[Gast]

Ich (w36) hatte noch nie Sex und habe, selbst wenn ich in einen Mann verliebt bin, kaum körperliches Verlangen nach ihm. Es fehlt nicht völlig, ist aber sehr gering ausgeprägt (keine Schmetterlinge im Bauch, keine körperlichen Reaktionen bei unverhofften Berührungen etc.). Da ich krankheitsbedingt erst mit mehrjähriger Verspätung in die Pubertät gekommen bin, hat es sehr lange gedauert, bis ich das überhaupt als ein ernsthaftes Problem wahrgenommen habe. Nachdem ich zwischen 12 und 18 nicht gelernt hatte, mich als Frau wahrzunehmen (weil ich auch von anderen nicht so wahrgenommen wurde und tatsächlich nicht so aussah), habe ich die Zeit von 18 bis Mitte 20 im Wesentlichen damit zugebracht, Selbstvertrauen zu entwickeln, auf einer rein freundschaftlichen Ebene Kontakte zu Männern aufzubauen (vorher war ich aufgrund meines augenfälligen Andersseins zu schüchtern dafür gewesen) und auf den „Richtigen“– der, wie mir meine Freundinnen versicherten, ganz bestimmt irgendwann auftauchen würde – zu warten. Ende 20 hatte ich dann meinen ersten Freund, aber obwohl ich ihn extrem attraktiv fand und die körperliche Nähe genossen habe, habe ich beim Küssen rein gar nichts empfunden und auch sonst keine Lust auf Intimitäten gehabt. Mein Freund hat mich allerdings auch hoffnungslos überfordert; Reden war nicht seine Sache (für mich eigentlich ein k.o.-Kriterium, aber ich wollte so unbedingt endlich Beziehungserfahrungen sammeln, dass ich fast alles in Kauf genommen hätte, zumal ich auf anderen Ebenen auch sehr glücklich mit ihm war); er hat einfach versucht, „die Gier in mir zu wecken“, wie er es nannte (nicht grob, sondern zärtlich, aber trotzdem zu heftig für mich) – leider ohne Erfolg. Er hat dann auch relativ bald Schluss gemacht. Seine skeptische Frage „Verfügst du über eine so reduzierte Sexualität?“ habe ich noch heute im Ohr, und sie macht mir große Angst: Angst, dass mit mir etwas von Grund auf nicht stimmt; dass mir das „Sex-Modul“ einfach fehlt; dass ich nie einen Partner finden werde, weil es auf der sexuellen Ebene einfach nicht klappt – dass ich andere enttäusche und selbst wieder enttäuscht werde. Ich habe viel mit meinem eigenen Körper experimentiert seit dieser ersten Erfahrung, bin auch regelmäßig erregt (nicht selten von pornographischen oder semi-pornographischen Vorstellun¬gen, obwohl ich das eigentlich besch… finde), komme aber nie auch nur annähernd zum Orgasmus. Bin ich nun asexuell oder einfach nur unerfahren? Ich habe große Sehnsucht nach einer Beziehung und wünsche mir auch Kinder, weiß aber nicht, wie ich das anstellen soll. Übers Online-Dating habe ich mittlerweile viele Single-Männer getroffen, mich aber nie verliebt. Die Männer, denen ich im realen Leben begegnet bin, waren in den letzten Jahren immer vergeben oder nicht interessiert. Ich weiß, dass ich eigentlich ganz viel ausprobieren und nachholen müsste, aber wie soll das gehen, wenn nicht mal eine Anfangserotik da ist?

 

[Gast]

Liebe FS

da haben wir ja fast parallele Lebensläufe. Bloss habe ich meine 20er auf Intensivstationen der Krankenhäuser zugebracht und fühlte mich daher nicht wirklich begehrenswert. Wenn du krank bist hast du sofort Probleme mit deiner Sexualität. Ich hatte eine sexuelle Erfahrung mit Anfang 20. Die war aber für mich unbefriedigend. Gefühlt habe ich nichts Positives oder Erregendes. Es ging halt darum dass ich als spätes Mädchen gehänselt wurde und mich daher auf den falschen Typen eingelassen hatte. Ich habe sehr strenge konservative Eltern und denen wollte ich es so richtig zeigen. Ging natürlich schief. Mit 23 wurde ich schwer krank und habe dann erst mit 26 wieder ernsthaft geschaut. Nett waren viele, aber so richtig heftig verliebt habe ich mich nie. Es trat dann auch folgendes Problem auf- vielleicht geht es dir genauso: je älter ich wurde, desto mehr erwarteten die Männer von mir sexuell an technischen Kenntnissen und Tricks. Mit 20 waren die Anforderungen noch minimal: es reichte einfach natürliche Reaktionen zuzulassen. Das lief ganz normal ab und wir waren auch beide sehr erregt. Aber jetzt habe ich zunehmend das Problem dass die Männer eine unerfahrene Frau nicht wollen. Am Anfang merken sie nichts, denn ich kann gut und leidenschaftlich küssen. Aber alles andere ist für mich genauso ungewohnt wie einen LKW fahren. Wie sind deine Erfahrungen ? Ich wurde auch schon beschimpft.
Ich mache mir jetzt auch Sorgen wie ich bloss jemanden finde der mich liebt wie ich bin.

 

[Gast]

Komme bitte weg von der Vorstellung, Sex haben zu "müssen".

Ja die meisten hier, sehen für Beziehungen Sex als mehr oder weniger essenziell an. Die trifft auch für die meisten, aber weitem nicht für alle, zu.

Es hat auch nicht jeder Mann so einen wahnsinnigen Druck auf dem Kessel, dass er sich nicht bei Dir auch zurückhalten kann. Da gibt es große Unterschiede.

Wichtig ist, dass dass Du Deine Vorlieben (mit reduziertem Körperkontakt) beim Kennenlernen früh zeigst, damit keine falschen Hoffnungen geweckt werden und die unpassenden Männer (mit starkem Sextrieb) Abstand zu Dir nehmen.

M

Versuchs mal mit einem männlichen "Mauerblümchen".

Ein für Dich passender Mann kann auch darauf einstellen, dass es nur geringe körperliche Kontakte gibt. Ein angenehmer Charakter kann trotzdem eine schöne Partnerschaft haben.

 

[AndreasM]

Ich hab mal ein paar Kernpunkte herauszitiert ...

Ich habe viel mit meinem eigenen Körper experimentiert seit dieser ersten Erfahrung, bin auch regelmäßig erregt (nicht selten von pornographischen oder semi-pornographischen Vorstellun¬gen, obwohl ich das eigentlich besch… finde), komme aber nie auch nur annähernd zum Orgasmus.

Eigentlich sollte es bei der Masturbation klappen zum Höhepunkt zu kommen. Du scheinst dich aber in deinem Körper oder allgemein beim Gedanken an Sexualität nicht sehr wohl zu fühlen. Unklar ist z.B. wie der Umgang beim Thema Sexualität im Elternhaus war usw.

Da ich krankheitsbedingt erst mit mehrjähriger Verspätung in die Pubertät gekommen bin, hat es sehr lange gedauert, bis ich das überhaupt als ein ernsthaftes Problem wahrgenommen habe.

Mein Freund hat mich allerdings auch hoffnungslos überfordert;aber ich wollte so unbedingt endlich Beziehungserfahrungen sammeln, dass ich fast alles in Kauf genommen hätte,

Es sieht halt nach einem medizinisch/psychologischen Problem aus und Ferndiagnosen haben da den Wert von Kaffeesatzleserei. Mein Vorschlag wäre die Problematik beim Frauenarzt/Frauenärztin anzusprechen. Hier kann dir bestimmt mit der Nennung von Fachleuten weitergeholfen werden.

Ich weiß, dass ich eigentlich ganz viel ausprobieren und nachholen müsste, aber wie soll das gehen, wenn nicht mal eine Anfangserotik da ist?

Müssen tust du gar nichts. Ein Mann der dich liebt, der führt dich auch einfühlsam und mit Geduld in den Bereich Sexualität ein. Wenn du dich sicher und als Partnerin angenommen fühlst, klappt es bestimmt von allein.

 

[Gast]

Liebe FS, ich finde es immer wieder grotesk, wenn viele Männer alle möglichen Standards und Tricks beim Sex mit einer Frau, die der Pubertät entwachsen ist,erwarten, gleichzeitig aber am liebsten der erste oder maximal dritte Sexualpartner sein wollenAber eines ist sicher: ein Mann, der Dich beschimpft, ist es nicht wert, dass Du Dich mit ihm abgibst. denn er hat ja nicht für eine Professionelle bezahlt!
Ich verstehe Dich sehr gut, wenn Du einerseits romantische Bedürfnisse hast und Dich sexuell auch mal (semi-)pornografische Eindrücke erregen-asexuell bist Du sicher nicht!. Es ist nicht leicht, einem Mann zu begegnen, der das nicht voneinander abspalten will, um sich sicherer zu fühlen, doch ganz sicher gibt es solche Männer. Meine Libido ist eher überdurchschnittlich für eine Frau, doch ich wünsche mir auch die ganze Bandbreite von zärtlich-romantisch bis sehr impulsiv-leidenschaftlich (aber nicht zu harten Sex). Hab ein wenig Geduld mit Dir und werfe nicht gleich alles in einen Topf:ich muss Sex mögen, damit ich einen Mann halten kann, und damit ich eine Familie habe...Streß und starre Erwartungshaltungen sind kontraproduktiv.
w

 

[Gast]

Liebe FS

Asexuelles Leben: gar keine sexuellen Gefühle zulassen wollen.
Oft aus moralischen Gründen.


Unerfahrenheit ist ganz anders.
Du hast halt keine echte Erfahrung mit einem lebendigen Gegenüber der seinen eigenen Willen und seinen eigenen Rhythmus hat.
Das heisst noch lange nicht du hast keine sexuellen Empfindungen.
Masturbieren ist ein guter Einstieg, denn da spürst du keinen Leistungsdruck.

 

[Gast]

So genau können wir Dir das auch nicht beantworten. Wie schon in den anderen Antworten zu lesen, haben andere eine ähnliche Entwicklung.
Ich bin in einem ausgesprochen strengen, dominanten, konservativen und einsiedlerischen Elternhaus aufgewachsen. Meine Eltern haben sich bemüht, jegliche Kontakte zu anderen Kindern oder Jugendlichen zu unterbinden usw. Ich hatte lange vom Äußeren eine wenig weibliche Figur, war total schüchtern und frisurtechnisch von meiner Mutter mit einem Topfschnitt ausgestattet, was zusammen meine Attraktivität für Jungs oder junge Männer gen Null sinken ließ. Musste auch wegen o.g. einiges an Hänseleien über mich ergehen lassen. Ich war zwar nicht krank, aber gut gings mir auch nicht.
Mit Anfang 20 hatte ich meinen ersten Freund. Tja, naja, er war sehr verliebt, allerdings war ich nicht in ihn verliebt und konnte es einfach nicht so erwidern.
Vor etwa3 Jahren habe ich mich total und auf den ersten Blick in einen Mann verliebt, wir hatten Sex und er hat rein gar nichts davon gemerkt, dass ich unerfahren bin. Im Gegenteil, er glaubte, ich hätte öfters Männer. Aber, zu diesem Zeitpunkt war ich mit mir einfach im Reinen und war hinsichtlich Sex auch entspannt. Mein erstes Mal habe ich selbst ausgeführt, aus Angst vor Schmerzen bzw. Blutung. Sex ist letztlich viel unspektakulärer und gar nicht so elementar, wenn man das erstmal weiß und erlebt hat. Vorher dachte ich auch, dass bei mir etwas fehlt oder nicht in Ordnung ist.
Inzwischen kann ich so schrecklich locker sein, dass mehrere Dreier-Geschichten mit einer Freundin hinzugekommen sind.
Aber alles erst mit Mitte Dreißig. Damit möchte ich Dich eigentlich ermutigen, manche Entwicklungen kommen eben erst später. Und mit mehr Gelassenheit geht es auch besser, obwohl ich nicht sagen kann, wie man die einfach erreichen kann. Als ich noch unerfahren war und die Erlebnisse vor mir standen, war ich auch nicht locker, sondern wollte die Erfahrungen machen.
w39

 

[Gast]

Liebe w/36

ich finde sexuelle Unerfahrenheit nicht schlimm. Es gibt aber auch asexuelle Leute die formieren sich gerade zu einer Leben-ohne-Sex-Bewegung. Da sind auch viele Fundis dabei. Mir missfällt daran die Politisierung. Manche machen schon wieder eine Moralkeule zurecht.


Jeder Mensch ist auch ein sexuelles Wesen. Selbst wenn die Sexualität nicht ausgelebt wird.

Ein Mann, der sehr sexuell-körperlich orientiert ist, der nicht so sehr an Ideen, Worten, Klängen was findet, für den Kuscheln gar nichts ist ist für dich absolut ungeeignet. Der wird dir auch nicht entgegen kommen wollen sondern dein ganzes Leben im Handstreich pathologisieren.
Forscher wollen in Tests mit Pornos herausgefunden haben dass Menschen mit geringer Libido nicht auf die Bilder kopulierender Paare ansprechen. Keine Impulse in einer bestimmten Hirnregion. Die Impulse kommen aber z.B. durch Stimmen, unscharfe Bilder oder Texte.
Es ist also verfrüht hier von Asexualität zu sprechen. Nur die Pornohersteller ärgern sich natürlich dass jemand lebt ohne von ihrem Quark auch nur im mindesten erregt zu sein.