Liebe Fragestellerin!
Du schreibst, "Mittlerweile habe ich aber leider den Eindruck, dass viele Männer nicht mit diese eher intensiven Lebenseinstellung umgehen können und eher Angst vor mir haben." und ich muss leider zustimmen: Ja, so oder ähnlich kann es sein.
Erstens überleg Dir mal selbst, wie Dir umgekehrt vor Deiner Krankheit ein Mann vorgekommen wäre, der so intensiv gelebt hätte, über Himmel und Wind begeistert gewesen wäre und das irgendwie auch von Dir erwartet hätte. Gewiss hättest Du auch eine gewisse Inkompatibilität oder Überforderung empfunden.
Zweitens plädiere ich hier immer und immer wieder gegen die Unterstellung von "Angst". Menschen, die etwas nicht wollen, haben nicht zwangsläufig Angst, sie wollen es bloß nicht, sie mögen es nicht, schätzen es nicht, es überfordert sie, es erscheint ihnen unpassend, es stört sie. Das sind mögliche Ausdrücke, von denen auch nur der eine oder andere zutreffen wird, aber ausgerechnet Angst ist es nur ganz selten. Ich habe keine Angst vor Rauchern oder Männern mit Kind -- ich kann mir beides bloß absolut nicht als Partner vorstellen. Genauso werden die meisten Männer sich einfach nur an Deine Intensität stören und sich sagen, als Partnerin wäre die mir zu stressig.
Drittens ist es einfach ganz generell so, dass Partner mit ähnlicher Lebenserfahrung besser zusammenpassen. Du hast diesbezüglich wahrscheinlich einen großen Sprung gemacht und daher passen viele gleichaltrige Männer eher weniger zu Dir. Bedenke dabei aber, dass die Art Deiner Lebenserfahrung eben nicht durch reines Alter, sondern eben durch ähnliche Erfahrungen bezüglich des Wertes von Leben erreicht wird.
Mein Rat: Nimm Dich selbst etwas zurück. Gewiss weiß man das Leben nach so einer Grenzerfahrung besser zu würdigen und viele leben danach intensiver und schätzen auch kleinere Dinge. Aber Du stehst Dir damit leider auch selbst im Weg und musst wieder lernen, das Leben normal wahrzunehmen. Es wäre ratsam, Kleinigkeiten zu schätzen, aber sie zugleich auch als Kleinigkeit zu erkennen, und ebenso die für alle Menschen wichtigen, großen Dinge ebenso zu schätzen und als wichtiger (!) zu erkennen.
Derzeit scheint mir, Du suhlst Dich etwas in den ach-so-tollen Kleinigkeiten, Du überhöhst Deine eigene Intensität zu etwas ganz Tollem, aber in Wahrheit siehst auch Du eben bestimmte Maßstäbe verschoben -- nicht alle andere sehen es falsch und nur Du richtig, sondern Du musst Dich an den Gedanken gewöhnen, dass die Masse durchaus nicht ganz falsch liegt, sondern die Dinge so sieht, wie sie eben normalerweise gesehen werden.
Gut wäre, wenn Du erkennst, was einfach schöne Kleinigkeiten sind, diese aber auch als Kleinigkeiten im engeren Sinne betrachtest, und sie folgerichtig nicht überhöhst. Du wirst nur dann eine normale Beziehung führen können, wenn Du selbst wieder ein Stück in Richtung Normalität gehst.
Oder kurz gesagt: Dein Körper mag die Grenzerfahrung überstanden haben, aber Deine Seele muss noch heilen. Sie muss auch wieder gesund und normal werden. Dazu gehört eben auch, die Intensität wieder runterzufahren und sozialverträglicher zu werden.