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  • #1

Bindungsangst - wie kommt man da raus?

Ich (w 26) habe seit ich denken kann ein Problem mit Nähe und festen Beziehungen. Erst konnte ich jahrelang gar keine Nähe zulassen, auch wenn ich verliebt war. Später ging das schon, ich hatte auch eine Fernbeziehung, die mich allerdings sehr viel Energie gekostet hat, weil er glaube ich auch Bindungsangst hatte und mich immer wieder auf Distanz gehalten hat.

Nun hatte ich eine Affäre mit einem Mann. Ich war wirklich sehr verliebt, fühlte mich aber unglaublich unwohl bei dem Gedanken etwas Festes mit ihm zu haben. Es hat dann auch von ihm aus nicht geklappt und ich war natürlich schon enttäuscht, aber glaube hauptsächlich weil ich gerne mal gewusst hätte, ob ich einfach eine Beziehung hätte eingehen können.

Würde gerne von anderen Männern wie Frauen hören, die ebenfalls unter Bindungsängsten leiden. Übrigens habe ich das Buch "Jein" von Stefanie Stahl gelesen und fand es sehr hilfreich.

Gibt es vllt auch Menschen, die mal unter Bindungsängsten litten und da rausgekommen sind? Wie war das für euch und wie habt ihr es geschafft?
 
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  • #2
Mein Freund (35) litt bzw. leidet seit Jahren unter Bindungsangst. Er hatte auch vor mir nie das "klassische Beziehungsmodell", immer wieder kurze Affären, machte Rückzieher wenn es konkret wurde usw. Er hat sehr schnell reinen Tisch gemacht, ich ahnte also auf was ich mich einlasse...

Zu Anfang habe ich oft den Fehler bei mir gesucht und habe mich sehr zurückgewiesen gefühlt. Inzwischen habe ich gelernt dass man eine gute Balance findet muss, zwischen Raum und Nähe. Ich merke einfach wann es ihm zu viel wird und er Abstand braucht oder wir reden auch ganz offen darüber, ohne dass jemand gekränkt ist. Im Gegenzug dazu fordere ich auch manchmal Nähe ein, wenn ich das Gefühl habe ich habe große Sehnsucht.
Bis jetzt sind wir, trotz sehr schwieriger Anfangsphase, gut mit diesem Modell klar gekommen.

Viele in diesem Forum würden sicher ihre Probleme mit dieser Art von Beziehung haben, aber ich habe in keiner anderen Partnerschaft so viel über gegenseitigen Respekt und Akzeptanz lernen können, wie in dieser. Man kann eine Beziehung auch langsam angehen, mit viel Zeit. Ohne Konventionen und ohne "deadlines" wann sich wer und wie oft melden muss, wann und wie oft man sich sieht usw.

Liebe FS, wenn du Jemanden kennen lernst, der dir gefällt dann mach dir keinen Druck, sondern sprich mit ihm darüber.
Nimm den Druck raus. Und sei so offen wie nur möglich. Das hat mir und meinem Freund sehr geholfen.
Viel Glück!
w
 
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  • #3
Wenn Du echte Bindungsangst hast, die Deine Lebensqualitaet massiv beeinflusst, mach eine Psychotherapie. Ansonsten freu Dich, dass Du ein Freigeist mit einem erfüllten Leben bist und tu nichts, das zu ändern.
Hast Du Leidensdruck? Wenn ja, welchen? Das wird nicht deutlich.
 
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  • #4
Hat die FS "Jein" gelesen, dann weiß sie, Betroffene leben ein Leben lang mit ihrem Kindheitsschicksal. Beziehungsphobien sind nur begrenzt therapierbar. Eine langjährige enge Beziehung bzw. eine Ehe ist permanent gefährdet und scheitert oft, weil Betroffene in Kindheit und Jugend kein von den Eltern/Erziehern gefördertes und gestütztes, emotional intimes Urvertrauen in andere Menschen aufbauen konnten. Ursache: Fremdbestimmung, mangelnde Zuneigung, Anerkennung, nicht erlebte und gelernte Lösungsdiskussionen mit daraus resultierender Kompromissfähigkeit und Vertrauen in Kompromissen. Man kann es auch fehlende emotionale Kompetenz bzw. Empathie nennen. Vielfach werden Beziehuingsunfähige als Narzißt oder Egoist bezeichnet, das stimmt in der Regel nicht, weil die meisten keine Machtmenschen sind. Im Gegenteil, sie gehören eher der Beta-Kategorie an, da sie oft unter Machtmissbrauch von Eltern/Erziehern litten. Sie entwickeln dabei Charaktermerkmale, die einer innigen, verlässlichen, vertrauensvollen Zweisamkeit entgegen stehen: Perfektionismus, weil den Eltern nichts gut genug war, Unentschlossenheit, Zweifel und Unsicherheit, weil man nicht selbst entscheiden konnte und nicht lernte, eigene Entscheidungen selbstvertrauend durchzuziehen. Dazu Unkalkulierbarkeit, weil der unterdrückte Freiheits- und Selbstbestimmungsdrang nach der Elternzeit einen überwältigt. Typisches Beispiel: Im spontanen "Afterwork-Smalltalk" lässt man das Abendessen mit der gerade gestarteten "Großen Liebe" sausen.(Soweit zum Problemverständnis)

Lösungen: Beziehungsphobker haben Chancen zu einer erfüllenden längeren Beziehung, wenn sie ein Pendant finden, möglichst mit großen Schnittmengen gemeinsamer Interessen, Hobbies, Leidenschaften. Beziehungsphobiker sind keine Beziehungsarbeiter, sie kennen bei emotional sensiblen Problemen oft nur ihre "weiße Ansicht", Merken sie, der Partner fügt sich nicht, schalten sie auf "schwarz". Konkret, sie ergreifen die Flucht, reagieren sich ab bzw. ziehen frustriert davon. Meine Methode: Ich setzte mich in meinen Sportwagen und fuhr stundenlang "aus dem Staub" mit der Bemerkung: "Morgen früh kannst du mich um xx Uhr wecken". Ich entzog mich der nötigen Diskussion mit dem Partner. Nicht, weil ich nicht wollte, sondern weil das Vertrauen in mir selbst und meine emotionale und kommunikative Kompetenz fehlte, gemeinsam eine einvernehmliche Lösung anzustreben. bei solchen Defiziten sollten sich betroffene Partner früh outen und anfangs die Beziehung zumeist getrennt führen. Sie müssen immer und jederzeit den Selbstbestimmungs- und Unabhängigkeitsdrang des anderen einkalkulieren. Mann darf zunächst auch keine hohen Anforderungen aneinander stellen. Dazu sind regelmäßige Beziehungs-Statusmeetings" nötig, zu denen Pros und Contras auf den Tisch kommen und bei Bedarf geschäftsmäßig abgerarbeitet werden. Die meisten Phobiker können das, weil sie oft beruflich recht erfolgreich sind.
Soweit zunächst ein Betroffener mit Problemaufarbeitung. M 59
 
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  • #5
bei mir (m36) war die "Bindungsangst" schlagartig vorbei, als ich DIE EINE Frau getroffen habe.

Nicht jeder mit 26 leidet tatsächlich unter Bindungsängsten- man ist mit sich selbst noch nicht "fertig", hat eingentlich evtl noch nicht wirklich Lust auf eine feste Beziehung oder hat eben den -richtigen- Partner, der gut zu einem passt, noch nicht getroffen.

ich bin kein Freund davon... mit 26 zu sagen, "ich leide unter Bindungsangst"

Falls es bei dir so bleibt, lies weiter darüber, lass dir helfen, geh irgendwann wohin und sprich über deine Probleme!
 
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  • #6
Hallo FS!
Wenn du Jein gelesen hast, dann hast du auch gelesen, dass das nicht nur ein Software sondern auch ein Hardwareschaden ist. Du kannst mit dem Erkenntnisprozess der ganzen Welt nicht das Betriebssystem überschreiben, es ist wie es ist. Wenn das aus der ganz frühen Kindheit ist, ist die Hirnstruktur anders. Da hilft gar nichts. Nur damit leben. Und je schlimmer die Kindheit, desto schlimmer der Mensch. Das Hirn entwickelt sich nicht einfach, das Hirn ist ein Sozialprodukt.
 
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  • #7
Liebe FS,

ich habe jahrelang unter starken Bindungs-/Beziehungsängsten gelitten und es gab trotzdem ein Happy End (Status quo). Ich könnte dir seitenweise darüber schreiben. Hier nun die Kurzversion: Ich hatte eine Kurzbeziehung von wenigen Monaten Dauer mit 19, nach deren Ende kam ich jahrelang nicht darüber hinweg - dabei war mir die ganze Zeit klar, dass es dabei irgendwie gar nicht direkt um den Mann ging. Ich begann, nach Literatur für Betroffene zu fahnden, lernte immer mehr über mich dazu. Auf eine erneute Beziehung konnte und wollte ich mich jahrelang nicht einlassen, dafür war meine Angst, wieder verlassen zu werden und das nicht noch einmal zu überleben, viel zu groß. Ich machte innerhalb von sieben Jahren zwei Psychotherapien, von denen ich profitierte. Ende 20, nach 10 Jahren "Beziehungslosigkeit", fühlte ich mich stabil genug, mich wieder auf einen Partner einzulassen und kam mit jmd. zusammen. Leider lebte ich das klassische Muster der Beziehungsängstlichen (Fernbeziehung, "Eiertanz"/Nähe-Distanz-Spielchen, er selbst war auch nicht wirklich beziehungsfähig). Nachdem ich diese Verbindung nach Jahren gelöst hatte, ging es mir durchaus erst schlecht, was nach einem Beziehungsende ja völlig normal ist. Neu war, dass ich mir sicher war, dass ich darüber hinwegkommen werde, dass auf Regen auch mal wieder Sonnenschein folgen würde. Und wer weiß, vielleicht würde ich doch noch jemanden treffen, mit dem es klappte.
Den gab und gibt es tatsächlich. Ich ließ mich auf einen Mann ein, der erst mal nicht meinem klassischen Beuteschema entsprach. Er war sehr aufmerksam, liebevoll, mir zugewandt - alles Eigenschaften, die ich bis dahin nicht wirklich gut (v)ertragen habe. Aber ich ließ mich darauf ein - und genau das ist ein entscheidender, wenn nicht gar DER entscheidende Punkt gewesen:
Sich einlassen. Zulassen können. Gewohnte Pfade verlassen. Denn alle Selbsterkenntnis, die durchaus sehr wichtig ist, nützt dir nichts, wenn du altbekannte Muster nicht durchbrichst.
Alles Gute!
 
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  • #8
Ja, dazu müssen verschiedene Faktoren an einem Strang ziehen:

- Klärung der Verangenheit, Auflösung von etwaiigen Traumatas aus Kindheit und Partnerschaften/Affären, Psychologie Hilfe bei Missbrauchsvergangenheit, usw. (Bedarf einige Jahre Training)

- Bist du besonders schüchtern? depressiv? =Selbstbewusstsein- und Persönlichkeitssteigerung absolvieren.

- Hast du eine routinierte Arbeit? Um eine normale Partnerschaft führen zu können, ist oftmals eine berufliche Arbeit mitunter auch ein Anzünder, um sich selbstbewusst, gut, und bereit für das Leben zu zweit zu fühlen. Ansonsten können Depression oder das Gefühl: "ich bin sowieso nicht gut genug" folgen.

- die eigene Gesundheit darf nicht vernachlässigt werden. Ohne funktionsfähgien Körper kann man nichts im Leben machen. Alles beginnt also bei der eigenen Pflege um seinen eigenen Körper/Gesundheit. Damit meine ich nicht Sport, Kosmetika und Abnehmen, sondern sich selbst bewusst werden, sich was wert werden, sich selber lieben, um seine Liebe an andere Menschen (alle Art von Menschen) weitergeben zu können. Wer andere hasst, der hasst sich selber.

- vieleicht auch mal deine moralischen Werte überdenken. Affären sind tabu. Bringen dich nicht weiter und schwächen deinen Selbstwert, steigern Depressionen und Probleme.

- Interesse und Toleranz entwickeln und zwar für alle Art von Menschen und Lebewesen. Wer für gar nichts offen ist und vor allem Angst hat, der entwickelt eben Beziehungsangst.

- ein Lebensplan machen: wo willst du in 10 Jahren stehen? Mit welchem Mann an deiner Seite? Welche Schritte sind dafür nötig? Schreibe dir alles auf!

Du wirst vielleicht noch eine ganze Menge mehr Bücher lesen müssen, um die Ratschläge und Regeln zu verinnerlichen.
 
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  • #9
Man kann immer etwas ändern. Lies Clemens Kuby, da geht es ums Neuschreiben Deines Lebens. Es gibt so viele Methoden, um etwas zu ändern. EFT, Mentale Resonanz Methode, Katie Byron usw.

Man muss es nur tun und das ist meist das Problem. Bloss durch Denken oder Erkenntnise ändert sich nix. Es muss auf die emotionale Ebene sacken. Also einfach ist das nicht, aber geht alles.
 
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  • #10
Hallo FS!
Wenn du Jein gelesen hast, dann hast du auch gelesen, dass das nicht nur ein Software sondern auch ein Hardwareschaden ist. Du kannst mit dem Erkenntnisprozess der ganzen Welt nicht das Betriebssystem überschreiben, es ist wie es ist. Wenn das aus der ganz frühen Kindheit ist, ist die Hirnstruktur anders. Da hilft gar nichts. Nur damit leben. Und je schlimmer die Kindheit, desto schlimmer der Mensch. Das Hirn entwickelt sich nicht einfach, das Hirn ist ein Sozialprodukt.

So sehr ich ebenfalls davon überzeugt bin, dass die Kindheit einen Menschen sehr prägt, z.T. wahrscheinlich unveränderbar, so sehr stimmt mich andererseits immer die Beobachtung nachdenklich, dass die Bindungsängstler, die ich kenne (ich hatte mit 3 verschiedenen eine "Beziehung"), eine ganz normale Kindheit hatten, ganz normale Eltern, so wie ich und alle Menschen meiner Generation. Es ist keineswegs so, dass diese Männer nun in besonderer Weise durch ihre Kindheit traumatisiert gewesen wären. Kein Kind wächst doch in einer total perfekten Welt auf, jedes Kind erleidet, so gesehen, doch das eine oder andere Defizit und emotionale Verletzungen, entweder durch die Fehler der Eltern oder durch äußere Schicksale (Krankheit, Todesfälle in der Familie).
Die 3 Bindungsängstler, die ich wirklich gut kennengelernt habe, hatten wie gesagt eine ziemlich durchschnittliche Kindheit, ziemlich durchschnittliche Eltern. Warum haben die aber ausgerechnet eine so krasse Bindungsangst entwickelt, frage ich mich immer?
Andere Menschen, mit den selben "normalen" KindheitsTraumata entwickeln andere Macken und Störungen, ich nehme mich da nicht aus, aber warum manche so extreme Unfähigkeit, Nähe und Verbindlichkeit dauerhaft aushalten zu können?

w49
 
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  • #11
Das ist genauso eine Modestörung wie "Burnout" mit denen Leute, die zuviel Küchenpsychologie verinnerlicht haben, zu Therapeuten rennen.

Frauen die auf Loverboys hereinfallen, Männer die sich einbilden, halb so alte Frauen aus Osteuropa und den Philippinen würden sie lieben und sich ausnehmen lassen wie eine Weihnachtsgans, die haben alle keine Beziehungsangst.
Die meisten Menschen stürzen sich viel zu schnell ohne Netz und doppelten Boden in Beziehungen, sichern sich nicht ab, wegen grosser Liebe und dann landen sie abgebrannt und getrennt irgendwo und jammern über ihr Schicksal.

Sei froh, wenn du nicht so vertrauensselig in die Beziehungsfalle tappst. Das was du dir wegtherapieren lassen willst, dafür brauchen viele eine jahrelange Therapie gegen ihre abhängige, bedürftige, emotional-instabile Persönlichkeit und fallen dann doch wieder auf den nächsten Beziehungsgau herein.

Beziehungen mit gemeinsamer Kasse, gemeinsamer wirtschaftlicher Existenz sind genauso gefährlich wie sein Vermögen einem windigen Anlageberater anzuvertrauen.
Ein Keditprüfer sollte auch keine Therapie gegen sein Mißtrauen beginnen, denn dann waere er sicher bald arbeitslos wegen zu vieler Kreditausfälle.

Nichts ist wankelmütiger und unzuverlässiger als Gefühle, das hat sich halt bei den meisten herumgesprochen, sie sehen es in ihrem Umfeld, Familie, Arbeitskollegen, welches Elend zerbrochene Beziehungen verursachen, da ist VORSICHT gesund und normal.

Wirkliche Beziehungsphobiker gibt es kaum, das ist Bullshit.

Mich hat auch neulich ein junger Mann angerufen, der von seiner Freundin geschickt worden war und wollte eine Therapie gegen seine Beziehungsphobie machen, weil er mit 30 immer noch nicht heiraten will und viele seiner Freunde schon verheiratet sind, da habe ich ihm gesagt, das sei ein Zeichen dafür, dass er vernünftig ist, das sei i.d.R. keine psychische Störung und nicht therapiebedürftig (es besteht ja für ihn kein Leidensdruck, ganz im Gegenteil), da war er ziemlich verwundert, denn seine Freundin hat ihm eingeredet, dass er ein Phobiker ist, weil er nicht heiraten will. - Sicher findet er eine Kollegin, die dann an ihm therapeutisch herummurkst.

Und dann soll das noch die Krankenkasse zahlen zu Lasten der Solidargemeinschaft und Menschen mit wirklichen Problemen finden keinen Therapieplatz, weil Leute mit eingebildeten Lifestyle-Problemchen ihnen den Platz wegnehmen und viele Psychologen sich dafür nicht zu schade sind. Wenn die Betreffenden die Stunden selbst bezahlen müssen, dann geht es ihnen rasant besser und der "Leidensdruck" ist schlagartig verflogen

w
 
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