• #1

Die Online-Partnervermittlung als virtuelle Kneipe?

In einem SPIEGEL TV WISSEN Beitrag, der gestern ausgestrahlt wurde, diskutieren SPIEGEL-Redakteurin Annette Bruhns, ElitePartner-Geschäftsführer Jost Schwaner und Datingcafè-Chef Björn Walter über Partnersuche im Netz. Für Bruhns sind Online-Börsen virtuelle Kneipen. Hier bräuchte man starke Nerven, Humor und ein dickeres Fell, weil Körbe direkter ausgeteilt würden. Wie nehmen sie die Online Partnersuche wahr? Was sind Ihre Motive für die Teilnahme an einer solchen? Nach welchen Kriterien würden sie eine Börse auswählen?
 
  • #2
Ich finde, dass man virtuelle Suche überhaupt nicht mit der realen Welt vergleichen sollte und dass Vergleiche a la "ist wie Kneipe" grundsätzlich schiefgehen. Virtuell ist anders und sehr viele Teilnehmer können das auch korrekt einschätzen.

Virtuell ist zunächst anonym. Man hat Kontakte zu Menschen, die man nicht kennt und in den allermeisten Fällen auch nie kennenlernen wird. Dadurch zeigen viele Teilnehmer ihr wahres Gesicht und üben weniger Höflichkeit und Respekt. Das ist schade, zeigt aber nur den wahren Charakter dieser Menschen. Gut benehmen tun sich viele nicht, weil sie es im Herzen für nötig hielten, sondern weil es von ihnen erwartet wird und Zuwiderhandlung negativ auf sie selbst zurückfallen würde. Genau diese Aspekte entfallen in der virtuellen Welt und genau deswegen sind Menschen weniger höflich, sind sie gröber und respektloser, zu einem gewissen Teil aber auch authentischer und direkter.

Zweitens ist virtuell aber immer auch nur eine kleine Facette. Man sieht eine Selbstbeschreibung, ein statisches Foto, man lernt sich nur schriftlich kennen. Das zeigt natürlich sehr viel weniger, als wenn man sich noch so oberflächlich irgendwo live kennenlernt und Mimik, Gestik, Blick, Lächeln, Stimme zusätzlich wahrnehmen kann. Genau das erschwert allen Teilnehmern die Vorauswahl ganz beträchtlich. Manche bekommen weniger Chancen, als angemessen wäre, andere mehr, weil sie mit den paar Facetten positiv auffallen.

Drittens erscheint es nur so, als ob man virtuell öfter abgelehnt wird. In Wahrheit ist es so, dass man auch draußen maximal jeden 20sten als potentiellen Partner wahrnimmt und die allermeisten Menschen einfach vom Typ her nicht im Ansatz passen. Nur dass man mit all jenen auch gar nicht erst einen flirtiven Kontakt herstellt. Hier im Netzt dagegen wird zunächst eine einseitige Wahl getroffen und dann ein Korb kassiert, zu dem es real niemals kommen würde, weil man schon so merken würde, dass das eigene freundliche Lächeln nicht erwidert wird.

Ich stimme der These, dass man "ein dickes Fell bräuchte", aber ausdrücklich zu. Nicht wegen des Kneipenvergleichs, den ich für ziemlich abwegig und einfältig halte, sondern eben wegen der drei vorgenannten Punkte.
 
  • #3
Zur Wahl der Partnerbörse:

Eine Plattform zur Partnersuche kann gar nicht seriös genug sein. Wichtig ist, die Menschen aus der gefühlten Anonymität und damit verbundenen Rücksichtslosigkeit, Unhöflichkeit und Respektlosigkeit herauszuholen: Registrierung mit PostIdent-Verfahren, Überprüfung der Angaben Alter und Geschlecht, Erzwingen von niveauvoller Sprache in gut ausgefüllten Profilen, Freischalten der Bilder auf gegenseitiger Basis wären dazu wichtige Schritte, die leider noch keine Börse bietet.

Zweitens sollte die Benutzeroberflöche modern, komfortabel und elegant sein. Auch das verwirklicht derzeit quasi keine Börse. Überall werden eher Steine in den Weg gelegt und Komfort missachtet. Partnersuche muss bequem sein und Spaß machen. Bei allen mir bekannten Börsen verschwendet man jede Menge Zeit bei der Suche, weil einem geradezu künstlich wichtige Suchmöglichkeiten, Einstellungen und Informationen vorenthalten werden.
 
  • #4
@Frederika: Vielen Dank für Ihre Impressionen. Als kleine Randnotiz möchte ich zu dieser Diskussion auch auf die Sonderausgabe "Liebe" SPIEGEL WISSEN 2/2012, in der ElitePartner in diversen Artikeln thematisiert wird hinweisen. Ein spannendes Thema! Wir freuen uns auf weitere Antworten!
 
G

Gast

Gast
  • #5
Humor und ein dickes Fell hilft bestimmt bei Online Partnerbörsen. Der Vorteil der Online Partnerplattformen ist, dass alle (oder wenigstens die meisten) einen Partner suchen. Der Nachteil ist, die Mitglieder checken die anderen Mitglieder auch genau nach diesen Kriterien, wobei die Auswahlkriterien oft sehr hoch angesetzt werden (manchmal auch höher als was man selber zu bieten hat). Man geht viel weniger unbefangen mit dem Thema um als im richtigen Leben. Wenn ich im richtigen Leben an einen Anlass gehe, dann nicht mit der Absicht, einem potentiellen Partner zu begegnen und unterhalte mich ungezwungen mit allen möglichen Leuten. Da kann es durchaus passieren, dass ich einem sehr interessanten Menschen begegne, den ich in der Menge gar nicht wahrgenommen hätte. Im Internet dagegen ist ein Katalogverhalten zu beobachten: man schaut die Fotos und die Beschreibung und entfernt, was nicht in die Idealvorstellung passt. Sicher gibt es Äusserlichkeiten, die einen nicht ansprechen, dann ist es auch ok, wenn man keinen Kontakt aufnimmt. Aber ich bin sicher, dass Online Partnerbörsen vor allem Börsen verpasster Chancen sind, weil die Mitglieder sich viel zu sehr einschränken und zu wenig offen die Möglichkeiten wahrnehmen, die sich hier bieten. Schade eigentlich.
 
  • #6
Ich benutze auch gern die Metapher, daß das soziale Internet ein virtuelles Caféhaus ist. Bei Partnerbörsen kann es sicher zugehen wie in der Kneipe, aber es hat jeder selbst in der Hand, ob er sich darauf einläßt oder ob er die anderen Optionen, die Partnerbörsen bieten, nutzt. - Ich gehe ja auch nicht in eine Ü30-Disco, um den Mann fürs Leben zu treffen.
Partnerbörsen sind eine "Menschensuchmaschine". Was bedeutet, um den richtigen Treffer zu erzielen, sollte man vorher genau wissen, was man überhaupt sucht und was einem weiterhilft. Das ist wie im Netz sonst auch. Gib ein allgemeines Suchstichwort ein "Sex" oder "Geld" und du hast erst mal alles, auch die Seiten, die dir einen Virus auf den Rechner setzen. Verfeinere deine Suche und lerne zu erkennen, welche Seiten seriös sind und welche nicht und schon bist du schneller und erfolgreich bei der Suche.
 
  • #7
@5: Ein gutes Sucherergebnis erhält man, indem man möglichst spezifisch sucht. Wenn man mit Allgemeinplätzen sucht, z.B. "jucken", "kratzen", dann findet man zu viel. Wenn man mit den Kriterien sucht, die am wahrscheinlichsten am seltensten vorkommen und am genauesten treffen, z.B. "Morgellons" (Krankheit), dann kommt man schneller voran. Aber selbst wenn man mit der "Menschensuchmaschine" nun einen Mechanismus gefunden hat, mit dem man über einen einzigen Klick eine perfekte Trefferliste erhält, ist die Online-Vermittlung anders.

Sie bietet zumindest die Möglichkeit, anders zu sein als die Realität.

Wer sich hingegen an diesen Vergleich des virtuellen Cafés und diese Wort- und Gedankenwahl hält (unsere Gedanken erschaffen die Welt), der wird in der virtuellen Welt nur genau das tun, was er in der realen Welt auch tut, z.B. nach dem Äußerlichen gehen, nach dem Foto und nach den "technischen" Angaben wie Beruf, Kinder etc.

Der wird nicht erkennen, welche besonderen Möglichkeiten bei der Online-Partnersuche existieren, nämlich, sich nicht erst vom Äußeren des Gegenüber allein oder vorwiegend beeindrucken zu lassen, sondern vielmehr auf das Innere zu sehen, was am Ende für eine langfristige Beziehung entscheidend ist.

Er wird nicht lange die schriftliche Kommunikation suchen, denn er will ja keine "Brieffreundschaft", sondern er wird unmittelbar den realen Kontakt suchen und er wird sich auch nicht selbst ausführlich darstellen, sondern nur ein ganz knapp ausgefülltes Profil hinterlassen. So verhalten sich in meiner Wahrnehmung die meisten und verpassen damit unwiderbringliche Chancen.
 
  • #8
Hier bräuchte man starke Nerven, Humor und ein dickeres Fell, weil Körbe direkter ausgeteilt würden.
Stimmt ! - Hier gehts schnell, knallhart und direkt. Schwer für gefühlsbetonte Sensibelchen. Man erfährt ggf. sogar, was die Leute wirklich (von Einem) denken.

m.E. sucht m.o.w. die Hälfte per Singlebörsen gar keinen ernsthaften Partner. Sondern nur Gesprächs- oder Sexpartner.

Der Chat scheint für viele Frauen das Wichtigste zu sein ?
Ich beobachte, daß manche neu angemeldete Frauen (in anderen SB.) sofort und ausgiebig am chatten sind. Wie denn das, obwohl ganz neu ? Mit anderen Leuten sich abgesprochen ? Oder sich sofort blindlings in den Chat gestürzt ?
Chat = virtuelle "Kneipe" oder "Cafè".

Ich habe vereinzelt Frauen online in SB getroffen, die wirklich nur Gesprächspartner in SB suchen. Und entweder keinen Partner suchen, oder bereits Einen haben. Aber dies immerhin gleich in ihrem Profil nennen.

In SB kommen mir manchmal Zweifel, ob jeweils diese Frau überhaupt einen Partner will ?
Oder das Ganze nur vortäuscht, um dabei zu sein ?

Mir scheint immer mehr, daß für viele Frauen die Männer nur "Spielzeug" sind ?
Und ernsthaft -auf gleicher Augenhöhe- nur Frauen als Gesprächspartner akzeptieren ?

(Ironie an)
Irgendwann werden die Betreiber von Singlebörsen ggf. die letzten Naivlinge sein - die glauben, daß die Teilnehmer auf ernsthafte Partnersuche seien ?
 
G

Gast

Gast
  • #9
Was will man erwarten? Ich finde des Verhalten und die Einsellung der meisten Nutzer von SB sehr fragwürdig. Bevor ich nicht weiß wie die Menschen Real ticken mach ich mir keine Gedanken über deren Charachter. Wenn die keinen sie müssten mir ihre Meinung über mich mitteilen, sollen sie interessiert mich nochmal die Bohne. Ich will mit Menschen agieren nicht ewig vorm pc hocken und dann nur ein kleines womöglich falsches Bild über einen Menschen haben.

SB bringen nichts außer Frust und ein komisches Gefühl. Ich war sehr aktiv und hab sehr viel zeit investiert nicht mal lose Bekanntschaften konnte man dann pflegen. Das verhalten vieler war leider sehr Grenzwertig, respektlos und unverschämt. Im realen sind mir solche Dinge noch nie passiert.
 
G

Gast

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  • #10
SB bringen nichts außer Frust und ein komisches Gefühl. .

Es kommt eher darauf an wie man an die Sache herangeht und welche Vorstellungen man dazu hat.Oft habe ich den Eindruck, dass hier manche so Realitätsfremd sind mit ihren Ansprüchen und dadurch ergibt sich der Frust und aus diesen Frust werden die Ansprüche nochmals gesteigert bis ins Uferlose. Meine Ex die ich via SB kennengelernt habe, hat dies in meinen Augen so treffend gesagt.Wir sind alle keine Modells oder Schauspieler sondern nur 08/15 Menschen. Dies scheint aber vielen in den SB nicht bewusst zu sein und aus dieser Fehleinschätzung baut sich der Frust auf.m,48
 
  • #11
SB bringen nichts außer Frust und ein komisches Gefühl.
Kann ich nicht bestätigen. Wenn man weiß, was man will, sich selbst realistisch einschätzt und etwas Menschenkenntnis hat, können Singlebörsen, genauso wie andere soziale Medien, ein gutes Tool sein.
Wobei es auch auf den Einzelenen ankommt. Es gibt Leute, die sind im RL so präsent und kontaktfreudig, daß sie garnicht bis in die Singlebörse kommen.
 
  • #12
Ich kann das schon verstehen, dass SB´s einen frustrieren können. Ich kann mich noch gut an meinen ersten Kontakt/Date 2009 erinnern. Vor mir stand da ein ganz anderer Mensch als in den Nachrichten und den langen Telefonaten. Ich hab da versucht die Stimmung behutsam aufzulockern, eigentlich hätte ich nach einer Stunde gehen sollen, das Gespräch lief dann aber auf einem guten Level. Da ich noch ein zweites Treffen wollte, hab ich nachgefragt, die Antwort kam einen "jüngsten Gericht" gleich. Völlig Respektlos, frech und teils unter der Grütellinie.

Alle anderen Kontakte waren so lauwarm bis kalt, auch bei den Treffen. Den letzten langen Kontakt den ich hatte war dann tja wie soll mans sagen, echt super, aber dann... nunja...

Meine Ex die ich via SB kennengelernt habe, hat dies in meinen Augen so treffend gesagt.Wir sind alle keine Modells oder Schauspieler sondern nur 08/15 Menschen. Dies scheint aber vielen in den SB nicht bewusst zu sein und aus dieser Fehleinschätzung baut sich der Frust auf.

Da hat sie Recht! Allerdings solltest du es dir anderen ersparen in dem Punkt zu kritisieren. Jeder sucht das was er will bzw. braucht. Im Realenleben hat man mehr ein Gespür für solche Dinge, als in Singelbörsten. Ich finde Frederika beschreibt das sehr treffend.

Persönlich kann ich mit Körben leben, die Art und Weise wie sie via Online rüberkommen, hör auf das würd sich von Angesicht zu Angesicht niemand trauen oder schon gar nicht daran denken. Die Interaktion via Singelbörse ist total unflexibel, du bekommst so einen kleinen Bruchteil vom Gegenüber mit dass du dich darauf nicht verlassen kannst, ob das auch den Tatsachen entpricht. Das geht erst wenn man lange in Kontakt ist, oft kommt es gar nicht dazu.

Zum Ansprechen sind Singelbörsen ok, fürs Kennenlernen völliger Quatsch und meiner Erfahrung eher kontraproduktiv. Was ist daran so schlimm, einen Menschen für eine Stunde zu treffen und zu sehen wie er in seiner ganzen Persönlichkeit wirkt. Nein da wird lieber Stundenlang gechattet und 100 von Nachrichten geschrieben, ewig telefoniert. Und am Ende kommt absoluter menschlicher Mist von beiden Seiten heraus.

Mit der Zeit frustriert diese Tatsache und nicht das man keinen Partner findet, ging mir auch so. Mittlerweile stell ich gegenüber meinen Kontakten recht schnell klar was ich darüber denke. Klingt vllt hart oder überzogen in dem Punkt lass ich auch nicht mehr mit mir diskutieren. Wer möge der folge, wer zögert der darf das, wer stehenbleiben will darf das auch. Für mich der beste Weg, auch wenn so Kontakte plötzlich weg sind.
 
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