Ich habe einmal eine Freundin fallen lassen aus therapeutischen Gründen. Sie wurde irgendwann magersüchtig und war wohl schon vorher Borderlinerin und sie begab sich nicht in Therapie solange bis ihr gesamtes Umfeld sich weigerte, stundenlang ihre Probleme mit ihr zu besprechen.
Ich selbst war nach ca. 3 Monaten mit den Nerven am Ende. Ich hatte im Schnitt zwei Stunden am Tag mit ihr telefoniert oder bin hingefahren, sie rief sogar tagsüber mich in der Arbeit an um nicht alleine zu sein und war nicht gewillt, Gespräche in adäquater Zeit zu beenden. Ich musste öfter einfach auflegen, allein schon, weil ich sonst irgendwann Schwierigkeiten mit meinem Arvbeitgeber bekommen hätte, woraufhin sie mich postwendend wieder anrief auf allen zur Verfügung stehenden Nummern. Sie hat sich nicht eine Sekunde überlegt, dass ich vielleicht auch ein eigenes Leben habe und nach der Arbeit gerne mal essen wollte, ohne sie an der Strippe zu haben und zu hören, dass sie heute wieder den ganzen Tag nichts essen konnte und immer noch viel zu fett sei. (BTW: es endete in 34kg bei 1,66m und stationärer Unterbringung)
Sie konnte nicht verstehen, dass ich mal zum Sport wollte, mal ins Kino oder mit einem Verehrer ausgehen - wo sie mich doch brauchte .... Sie versuchte mich auszusaugen und runterzuziehen auf ihren Level. Wenn ich ihr schonend beibringen wollte, dass ich heute ausnahmsweise mal keine Zeit hätte, bekam ich Vorwürfe, sie im Stich zu lassen, selbst dann, wenn ich auf Dienstreise in einer anderen Stadt war. Sie hatte jedes Maß verloren und sie reagierte borderlinemäßig mit völlig überzogenen Reaktionen wie tiefster Hingabe und Dankbarkeit wechselnd mit Hassattacken und Vorwürfen.
Sobald ich einen Abend etwas anderes machte, als mich um sie zu kümmern, zog sie bei der nächsten Freund/in über mich her. Erst als wir (ihr Noch-Ehemann und die gesamte Clique) alle kollektiv unser "wir sind immer für dich da" beendeten, begab sie sich in Therapie und das hat ihr vermutlich das Leben gerettet.
Ich habe die Beziehung später nicht wieder aufgefrischt, weil ich mich bis heute (und das ist ca. 13 Jahre her) von ihr immer noch missbraucht fühle, obwohl ich weiß, dass sie nichts dafür konnte, sie war einfach psychisch krank. Dennoch habe ich ihr nichts mehr sagen, sie war wohl schon immer etwas anders als ich, was ihre Sicht auf die Welt anbelangte bzw. veränderte sie sich umso mehr, als sie erkrankte und auch ich habe mich im Lauf der Jahre zu einem ganz anderen Menschen entwickelt. Zudem weiß ich nicht, inwieweit Borderline wirklich heilbar ist oder bei ihr geheilt ist und im Sinne von Selbstschutz werde ich mich nie wieder freiwillig in die Fänge eines Borderliners begeben.
Durch meine eigene Veränderung (auch Dank ihr) habe ich u.a. kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich nicht automatisch helfe, nur weil mich der/die andere als seine beste Freundin bezeichnet. Ich umgebe mich heute gerne mit Menschen, die selbst die Verantwortung für ihr Leben übernehmen und auch reflektieren, warum ihnen etwas nicht Gewünschtes passiert.
Ich stehe diesen Menschen mit offenen Ohren (Zuhören) und mit meinen Gedanken (wenn jemand das möchte) gerne zur Verfügung, aber ich klinke mich aus, wenn die Fraktion derer, die nur jammert und anderen die Schuld zuweist auf der Matte steht. Das ist nicht mehr meine Baustelle. Und weil es sich bei mir so entwickelt hat und andere sich für den Weg des Jammerns und der Schuldzuweisung entschieden haben, auf Toleranz pochen, aber nur in ihren Schubladen denken, sind manche Freundschaften aus der Vergangenheit nun eher nur noch Bekanntschaften und manche früher eher losen Freundschaften sind nun sehr enge Freundschaften.
Freundschaften verändern sich in ihrer Intensität, weil etwas vorfällt und weil sich die Menschen an sich, z.B. mit ihrem Wertesystem verändern. Ich wundere mich selbst, dass ich eine Handvoll ganz enge Freunde habe, teilweise seit über 20 Jahren, die sich genau in die gleiche Richtung entrwickelt haben, wie ich. Das ist etwas sehr sehr wertvolles und die Freundschaft damit praktisch "unkaputtbar".
Ich brauche dazu keinen regelmäßigen Kontakt. Meine besten Freunde würde ich mit offenen Armen empfangen, wenn sie nachts um drei bei mir klingeln und ich sie vorher ein Jahr nicht gesehen habe. Eine einseitige Kontaktaufnahme führt bei entsprechendenm Background (jahrelange Freundschaft) nicht zum Abbruch, weil es dafür immer Gründe geben kann und bislang, wenn vvorgekommen, auch gegeben hat.
w/48