Klar, Du hast schwere Erschütterungen erlebt und suchst nun etwas mehr Ruhe, Beständigkeit, Verlässlichkeit. Das erfüllen auf den ersten Blick mehr ältere Männer, als jüngere. Aber auch bei den jüngeren findest Du ruhigere und ernsthaftere Exemplare. Ich würde nicht so aufs Alter fokussieren, sondern eher auf ein Temperament, das Dir gut tut.
Bei älteren Männern findest Du schnell eine Menge Probleme aus ihrem Vorleben (unerfreuliche Trennungen, problematische Beziehungen zu Exfrauen und Kindern, gewisse Abgebrühtheit aus Jahren des "sich auslebens") und ob Dir das dann gut tut, wo Du reichlich eigene Lasten zu stemmen hast, wage ich zu bezweifeln. Zumal diese Männer auch sehr mit ihren Dingen befasst sind, sodass für Dich nicht so viel Raum bleibt.
Wenn man in jungen Jahren solche Belastungen wuppen musste, wirkt man in vielen Dingen reifer, was meint tiefgründiger und ernsthafter. In emotionalen Dingen besteht durch viele und langanhaltend unsichere Situationen eine viel größere Unreife als bei Gleichaltrigen. Die Emotionen spielen in einer Beziehung aber die größere Rolle.
Ich schaue auf einen ähnlichen Hintergrund und hatte bis zu meinem 30. Lebensjahr immer Beziehungen mit wesentlich älteren Männern (15-20 J.), weil ich mit der offensiven Fröhlichkeit der Dauerparty machenden Jungs nichts anfangen konnte. Heute weiß ich, dass es meine Ängste waren, auch mal auf den Putz zu hauen, die mich gelähmt haben.
Die Beziehungen mit den älteren Männern haben immer nur 2-3 Jahre gehalten, denn sie wollten eher nicht, dass ich zu emotionaler Selbstständigkeit und Unabhängugkeit komme. Immer wenn ich einen Entwicklungsschritt machte, klappte es nicht mehr. Sie fanden eine junge Studentin, die sie nicht überforderte toll. Da hatten sie alles, was sie brauchten: eine junge, gutaussehende, kluge Frau, jemanden, der gewöhnt war, nichts zu verlangen .... Besser ging es aus ihrer Sicht nicht. Es waren übrigens alle Sozialberufler mit dem Verständnistouch.
Im Endeffekt habe ich durch diese Beziehungen versäumt einen gleichaltrigen Partner für eine echte Lebenspartnerschaft zu finden, denn in den Beziehungen zu älteren Männern war ich auch immer ein wenig in der 2er-Beziehung isoliert, vom Leben abgeschnitten.
Mit 30 war ich dann zu alt und die Männer meiner Altersklasse, die verlässliche Partner abgegeben hätten, waren alle in festen Beziehungen/Ehen. Wer dann noch übrig ist, ist für jemanden mit höherer Verletzlichkeit definiitiv nicht geeignet.
So trudel' ich weiter haltlos durchs Leben - was Emotionen und Bindungen angeht, von außen betrachtet ist alles top: Klasse Job, gutes Gehalt, schicke Wohnung im In-Viertel, edler Sportclub ...
Im Nachhinein meine ich, es wäre für mein Leben besser gewesen, wenn ich nicht so schreckhaft auf die Lebendigkeit der Gleichaltrigen reagiert, sondern mich ein wenig auf die Spaßgesellschaft eingelassen hätte. Dann gäbe es heute mehr Farbe im Leben.
w, 55