stelle mal dahingestellt. Einzig beim § 35 (entschuldigender Notstand) kann das eine Rolle spielen. Das mag von Euch Nicht-Juristen nicht sprachlich exakt benutzt werden, das weiß ich und werfe es hier niemandem vor, jedoch pflanzt sich diese "Ungenauigkeit" fort und am Ende kommt ein falsches Ergebnis raus. ;-)
Weiter: angenommen der Embryo hat Lebensqualität (was ich persönlich bestreite, aber leider auch nicht überzeugend begründen kann), dann ist eine Abwägung aus meiner Sicht ausgeschlossen, da - ich wiederhole mich - der Embryo zum bloßen Objekt gemacht wird und daher eigentlich ein Verstoß gg die MEnschenwürde vorliegt.
Noch etwas: ihr sprecht hier alle von "rechtfertigen". Soweit ich das überblicken kann, ist das nach Gesetzeslage nur "entschuldigt" (weiß es aber nciht genau, an dieser Stelle ist der 218 auch nicht stringend). Das klingt haarspalterisch, ist es aber nciht, da das für die Frage eine Rolle spielt, was man mit "Anstiftern" und "Gehilfen" macht. Bei einer Rechtfertigung sind die fein raus, wenn es allerdings nur "entschuldigt" ist, dann müssen die u.U. "hängen" im Gegensatz zur Frau...

Und sorry, nein, das BVERG-Urteil schaue ich mir nicht noch mal an, das hatte ich während des Studiums zur Genüge. Es nur angemerkt, dass auch Verfassungsrichter sich irren und häufig einfach nur politische (statt juristische) Entscheidungen fällen.

Also Artikel 1 GG hat schon klare Priorität, aber weder weiß man genau, was Menschenwürde positiv ist, noch wem sie im Zweifel zukommt. Also was macht einen MEnschen zum Menschen. Da genau beisst sich die KAtze in den Schwanz: die einen sagen, der Embryo ist kein Mensch, deshalb müssen wir die MW nicht beachten. Die anderen sagen er ist bereits Mensch und die MW steht einer Abtreibung entgegen. Die Gründerväter des GG haben an solcheDiskussionen nicht gedacht und eines ist auch klar: das GG ist keine rechtspositivistische Erfindung, sondern ruht auch auf grundlegenderen Moralvorstellungen. Das problem ist nun, dass sich mit der Erschaffung des GG sich dieses "Recht" von der Moral (zu Recht) emanzipiert hat und unabhängig davon weiter existiert. Damals waren die Leute alle irgendwie gläubig und hätten wohl pabstkonform gesagt, klar ist das geschützt und Abtreibung gibts nicht. Heute sind wir aufgeklärter und was so ein alter Mann in Rom sagt geht mir z.B. völlig am Ar*** vorbei. Rein juristisch gesehen befinden wir uns bei der ENTSCHEIDENDEN Frage nach der Lebensqualität des Embryos im Niemandsland.

Meiner laienhaften Ansicht nach gibt es die bereits genannten Grenzen: vor Verschmelzung von Spermium und Eizelle kein Leben, mit der Geburt definitiv. Dazwischen kann man nix plausibel festlegen, darin liegt das Dilemma. Oder um mal mit Dialektik zu kommen: der Umschlag einer Quantität in eine neue Qualität kann eben nicht exakt bestimmt werden.

Ich persönlich finde nicht, dass eine Zelle oder ein Zellhaufen ein Mensch ist. Und auch auf die Gefahr hin, gleich gesteinigt zu werden, ich habe auch kein Problem mit Genmanipulationen und Selektion. Das sind Zellen, nicht mehr und nciht weniger. Wir - und insbesondere die Frauen - konstruieren psychologisch daraus das, was es mal sein WIRD. Wenn eine Frau in der 6 Woche scwanger ist, dann findet das "Problem" eines Abbruches "nur" in ihrem Kopf statt. Weil sie sich vorstellt, das ist ein Mensch. Wenn man aber sagt, das ist "nur" ein Zellhaufen, dann erledigen sich auch ganz schnell die psychischen Probleme damit (von einem späteren Nicht-mehr-schwanger-werden mal abgesehen). Die Grenze die ich ziehen würde, wäre die der Überlebensfähigkeit außerhalb der Mutter. Frl. Smilla kann uns da bestimmt sagen, ab wann ein Frühchen überlebensfähig ist.
Ich gebe aber zu, auch diese Grenze finde ich nciht argumentationsfest.

Die andere Sicht z.B. die katholische finde ich jedoch noch viel haltloser und völlig absurd.

am Rande:
@ 134
Schweigen im Walde zum § 1923 II? Naja, hab auch keine Einsicht erwartet...

@ all
Ich habe ab morgen Urlaub und wünsche Euch noch viel Spaß hier beim Fechten. Ich lass mich mit dem Ergebnis überraschen! :)
 
F

Fräulein Smilla

Gast
  • #138
Fräulein Smilla
Mein „Danke Anwalt“ war wortwörtlich so gemeint, ich spare mir in diesem Forumsthread die Ironie, dazu ist das Thema für mich zu ernst.

Ich danke Dir auch für den Zeitaufwand und Deine ebenfalls für den Laien geduldigen Ausführungen zum Thema Recht. Auch dies ist ernst gemeint!!!!
Mein Literaturverweis war nicht für Dich bestimmt, eröffnet aber einen interessanten Blickwinkel auf dieses Thema.
Medizinethische Themen mit einem Juristen zu diskutieren fände ich aber auch mal spannend.
Ich denke wir sind beide durch unsere Arbeit einfach gewohnt uns über Werte und Normen Gedanken zu machen und verfügen über klare Denkstrukturen, die es uns ermöglichen uns auf dieser Ebene auszutauschen.
Diese teilweise im Forum fehlende Struktur macht es mir nicht immer einfach.
Do I have to say more? ;-)

Als Medizinerin halte ich es nicht für sinnvoll desinteressierten Laien die Überlebenschancen von Frühchen zu erklären. Es gibt mittlerweile erfolgreiche intrauterine Spina Bifida OPs in der 20Woche. Diese „Zellhaufen“ wären früher als unheilbar abgetrieben worden, heute haben sie gute und auch gesunde! Überlebenschancen.
Es gibt ein tolles Bild im Internet, wie sich ein solches Kind an den Finger des Chirurgen klammert. Oder der Chirurg an das Kind? Je nach Blickwinkel.

Die Hand ist auf jeden Fall menschlich.

http://en.wikipedia.org/wiki/Samuel_Armas
http://www.ukb.uni-bonn.de/42256BC8002AF3E7/vwWebPagesByID/BE136B90886FDF44C1256E3D0053C26A

Dem Herrn Anwalt wünsche ich viel Sonne im Urlaub und ich kümmere mich jetzt mal um meine ehemaligen „Zellhaufen“, die haben nämlich noch Hunger.

Fräulien Smilla 7E1DA741
 
M

Madrugada

Gast
  • #139
@#134: Liebe Frederika, langsam muss ich mich wirklich über Dich wundern. Welches der drei Wörter "Lies meine Beiträge" verstehst Du nicht?


"Wir sind uns doch einig, dass faktisch eine einzige Zelle kein Mensch ist und ein Neugeborenes auf jeden Fall ein Mensch." Nein sind wir nicht, vgl. u.a. #55, #72, #76.

"Nach wie vor scheitert Deine gesamte Argumentation an dem unbegründeten Postulat, dass eine Zelle ein Mensch ist." Nein, im Gegenteil - in meinem allerersten Beitrag bin ich von DEINEM unbegründeten Postulat, sie sei KEIN Mensch ausgegangen, habe dieses widerlegt und daraus meine gegenteilige Position abgeleitet, vgl. #42.

"Allerdings finde ich es bezeichnend, dass einfach eine bestimmte Definition als "richtig" hingestellt wird und fertig, obwohl man leicht erkennen kann, dass dies willkürlich ist." Nein, Willkür ist nur in Deinem Ansatz gegeben, vgl. u.a. #76, #132.

Warum stellst Du fortdauernd unbegründete Behauptungen auf, anstatt auf Argumente einzugehen?

"Wir sind inzwischen immerhin mit Dir soweit gekommen, dass Du Leben gegen Leben abwägst." Um Dich etwas zu motivieren Deine Behauptungen ausnahmsweise einmal zu belegen machen wir es doch so: zeig mir eine Stelle, an der ich unmissverständlich das Gegenteil gesagt habe und ich werde 9 Monate lang jede Schwangere die mir begegnet mit "dein Bauch gehört dir" begrüßen. Jedoch freue ich mich ausdrücklich darüber, dass Du #71 endlich zur Kenntnis nimmst - ein echter Lichtblick. Vielleicht kommen wir ja mit Dir soweit, dass Du diesen Beitrag hier liest, bevor wir bei #201 sind?
 
M

Madrugada

Gast
  • #140
@Anwalt #136: Als Jurist sollte Dir der Rechtsphilosoph Gustav Radbruch ein Begriff sein: "so ist das Gesetz, das gewissen Menschen die Menschenrechte verweigert, kein Rechtssatz." Praktisch umgesetzt wurde dies in Urteilen zur Unrechtmäßigkeit von Gesetzten des dritten Reichs und der DDR. Soviel zum Thema für immer und ewig geltendes Recht ;).

Notwehr: also bei Deiner Profession hätte ich eigtl. schon erwartet, dass Du nicht nur über die Buchstaben der Paragraphen, sondern auch über die dahinterstehende moralische Ideen Gedanken machst? Du wirbelst da juristische und moralische Kategorien gewaltig durcheinander.

Schade dass Du vor Deinem Urlaub die von Dir selbst in #121 angeführten juristischen Widersprüche noch nicht in ihrem juristischen Sinn begründet hast.

"Also was macht einen Menschen zum Menschen." Genau diese Frage versuchen wir hier zu klären. Die Begründungen Deiner Meinung wurden bereits ausführlich angefochten. Falls Du dieses Thema weiterverfolgen möchtest wäre es vllt. schon sinnvoll, die bisherigen Beiträge zu lesen?

Aber bis dahin auch von mir einen schönen Urlaub!
 
U

Ulrike

Gast
  • #141
@ Fräulein Smilla

In #128 hast du dich sehr vage ausgedrückt. Mir ist unklar, ob du u.a. meine Äußerungen (nicht mich) gemeint haben könntest. Um evtl. Stellung zu nehmen, wäre ich sehr dankbar, wenn du dich präzisieren könntest.
 
M

Madrugada

Gast
  • #142
@Fräulein Smilla: Vielen Dank für das beeindruckende Bild und das Essay. Letzteres habe ich nur überflogen und dabei den Eindruck gewonnen, der Autor möchte klarstellen dass die Frage "ist der Embryo ein Mensch oder nicht" das einzig entscheidende für die moralische Beurteilung der Abtreibung ist. Dies deckt sich ja soweit mit unserem Diskussionsergebnis. Äußert er sich auch konkret irgendwo zu der Beantwortung dieser Frage?
 
A

Anwalt

Gast
  • #143
mit meiner wohlverdienten Tasse Urlaubskakao hab ich mir den gesamten Thread noch mal durchgelesen!!!

ALSO:

Ich geb erstmal allgemein ein paar Statements zur Sache ab.

1. Das höchste Rechtsgut ist in unserem Land die Menschenwürde.
2. NICHT das höchste Rechtsgut ist das Leben.
3. Ebenfalls NICHT das höchste Rechtsgut ist die persönliche Freiheit oder die körperliche Unversehrheit.
4. Der Rückzug ins Private ("ich entscheide selbst was ich tue") ist Unfug, da ALLES Tun, Handeln und Unterlassen in diesem Land auf einer rechtlichen Zuweisung beruht. D.h. wir haben uns bspw. dazu ENTSCHIEDEN, die Trennung vom Partner als komplett privat anzusehen, aber die Frage, ob ich den PArtner wegen des Fremdgehens schlagen darf dem Strafgesetzbuch (also der Gesellschaft) überantwortet. Daher gibt es NICHTS, was a priori rein privat ist. Das gilt auch schon deshalb, weil der Staat eine in artikel 1 niedergelegte Schutzpflicht hat.
5. Menschenrechte werden/wurden von MEnschen gemacht. Sie sind die höchsten moralischen Ansprüche, die wir haben. Darüber zu entscheiden hat eine "Menge", die bisher noch von NIEMANDEM definiert werden konnte für den Fall, dass mindestens einer (insb. ein direkt Betroffener) dagegen war. (Bsp.: die Menschenrechts-Charta ist ja auch nur eine politische Lösung gewesen in rauhen Kriegszeiten. Wie kommen ein paar Supermächte dazu, anderen vorzuschreiben, was sie tun dürfen???) Dieses "Entscheidungsproblem" haben schon Philosophen vor 1000 JAhren nicht lösen können und ich mach mir da keine Hoffnung hier besser dran zu sein. ;-)
6. Das vorherige kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass in einer Demokratie die MEhrheit darüber entscheidet, was richtig und was falsch ist. Egal ob im Parlament oder in einem Richtergremium.
7. Daraus zu folgern, es könnte niemand festlegen, ist schlicht eine Ignorierung der Wirklichkeit. Wir alle unterliegen diesen Zwängen.
8.Radbruch und seine Formel kenne ich. Sie hilft nur nicht weiter. Denn die Berufung auf eine höhere Moral ist Käse, da die ja niemand kennt und dieser Erkentnis nicht alle zustimmen. Genauso gut könnte ich sagen, heute nacht ist mir der liebe Gott erschienen und hat mir gesagt "Jesus war ein "Vorbote", Du bist der Auserwählte und nun sieh zu, dass Du die "Vorboten-HEnker" in den Ofen schiebst und beende das, was ihr schon mal vor 70 Jahren versucht habt!"
M.a.W: wir stehen vor dem üblichen Erkenntnisproblem, woher beziehen wir unsere Überzeugung und wie können wir die Durchsetzung rechtfertigen, wenn nciht ALLE zustimmen.
9. Letztlich stehen wir am Anfang einer philosophischen Diskussion und sorry, der ist immer der gleiche: jeder setzt etwas als erstes und zieht daraus seine Schlüsse. Descartes hat eben cogito ergo sum gesagt. Ein Gläubiger sagt eben Gott und ich als Atheist sage irgendwas anderes. Ich will niemanden entmutigen, aber Fakt ist leider, fundamentale Dinge können nicht wirklich begründet werden! Wenn ich nicht anerkenne, dass 1 + 1 = 2 ist, dann braucht mir niemand mit dem Beweis für höhere Algebra zu kommen. Da ist jede Diskussion sinnlos!
10. Genau deshalb habe ich geschrieben, dieses Thema ist völlig sinnlos! ;-)

So, ich kann hier nicht sehen, dass im Kern(!!!) der Debatte zwischen den Fronten auch nur ein Hauch von Einigkeit erzielt worden wäre.

Schließlich sollte noch eines bedacht werden: auch wenn es hier um Abtreibung geht, die Entscheidung die Ihr hier trefft (jeder für sich) hat Auswirkungen auf viele andere Bereiche und meine Lebenserfahrung sagt mir mal wieder, 90% der hier Diskutierenden ist nicht bereit, die Konsequenz der eigenen Haltung durchzuziehen. Dann muß man aber nicht "diskutieren", da reicht dann auch eine schlichte Meinungsäußerung...

Ich bin dann mal wieder weg :)
 
  • #144
@#132: Madrugada, in Absatz 3 fasst du mehr oder weniger Absatz 1 zusammen. Deswegen gehe ich mal nur auf Absatz 3 ein. Wenn du die Gefahr für Leib und Leben der Mutter als Möglichkeit für Abtreibung zulässt, dann gibt es in einem solchen Fall also eine Instanz 1, die festlegt, dass entweder die Mutter oder das Kind stirbt. Da du das menschliche Leben als das höchste und schützenswerteste Gut unserer Gesellschaft bezeichnest (siehe etwa #42), kann es keine Instanz mit mehr Macht geben. Oben in #55 forderst du aber, dass es keine Instanz 2 geben darf, die den Beginn des menschlichen Lebens festlegen darf. Sorry, wenn es Instanz 2 nicht geben darf, dann darf es Instanz 1 erst Recht nicht geben. Das wäre für mich moralisch nicht mehr konsistent.

In Sachen Papst hast du einfach den Überblick über den Argumentationsstrang verloren. Ich wiederhole ihn nochmal in Kürze. Du forderst die Anerkennung des Beginns der Schwangerschaft als Lebensbeginnzeitpunkt, weil das der frühestmögliche Zeitpunkt ("kleinster gemeinsamer Nenner") sei, zu dem man überhaupt potenzielles Leben schützen könne. Dem widerspricht Randy Alcorn sowie die SPUC und sicherlich auch der Papst (was ich aber nicht direkt belegen kann) und ganz bestimmt noch viele andere, die sich nicht im Netz verewigt haben, weil sie schon zum Koitus-Zeitpunkt von einer Verletzung des Schutzes potenzielles Lebens sprechen. Mit anderen Worten: Die Moral, die du uns hier als so allgemeingültig verkaufen willst, ist keineswegs so allgemeingültig - auch wenn ich die Moralvorstellungen von Alcorn persönlich nicht teile.

Zum BVG-Urteil gebe ich dir Recht, ich habe meine Infos aus einer anderen Quelle (abtreibung-online.de), aber ich erkenne WP als die bessere Quelle an. Deine Reaktion in #100.3 zum Thema Unschuldsvermutung (genauer siehe #78.4), in deren Zusammenhang wir das BVG-Urteil ja diskutiert haben, ist allerdings mehr als dürftig und nur ein Ausweichmanöver. Ich möchte von dir das Paradoxon aus #78.4 geklärt haben!

Ich tu mich etwas schwer, auf den Behindertenaspekt einzugehen, weil ich es für verwerflich halte, jetzt mit einer Behindertengeschichte zu "kontern". Es ist aber in der Tat so, dass mein Cousin von Geburt an querschnittsgelähmt war und im Alter von 10 Jahren an Herzversagen gestorben ist. Ich wünsche deiner Schwester, dass ihr nichts Ähnliches passiert.
 
F

Fräulein Smilla

Gast
  • #145
@Ulrike
Nein ich habe nicht Dich gemeint.
@Madrugada
Es braucht keine Frage ab wann Mensch oder nicht, sondern nur einen kleinen Ausblick in die Zukunft um diese Frage beantworten zu können.

http://philosophy.wisc.edu/shapiro/Phil101/Marquis.pdf
oder zum selber Googeln
"Why abortion is immoral" Donald Bagley Marquis

Das war meine letzte Wortmeldung zu diesem Thema.
Fräulein Smilla 7E1Da741
 
G

Gast

Gast
  • #146
Der Autor von #49,#53,#58,#64 gibt sich jetzt auch einen Namen: Micha.

@Anwalt, z. B. #121: Also, ich finde auch, dass Du Deine Herangehensweise noch erweitern kannst. Das sehe ich auch als nicht ausgebildeter Jurist von außen. Wie Madraguda schon ähnlich gesagt hat, reicht zum Verstehen die Beschäftigung mit dem "Buchstaben" des Gesetzes nicht aus. Ganz wichtig zum Verstehen ist, sich mit dem "Geist" des Gesetzes zu beschäftigen. Wiewohl ich nicht ausgebildeter Jurist, bin ich mir dennoch sicher, dass dies durchaus in der juristischen Wissenschaft deutlich thematisiert wird. Diese Beschäftigung mit dem "Geist" des Gesetzes kostet einigen intellektuellen Einsatz, aber wenn man diesen Teil des Verstehens bewältigt, kommt man auch aus mancher Verstrickung in methodische Fragestellung heraus, wenn ich das mal so deutlich sagen darf.

Vielleicht hilft es, mal die wichtigen methodischen Fragestellungen für eine vielleicht sogar längere Zeitlang fallen zu lassen und stattdessen die Substanz von grundlegenden Rechtsgütern zu ergründen. Warum sind bestimmte Rechtsgüter tatsächlich fest verankert? Was denkt jemand dabei, wenn er Verantwortung mehr betont als Freiheit, was jemand anderes, wenn dieser mit Nachdruck Freiheit als hohes Gut betont? Und anderes. Nein, Technik, logische Herleitung und Fragen nach Konsistenz reichen nicht aus.

Eine Frage zu Deinen Äußerungen in #120: Welche Umstände darf es denn geben, weshalb man Menschen töten darf, wenn es nicht darum geht, anderes Leben mit dem betreffenden Menschen abzuwägen? Ich kann mir da wenig vorstellen.
 
G

Gast

Gast
  • #147
Micha.

@ThomasHH #90: Ich vemute, Du hast meinen Beitrag nochmal gelesen und inzwischen besser verstanden. Ein Kurzzusammenfasssung wäre: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Ich habe daran erinnert, dass dieses Statement auch großen emotionalen Gehalt hat und nicht einfach aus Logik abgeleitet ist und die hier zur Debatte stehenden Fragen mit damit in Beziehung gesetzt. Außerdem habe ich u. a. geschrieben, inwiefern ich Dir mit Deiner Aussage recht gebe und wie die anderen beiden Aussagen von Madraguda dem gegenüber stehen.
 
  • #148
@#146: Nee, den hab ich ganz bestimmt nicht nochmal gelesen. :) Sorry, du musst viel konkreter werden, wenn wir das Thema miteinander diskutieren wollen.

Sage einfach ganz konkret, was dir an der aktuellen Abtreibungsregelung nicht gefällt, was du dir stattdessen vorstellst und begründe das.
 
A

Anwalt

Gast
  • #149
@ all

Bei meinem argentinischem Rinderfilet kam grad noch so ein Gedanke:
Angenommen, das zu berücksichtigende Interesse der Mutter bleibt immer gleich stark, bzw. verstärkt sich noch während der Schwangerschaft bzw. nach der Geburt (z.B. im Falle einer Vergewaltigung das Kind nicht haben zu wollen). Weiter angenommen, eine Tötung des Kindes NACH der Geburt wäre absolut indiskutabel wegen des Menschenrechts. Wie soll dann bitteschön VOR der Geburt die Tötung legitimiert werden, wenn sich das Interesse des Kindes auf Leben nicht ändert??? Mit anderen Worten, wenn das Kind als voller MEnsch vom Beginn der Zeugung oder Nidation oder what ever angesehen wird, dann kann es keinen Unterschied machen, ob vor oder nach der Geburt eine Tötung stattfindet, der Beurteilungsmaßstab MUSS der gleiche sein. Falls er nicht der gleiche ist, ist das nur möglich, weil das "Ding" (EMbryo/Baby) in den beiden Fällen unterschiedlich stark mit Rechten ausgestattet ist, was aber nicht bei der Zuerkennung von MEnschenwürde funktioniert.

Ergo: wer - aus welchem Grund auch immer(!!!) - eine Abtreibung vorher zuläßt, kann nicht mit "Menschsein" argumentieren und gleichzeitig die nachgeburtliche Tötung ablehnen.

@ 145
Keine Sorge, ich klebe nicht an den Buchstaben des Gesetzes, kein guter Jurist tut sowas. ;-)
Ich berücksichtige sehr wohl den klassischen Auslegungskanon und damit auch den Sinn und Zweck einer Norm. Dein Einwand ist also unzutreffend. Und das Beiseitelassen der Methodik, sorry, das geht nicht, denn damit würden wir uns vom Verstand verabschieden. Es ist gerade Aufgabe der Methodik, Regeln festzulegen und nicht alle Dinge durcheinander zu werfen und einen "Kategorienfehler" (siehe wiki) nach dem nächsten zu machen.

Zum Geist des Gesetzes: ein guter Jurist hat sich mal vor vielen Jahren kritisch zur Auslegung von Gesetzen geäußert (gilt für Literaturwissenschaftler und andere Buchwissenschaftler ebenso): was man später durch Auslegung - z.B. nach Sinn und Zweck - herausholt aus einer Regel, hat man vorher hineingetan.
Damit ist ein klassischer Zirkelschluß beschrieben!

Wann darf ich einen MEnschen töten????
Ich darf - praktisch - immer einen Angreifer töten, § 32 STGB.
Ich darf einen Unbeteiligten töten nach § 35 STGB, also nach einer umfassenden Abwägung, handele aber nur "entschuldigt".
Dann gab es glaube ich noch sowas wie die Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens (der Vater muß kann nur ein Kind retten und muß das andere ertrinken lassen) und schließlich den sog. übergesetzlichen Notstand. Fragt mich dazu aber nix, das ist alles lange her...

Bsp.: Wenn mir jemand meine Brieftasche nehmen will und der Kerl 2 m groß ist und Oberarme hat wie Arnie und ichhabe nur eine Pistole, dann darf ich den Typen notfalls (Androhung, Warnschuss, Extremitätenschuss) auch umlegen.
Hängen 2 am Berg am Seil und es steht fest, dass nur einer überleben kann (der obere, wenn er das Seil zum unteren kappt), dann wird der Kappende nicht bestraft, weil entschuldigt gehandelt hat. Der Gekappte darf sich aber dagegen wehren, weil die Tat immnoch rechtswidrig ist. Der Clou ist nun, stehe ich als Außenstehender oben und sehe das Dilemma und rufe dem oberen zu, kappe das Seil wenn Du leben willst (er wäre ja sonst eh gestorben), dann ist der Kappende straffrei, ich aber wander in den Knast. ;-)
Noch Fragen dazu? :)))

So, blauer Himmel, Sonnenschein: Ciao!
 
F

Fräulein Smilla

Gast
  • #150
Während der Herr Anwalt sein Rind verzehrt, Frederika in einem anderen Beitrag ihre Meinung zum Besten gibt, treibt meine beste Freundin morgen nach reiflicher Überlegung ab.

Und da ich nie den Moralapostel spiele werde ich hinterher mal wieder trösten...
Sch... Spiel.

Fräulein Smilla 7E1DA741
 
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