Soll doch jeder so leben, wie er / sie es für richtig hält. Ich verstehe die Verallgemeinerungen von beiden Seiten nicht. Warum sollte es für alle Menschen eine gemeinsame Regel geben, wie sie sich bezüglich Treue verhalten? Wer so denkt, weiß über Menschen und deren Vielseitigkeit einfach verdammt wenig. Menschen unterscheiden sich noch in ganz anderen Dingen sehr stark voneinander.
Die Berufung auf "Artikel" und "Wissenschaft" bei dem Thema ist komisch. Treue ist eine Angelegenheit zwischen zwei Menschen. Muss man nun, um mit seinem Partner / seiner Partnerin über die Beziehungsgestaltung zu reden, Wissenschaftler heranziehen, die die eigene Position untermauern? Das bringt überhaupt nichts. Denn selbst wenn 99 % oder mehr der Menschen mit einem Lebensmodell glücklich wären, könnte ein Mensch sagen, er suche das 1 %. Damit sind alle "wissenschaftlichen" Argumente des Partners hinfällig -- der andere will es anders.
Ich halte Liebe für so komplex, dass konrete Vorstellungen an Treue oder Offenheit nicht das sind, woran ich denke, wenn ich nicht einmal verliebt bin. Ich liebe und leide auch lieber, als sicher, aber unintensiv zu leben. Das möge jeder für sich entscheiden, und es ändert sich auch von Lebensphase zu Lebensphase. Ich habe im Moment z. B. das Bedürfnis, ein großes Glücksgefühl, einen großen Kick wieder erleben zu wollen. Wenn andere dort hinein mangelnde Treue, Promiskuität, oder anderes interpretieren, ist das deren Sache. ICH möchte es so. Und ich weiß, dass sich das sehr schnell ändert, wenn ich eine Beziehung habe.
So richtig verstehen kann ich den Drang nach Untreue nicht. Aber ich bin mir dessen bewusst, dass ich nicht alle Gründe und Bedürfnisse überblicken kann, die Menschen irgendwann haben. Insofern würde ich mir nie herausnehmen, Untreue absolut auszuschließen.
Mir ist auch schon aufgefallen, dass die Menschen, die bestimmte Dinge kategorisch ausschließen, manchmal eine 180 Grad-Wendung hinlegen und dann ihre eigene Vergangenheit verleugnen. So etwas verabscheue ich. Z. B. Menschen, die eine wilde Vergangenheit hinter sich haben, dann merken, dass es für sie nicht das Richtige ist, und fortan einen Feldzug gegen wilde Sexualität starten. Oder auch allgemein Menschen, die sich Risiken, wie Genussmitteln hingeben, süchtig werden und nach der Überwindung der Sucht zum absoluten Asketen werden, oder fast zwanghaft, und sich über alles aufregen, was nicht diszipliniert ist. Solche Menschen können nicht akzeptieren, dass es verschiedene Wege gibt.