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  • #1

Bindungsangst - haben die Partner selbst ein Problem mit Nähe?

Hallo,
mich beschäftigt folgende Frage: glaubt Ihr, dass die Partner von bindungsängstlichen Menschen
selbst ein Problem mit Nähe haben? Oder warum ziehen manche immer wieder diesen Typ Mensch an?
Hat hier jemand tiefergehende Erfahrung zu diesem Thema?
Und: Hat jemand von Euch nach mehreren kurzen Beziehungen mit Bindungsängstlern eine neue positive Erfahrung machen können und wenn ja, wie kam diese zustande?
 
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  • #2
Von meinen Erfahrungen aus: Nein. Partner von (angeblich) bindungsängstlichen haben nicht immer selbst ein Problem mit Nähe. Ich hatte zwei bindungsängstliche Männer, habe darunter sehr gelitten. Mein jetziger Partner ist nicht bindungsängstlich. Wir sind einfach nur glücklich miteinander. Wichtig ist, dass beide sich gegenseitig vor allem unbewusst das Gefühl geben können, dass sie sich wollen, mit einer gewissen Selbstverständlichkeit. Dazu gehört auch, beim anderen ein offenes Ohr für etwaige Zweifel zu finden. Sich einander öffnen können, immer mehr, ist Grundvoraussetzung für eine stabile Bindung.
 
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  • #3
w48
Ich hatte eine Beziehung zu so einem Menschen. Es ist vollkommen hoffnungslos sich einzulassen da die Angst in ihnen sie immer wieder fort treibt. Es hat mir tiefe Verletzungen beigebracht von denen ich mich bis heute nicht erholt habe. Sicherlich habe ich mich hinterfragt ob ich selber bindungsaengstlich bin. Vielleicht ist es so, jedoch weiss ich, dass ich in der Lage bin zu lieben- mit all meinen Sinnen und aus vollem Herzen. Der bindungsaengstliche Partner war das nicht. Alles war Illusion.
 
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  • #4
Ich bin der Meinung, dass der Partner eines Menschen mit Bindungsangst das passende Gegenstück ist - nämlich eine Person, die an Verlustangst leidet. Beide haben ein ähnlich ausgeprägtes Bedürfnis nach Liebe und Nähe. Während der bindungsängstliche Mensch die Zuneigung seines Partners nicht mehr ertragen kann, wenn sie ihm sicher erscheint, fürchtet der andere nichts so sehr wie den Verlust seiner großen Liebe. Es gibt jedoch eine Gemeinsamkeit zwischen diesen beiden Personen, und das ist die Angst vor Verletzung und Schmerz.

Oftmals verhält es sich so, dass am Anfang alles wunderschön ist. Trotzdem wird sich der Bindungsphobiker eines Tages eingeengt fühlen. Er verhält sich dann unverbindlicher und geht emotional auf Distanz. Das ist es, was den Verlustphobiker dann aus der Rolle bringt. Er wird dann versuchen, den Bindungsphobiker noch enger an sich zu binden, womit er aber genau das Gegenteil erreicht.
 
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  • #5
Teil 1
Hallo FS,

ja, ich habe definitiv Erfahrung mit diesem Thema, sowohl persönlich als auch im Freundeskreis.
Ich selbst lasse mich immer wieder mit Partnern ein, die nicht wirklich "zur Verfügung" stehen, soll heißen, die selbst sehr ambivalent erscheinen, sich nicht auf eine Beziehung festlegen möchten, aber auch nicht loslassen können. Und so eiern wir stets umeinander herum, da ich ähnlich ticke. Finde es faszinierend und zutiefst erschreckend zugleich, dass das immer wieder so läuft. Erkläre mir das so, dass die unsicher gebundenen Männer irgendwas haben, das mich magisch anzieht - und das scheint auf Gegenseitigkeit zu beruhen.

In der Literatur zum Thema ist auch immer wieder mal die Rede davon, dass Menschen mit sicherem Bindungsverhalten sich meist instinktiv wieder jemanden suchen, der ebenfalls sicher gebunden erscheint. Und anders herum suchen sich die unsicheren wieder jemanden, der sich ebenfalls unsicher zeigt. Es heißt in der Literatur, dass man sich tendenziell von Menschen angezogen fühlt, die auf einem ähnlichen "Entwicklungsniveau" (bezogen auf Persönlichkeit) stehen wie man selbst.
Im Übrigen ist es sehr "bequem" für Menschen, die sich ihrer eigenen Nähe-Angst nicht bewusst sind, sich einen Partner zu suchen, der kein sicheres Bindungsverhalten zeigt. So kann man immer wieder darüber klagen, dass der Partner sich so unbeständig zeigt, wobei man selbst doch eine feste, funktionierende Beziehung wünscht - und dabei übersieht, dass man mit dem eigenen Verhalten zu eben dieser Beziehungsdynamik beiträgt und es an der Seite eines "sicheren" Partners gar nicht lange aushalten würde.

Teil 2 folgt
 
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  • #6
Teil 2

Menschen mit einer sicheren Bindungsrepräsentanz lassen sich vermutlich auch von Vornherein nicht auf Beziehungen ein, die sich sehr destruktiv entwickeln. Wenn sich der eine Partner z.B. ewig nicht entscheiden kann/will, ob er nun mit dem anderen eine "richtige" Beziehung eingehen will, wird jemand mit sicherem Bindungsverhalten i.d.R. schnell die Reißleine ziehen, nach dem Motto "das muss ich mir nicht antun". Der unsicher Gebundene hofft weiter. Und hofft, und hofft...
Unterm Strich steckt hinter einem unsicheren Bindungsstil wahrscheinlich meist ein kaum vorhandenes oder schwer angeknackstes Selbstbewusstsein-/Wertgefühl. Denn jemand, der aus sich selbst heraus weiß, was er wert ist und wenig Anerkennung von anderen braucht, hat es schlicht nicht nötig, sich auf destruktive Paarbeziehungen einzulassen.

Aber klar, man kann auch schlicht Pech haben und sich als sicher gebundener Mensch auf jemand Unsicheren einlassen und über dem ewigen Hin und Her verzweifeln. Oder man macht mehrfach (-wobei mitunter auch einmal reicht-) als Erwachsener eine katastrophale Beziehungserfahrung und die ursprüngliche Sicherheit ist erst einmal dahin, und das Selbstbewusstsein gleich mit.
Kann dir die Bücher "Jein-..." und "Leben kann auch einfach sein"! von Stefanie Stahl empfehlen, die finde ich persönlich am besten.

Auf die positive Beziehungserfahrung warte ich noch. Ich schätze, es wird einem nichts anders übrig bleiben, als geduldig mit sich selbst zu sein, sich mit seinen Ängsten auseinander zu setzen und am eigenen Selbstwertgefühl zu arbeiten, sonst wird man wahrscheinlich von einer traurigen Beziehungserfahrung in die nächste stolpern.

w/34
 
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  • #7
Würde ich nicht sagen. Was vielleicht eine Rolle spielen kann, ist eine gewisse Vorprägung durch Eltern oder Exbeziehungen. Wenn man nie eine echte Bindung erlebt hat, weiß man ja auch nicht, wie man jemanden findet, der diese verspricht.
 
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  • #8
Hallo, hier ist die FS.

Danke erstmal für die Beiträge. Den 2 teiligen Beitrag von Gast 4/5 kann ich inzwischen nur bestätigen.
Ich glaube auch, daß die eigene Problematik viel mit den Beziehungserfahrungen, die man macht zu tun hat. Man bekommt in gewisser Weise einen Spiegel vorgehalten. Es kann nicht sein, daß man immer nur an die "falschen Partner" gerät.
Ich hätte eine Frage an Gast 4/5: An welchen eigenen Ängsten arbeitest du besonders
bzw. welche Anteile hast du an dir entdeckt, die immer wieder dazu beitragen, diese Erfahrung mit einem bindungsängstlichen Mann zu machen?
 
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  • #9
Ich habe mich mein Leben lang mit bindungsscheuen Männern eingelassen. Zum Beispiel fand ich stets mit schlafwandlerischer Sicherheit Männer, die verlassen worden waren, noch Liebeskummer hatten und sich darum nach kurzer Zeit wieder von mir trennten. Heute weiß ich, dass ich fast immer eine "Übergangsfrau" war. Traurig.

Ich bin sicher, dass jemand, der sich auf bindungsschwache Partner einlässt, selbst Bindungsängste haben muss. Ich bin das beste Beispiel.
 
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  • #10
Ich bin sicher, dass jemand, der sich auf bindungsschwache Partner einlässt, selbst Bindungsängste haben muss. Ich bin das beste Beispiel.

Wie erkennt man einen bindungsschwachen Mann/Frau? Was ist wirklich bindungsschwach?

Kann es nicht sein, ich war auch mal eine Übergangsfrau, dass es einfach nur nicht gepasst hat?

Ich bin froh, heute allen Männern, mit denen es auch welchen Gründen auch immer nicht geklappt hat, begegnet zu sein. Wäre das nicht passiert, wäre ich heute nicht die Frau, die ich bin. Ich bin ziemlich zufrieden mit mir und habe große Pleiten und Pannen in Sachen Liebe nicht erleben müssen.

w 50
 
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  • #11
Hier Gast 4/5,
zu deiner Frage:
Ich kann die Ängste derzeit noch gar nicht genau benennen. Wie gesagt, ich bin ja selber immer wieder platt und entmutigt, wenn ich fest stelle, dass ich wieder an jemand ebenfalls Unsicheren geraten bin.

Meine Idee ist die, dass ich mich in tiefster Seele selbst ablehne, mir selbst kein guter Freund bin, mich selber in weiten Teilen ablehne. (Da war sie wieder, die Sache mit dem mangelnden Selbstwertgefühl...) Wobei das mit Sicherheit keinem Menschen auffällt, wirke nicht wie ein unsicheres Mauerblümchen. Also suche ich mir instinktiv Männer aus, die mich auch ablehnen bzw. nicht wirklich wollen - und schon ist mein Selbstbild bestätigt. Als Teenager war es sogar so: Wenn ich jmd. wirklich toll fand, brauchte ich mir nur vorzustellen, dass das auf Gegenseitigkeit beruht - und schlagartig sank die Person im Ansehen. Nach dem Motto "Wer mich toll findet, kann ja nicht richtig ticken".
Außerdem brauche ich von Haus aus viel Freiraum, viel Zeit zum Träumen, für mich sein. Das kann ich bei einem Mann, dem Nähe selbst schnell mal zu viel wird, natürlich haben.
Gleichzeitig leide ich jedes Mal furchtbar, wenn mich wieder jemand "ablehnt". Ein Teufelskreis.
Aber ich habe immer noch die Hoffnung, dass das nicht alles unabänderlich ist. Der Weg ist jedoch lang, ich gehe ihn seit Jahren.

Das mit dem "Spiegel vorgehalten bekommen" hast du treffend formuliert.

Noch ein Nachtrag
Die meisten Menschen, die Angst vor Nähe haben, scheinen sich dessen nicht ansatzweise bewusst zu sein. Und weisen das auch strikt von sich. Alle, die für sich erkannt haben, dass sie da möglicherweise ein Problem haben, sind einen Schritt weiter! Nur, weil ich mir eines Problems (noch dazu eines so "tief" sitzenden) bewusst bin, ändert sich das zwar leider nicht über Nacht, aber ein Anfang ist gemacht. Es besteht die Chance, irgendwann eine glückliche Beziehung führen zu können, wenn ich an mir arbeite. Diese Chance haben Menschen, die meinen, immer wieder nur "an den/die Falsche/n" zu geraten, wahrscheinlich nicht.
 
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  • #12
Ich zähle auch zu den Menschen ohne Bindungsangst, weil ich neben Verlusten und Schmerzen durch Beziehungen auch sehr schöne Erfahrungen mit Beziehungen gemacht habe. Allerdings waren es alle samt Jugendlieben. Nun bin ich scheinbar auch an so eine Spezies Mann mit Bindungsangst geraten.

Also ich finde die Beiträge von Gast 4/5 sehr zutreffend!
Die Frage ist auch: Was treibt diese Bindungsphobiker dazu sich nicht fest binden zu wollen?
Das können sehr viele Gründe sein. Dann fragt man sich als der sichere Part: Ist sich der Bindungsphobiker dessen überhaupt bewusst? Und wie geht er damit um? Ist das nötige Vertrauen vorhanden über diese Gründe (wenn sie bewusst sind) ehrlich mit dem eventuell neuen Partner zu reden? Wenn nicht, können Missverständnisse entstehen oder man kommt sich nicht ernst genommen vor. Man sollte den unsicheren Part auf jeden Fall darauf aufmerksam machen und darüber reden. Sollte er dann nicht aus sich rauskommen und ernsthaft über das Thema reden, passiert meist das, was Gast 4/5 beschrieben hat: Der jemand mit sicherem Bindungsverhalten denkt "das muss ich mir nicht antun" oder fühlt sich meist selber durch dieses unsichere Verhalten des anderen verletzt.

Die Frage ist, wie lange sollte oder kann man sich solch ein "Hingehalte" und alles, was in dieser Zeit passiert, antun? Insbesondere bei Fernbeziehungen?

Kann man überhaupt noch von "Liebe" sprechen, wenn man sich gezwungen fühlt diese so rational zu analysieren?
 
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