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  • #1

Beruf als vorherrschendes Gesprächsthema?

Meine ehemalige Partnerin übt einen sehr schönen Beruf aus, in dem sie alte Menschen betreut und pflegt. Sie nimmt ihre Aufgabe sehr ernst und übt sie gewissenhaft aus, auch wenn dies zu ungewöhnlichen Tageszeiten oder Wochentagen sein muss. Wenn ihr die Zeit(en) eng wurde(n) bin ich gelegentlich auch schon für sie eingesprungen. Der große Konflikt in unserer Beziehung entstand dadurch, dass die Probleme mit und ihren Patienten zum vorherrschenden Thema in unseren Gesprächen wurde. Darauf wiederholt angesprochen, blockte sie ab und warf mir vor, kein Verständnis für ihre Tätigkeit zu haben. Ich habe mich nach dem letzten Konflikt zu diesem Thema von ihr getrennt. Habe ich ihr unrecht getan?
 
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  • #2
Lb. FS, sicher gibts Menschen, die als "Kummerkasten" in persona wie geschaffen sind und denen es also wenig ausmacht - sie hören gern zu! Aber Du scheinst nicht auf Dauer der Typ zu sein, was ich persönlich auch verstehen kann. Man sollte den anderen - vor allem am Anfang - nicht so mit privaten Problemen zuballern!! Selbst wenn Du nun hören würdest von anderen: Ja es ist ungerecht, würdest Du das über kurz oder lang nicht mehr mitmachen. Also wenn es Dir wirklich zu viel geworden ist, ist es besser, Du hast ein Gespräch gesucht und musst Dir nicht den Vorwurf machen, es nicht versucht zu haben!! Sie erwartet es halt vom Partner, dies zu ertragen!! Dann ist as doch eine klare Ansage und steht in der Beziehung zwischen Euch, oder??
Ich kenne das von Männern so, es wurde gleich beim ersten date alles private Probleme aufgeführt, was mir schon da Angst gemacht hat!!!! Die Beziehung hielt in diesen Fällen nur Tage!!
w/47
 
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  • #3
Ich finde schon, dass Du ihr definitiv unrecht getan hast.

Zunaechst einmal ist das kein seltenes Phaenomen: Der Beruf nimmt den Grossteil der Wachzeit ein. Daher ist es nur naheliegend, dass er auch einen signifikanten Anteil der Gedankenwelt einnimmt. Und damit auch der Gespraeche. Was denkst Du, wieviele Ehefrauen sich jeden Abend das Gejammer ihrer Ehemaenner ueber berufliche Probleme anhoeren (muessen/duerfen)? Das ist nicht erstaunlich, und damit sind weder sie noch Du alleine.

Hier scheint es noch spezieller, weil es ein Beruf ist, der ihr offenbar am Herzen liegt, und - weil er mit Menschen zu tun hat - ihr auch nahegeht. Sie scheint in diesem Job mehr zu sehen als Gelderwerb, sondern ist idealistisch mit der Taetigkeit verbunden.

Und Du bist der, der sie im Regen stehen laesst, wenn sie darueber redet? Wow...

Obwohl ich sehe, dass das anstrengend sein kann, und der Impuls des Weglaufens irgendwie nachvollziehbar ist: Ich kann mir kein Gedankenmodell vorstellen, in der Deine Handlung nachvollziehbar oder gerechtfertigbar waere. Als Deine Freundin waere ich zutiefst verletzt, um es mal milde auszudruecken.

J (m)
 
  • #4
Der Beruf bzw. die ausgeübte Tätigkeit nimmt ja durchaus einen wesentlichen zeitlichen Anteil an unserem Leben. Manchmal ist es sogar sowas wie die Reality-Soap-Opera des persönlichen Lebens. Es ist daher schon klar, dass das häufig auch in Beziehungen Gesprächsthema ist.

Sobald es aber nicht mehr nur die lustigen und informativen Geschichten sind, die von der Arbeit erzählt werden, sondern man nur noch über Probleme im engeren Sinne spricht, können die Grenzen der Belastbarkeit einer Beziehung schon überschritten werden.

Wann immer man dem Partner von eigenen Problemen erzählt - sei es im Beruf oder in anderen Lebensbereichen -, muss man sich darüber im Klaren sein, dass man damit die Beziehung belastet. Bis zu einem gewissen Grad ist das natürlich völlig unkritisch, aber zu viele Belastungen, die nur von einer Person ausgehen, können beim Gegenüber schon Frustration auslösen.

Ich kann dich daher verstehen, Fragesteller, dass du irgendwann die Reißleine gezogen hast. Ich hoffe allerdings, dass du das Problem rechtzeitig genug angesprochen hast und deine Ex nicht einfach von heute auf morgen vor die Tür gesetzt hast.
 
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  • #5
Mein Ex und ich - beide Mediziner - haben uns beim Abendessen oder um Mitternacht von unseren "Problemfällen" erzählt. Ein völlig eingespieltes Ritual. Wir wären nie auf den Gedanken gekommen den anderen damit zu belasten.
Wer sonst, wenn nicht der Partner/in ist dafür da, beruflich belastende Situationen an den Mann/Frau zu bringen?
Was ich allerdings nicht verstehe, dass du schon mal für sie "eingesprungen" bist? Hast du dann ihren Dienst im Altenheim übernommen?
Wie dem auch sei, im Bereich Medizin/Pflege besteht enormer Gesprächsbedarf. Psychisch/physisch ist man nach 10 Stunden ausgepowert. Wenn du diesem Anspruch nicht genügen magst, solltest du besser auf eine Informatikerin oder Verkäuferin zurückgreifen.
 
  • #6
Es kommt meiner Meinung nach auch immer darauf an, WIE man dem anderen vermittelt, dass ein Thema zu viel Raum bei Unterhaltungen einnimmt. Ich kann dich zwar verstehen, dass es mit der Zeit lästig wird, wenn Gespräche immer wieder beim Berufsleben landen. Andererseits kann ich aber auch nachfühlen, dass jemand, besonders mit einem Pflegeberuf, das Bedürfnis hat, über seine Erlebnisse im Berufsleben zu sprechen. Es bringt es halt nicht jeder fertig, bei einem solchen Beruf nach Feierabend total abzuschalten.
 
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  • #7
Der Berufsalltag meines Vaters war das einzige Gesprächsthema meiner Eltern am Abendbrottisch. Dass meine Mutter ebenfalls einen Arbeitstag hinter sich hatte, hat dabei nicht interessiert. Heute würde es mich sehr misstrauisch machen, wenn mein Partner nicht über seinen Beruf sprechen würde. Entweder ist ihm der Beruf nicht wichtig oder ich bin ihm nicht nah/wichtig genug, um seine Probleme mit mir zu teilen. Hier stimme ich mit #3 und #4 voll und ganz überein.
Anstatt Dich wie ein kleines Kind über zu wenig Beachtung zu beschweren, hättest Du ihr durch Rituale und Ablenkungen helfen können, den Berufsalltag hinter sich zu lassen. Rituale heißt, dass z. B. nur bei Tisch oder nur vor den Einschlafen über den Beruf gesprochen wird oder dass sie sich Deine Probleme anhört, nachdem sie von ihren gesprochen hat. Und mit sportlichen, kulturellen, romantischen oder welche Aktivitäten Ihr auch immer teilt, lässt sich prima ablenken.
 
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  • #8
Wovon sonst sollen die Menschen, die sich vor allem über ihre Arbeit definieren, reden?

Häudig anläßlich von Feiern wahrzunehmende Alternative:

Geld und gerade erworbene oder zu erwerbende Konsumgüter.

Oder bei jungen Müttern: Mein Kevin kann jetzt schon xxxxxxx oder ganz toll yyyyyyy.

Oder die hohen (Benzin-)Preise.

Gähn....


Worüber hättest DU dich denn gerne mit ihr unterhalten?
 
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  • #9
Ha ha, Nummer #7 ist auch nicht schlecht. Ein Berufsgespraech als Ausschlusskriterium, weil andere Themen noch langweiliger sind. Im Ernst, ja, Da hast Du, lieber Fragesteller, den Bogen etwas weit gespannt.
 
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  • #10
@ Fragesteller

Ich habe auch im sozialen Bereich gearbeitet und kann Deine Partnerin gut verstehen. Immerhin arbeitet man mit Menschen, so das jeden Tag neue Eindrücke da sind. Es wird nie Routine, jedenfalls nicht, wenn es eine Berufung ist. Und dann ist man am Schichtende voller Eindrücke, die man mitteilen möchte. Idealerweise kann man sich mit seinem Partner austauschen. Jedenfalls wenn er auch Interesse an Menschen hat.

Etwas anderes ist es, wenn es nur noch um Probleme geht. Gerade der Beruf der Altenpflegerin ist ja psychisch sehr anspruchsvoll, und die Gefahr des ausbrennens ist sehr hoch. Dafür sollten eigentlich Supervisionen sein, die werden aber leider oft nicht von den Einrichtungen angeboten. Dann wäre es ganz wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen. Denn das kann ein Partner auch nicht mehr auffangen.

Es geht ja nicht darum, irgendwelche stupiden, immer wiederkehrenden Tätigkeiten zu besprechen, sondern menschliche Lebensläufe. Das ist schon ein geistiges Thema. Und gerade dies macht ja auch einen sozialen Beruf aus.

Ich hatte auch einen Partner, mit dem ich das nicht konnte - es hat ihn einfach nicht interessiert. Ich habe mich von ihm getrennt. Ich brauche geistige Nahrung, sonst verkümmere ich. Letztendlich ist es auch eine Lebenseinstellung.

Ich kann nicht wissen, wie es nun bei Deiner Partnerin gewesen ist - das kannst nur Du beurteilen.

Die kleine Kaktee
 
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  • #11
L. Fs.,
so sehe ich es auch - du zeigst mangelndes Verständnis für den Beruf Deiner Partnerin!

Evtl. übst Du eine Tätigkeit hinterm Schreibtisch aus und bist nicht tagtäglich mit den Tragödien menschlichen Leids konfrontiert. Dies wäre eine Erklärung für Dein Unvermögen, Deiner Partnerin Raum und Zeit zu bieten, um über das tagsüber Erlebte zu sprechen.
Ebenso kommt hier ein Stereotyp männlichen Verhaltens zum Vorschein, denen (zu recht?) ein defizitäres Einfühlungsvermögen nachgesagt wird.
Wie es scheint ist Deine Ex-Partnerin mit ihrem Beruf voll identifiziert, fasst ihn als Berufung und nicht nur als reinen Broterwerb aus und übt ihn engagiert mit Herz und Seele aus. Gerade hochsensibilisierte Menschen die sich von fremden menschlichen Schicksalen "berühren" lassen, laufen Gefahr, von diesen Schicksalen bis in den Schlaf hinein verfolgt zu werden! Was für die Betreffenden durchaus nicht gut ist. Deshalb ist es zwingend notwendig, dass sie einen Partner an ihrer Seite haben der nicht nur für ihren Leib, sondern auch Interesse für ihre Seele zeigt. Bei Dir ist dies wohl nicht der Fall!

Ich habe größte Hochachtung vor Menschen die in der Plegebranche tätig sind; mir wäre eine Partnerin mit diesem beruflichen Hintergrund herzlich willkommen und hoffe sie hier zu finden.
Vermutlich dürfte Deine Ex-Partnerin nach geraumer Zeit froh darüber sein, dass die Beziehung mit Dir gescheitert ist! Pardon, aber dies ist meine Meinung als Mann.

m 52
 
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  • #12
Ein Grund, warum ich nicht mehr im sozialen Bereich arbeiten möchte.

Denn die 38 Std.-Regelarbeitszeit gilt für Floristinnen, Kranführer, Krankenpfleger etc. gleichmaßen.

Die besonderen Belastungen im - zudem noch im Vergleich z.B. zu Bankern absolut unterbezahlten - sozialen Bereich finden (die Kosten...) nur unzureichend Berücksichtigung.

= Entweder die Mitarbeiter stumpfen ab, brennen und/oder steigen irgendwann aus.

Letztlich eine Frage der Wertigkeiten und Wertschätzungen innerhalb einer Gesellschaft.

Ein jeder möge sich da an seine eigene Nase fassen. Ich sehe jedenfalls nicht mehr ein, meiner Partnerin aufzubürden, was die Gesellschaft nicht bereitzustellen (Pflegeschlüssel, Supervision) bereit ist.

Mein Neffe studiert aus diesem Grund (Relation Leistung/Einkommen) Maschinenbau.

Ich kann ihn verstehen.
 
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  • #13
Ich arbeite auch im Pflege/ Betreuungsbereich.
Damit der Familienalltag vom Job nicht allzusehr belastet wird hab ich für mich ein Ritual verordnet. Das geht gut da mein Arbeitsplatz in der Nähe ist. Ich gehe den Weg zufuß. So kann ich super Abschalten.
Wenn ich jemanden kennen lerne wird manchmal ganz schnell klar ob der Gegenüber Verständniss hat oder nicht.
Auch die Wochenenddienste können ganz schön belasten.

Klar ist es wichtig mit jemanden zu sprechen aber wenn mir der Partner signalisiert stop ich kann nicht mehr- das ist dort nicht meine Welt so respektiere ich das. Auch zum Aussprechen gibt es Leute mit den man sich gut versteht.
Ich denke man sollte gerade im privaten Rücksicht nehmen egal ob Beruf- Hobbys können einen Partner auch mal auf den Senkel gehen
 
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  • #14
Beim Lesen Deiner Zeilen stellt sich mir spontan die Frage, ob Du diese Frau an Deiner Seite überhaupt liebst? Oder ob sie nur ein Mittel zum Zweck darstellt, um Deine profanen Bedürfnisse zu erfüllen.......
Wegen einer derartigen Lapalie eine Beziehung zu lösen halte ich schlichtweg für eine idiotische Überreaktion. Möglicherweise könnte man für diese Kurzschlusshandlung noch ein jugendliches Alter oder mangelnde Lebenserfahrung in Betracht ziehen!

Ein Partner ohne das geringste empathische Talent gehört für mich auf die NoGo-Liste!

w, 60J.
 
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  • #15
zico,mIch denke man muß über fast alles Reden können in einer Beziehung,wenn aber der Beruf permanent mit nach Hause genommen wird und keine anderern(privat wichtigen) Dinge zum Gespräch kommen---gibt es meist Konflikte.Berufliche Gespräche sollten unterstützend und aufbauend sein,nur dabei sollte man den Partner,die Beziehungsgemeinschaft und deren Wünsche ,Interessen nicht vergessen-------Paar bedeutet zwei die sich gemeinsam vorwärts bringen sollten.Wenn nach Gesprächen diesbezüglich dieses Verständnis und Hinweise nicht fruchten,event.sogar in ständigen Streit eskalieren----ist es besser sich zu trennen----die Beziehung gibt nichts,sie behindert(zumindest einen)!Wer vielseitig interessiert ist,hat auch vielseitigen Gesprächstoff-----den anderen immer nur mitziehen geht an die Substanz,schwächt und somit ist das Geben und Nehmen in nur Geben oder nur Nehmen versackt---"Beziehungstod".Wenn du alles versucht hast deiner Partnerin dies deutlich zu machen,was dir fehlt und wie du dir ein gemeinsames Leben vorstellst---sie aber absolut an ihren Dingen festhält,ist eine Trennung für mich völlig verständlich und nicht überszogen.
Kenne diese Situation-man soll Seelsorger,Zuhörer,Macher,Pausenclown und Reiseleiter ohne wenn und aber sein----aber man hat ja selbst auch Defizite,Wünsche und Beruf!
 
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  • #16
Schon traurig, das Arbeit bei uns hier so ein vorherrschendes Thema ist und sich alle Welt tatsächlich über Ihren Beruf definieren. Wird uns aber auch so antrainiert und soll so sein aus gewissen Gründen.

Ich hab bei youtube erst vor kurzen mir mal wieder so ein Thema angeschaut, wo es um die Arbeit und das Leben ging und die Meinungen dazu waren interessant.

Ansonsten hättest du dich nicht sofort trennen sollen, das ist etwas radikal, vor allem wenn man den menschen doch liebt?
Vielleicht wären andere Wege beser gewesen, z.B. wenn sie von der Arbeit kommt, ein Essen vorbereiten oder eine Massage, ein Buch vorlesen, oder andere Dinge tun, so dass sie erstmal abschaltet und sich auf das wahre Leben nach dem Geld verdienen öffnet.
 
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