Ich denke auch, daß erst mal geklärt werden muß, über was genau wir reden und wozu denn "sich wohlfühlen" reichen soll?
Insofern schließe ich mich Frederika an. Sich wohl fühlen ist absolute Grundvoraussetzung, um eine Beziehung überhaupt erst einzugehen und das gilt natürlich für die Schließung einer Ehe oder das Gründen einer Ehe umso mehr. Und natürlich gibt es einen eklatanten Unterschied in der Art und der Qualität des sich-Wohlfühlens innerhalb einer Partnerschaft im Gegensatz zum sich-Wohlfühlen innerhalb der Familie, mit Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen usw.
In einer Beziehung muß natürlich noch sehr, sehr viel mehr zum sich-wohlfühlen dazukommen . Denn wenn es irgendwann mal zu schlechten Zeiten, zu einer Krise o.ä. kommt, dann fühlt man sich vielleicht eben gerade nicht besonders wohl mit sich alleine und dem Partner. Dann muß ein solides Fundament da sein wie eine ähnliche Lebensanschauung, kompatible Charaktere, bereits gemeinsam Erlebtes (Positives wie Negatives), ein gemeinsames Ziel und der unbedingte Wille sowie die Fähigkeit, auch in schweren Zeiten zueinanderzustehen. Wohlfühlen alleine kann - vor allem in schweren Zeiten - keine Partnerschaft tragen.
Aber die Psychologin hat dennoch nicht ganz Unrecht, finde ich. Ich glaube, gerade für Leute, die auf einer Singleplattform unterwegs sind, könnte dieser Rat sehr gut passen. Denn oft sind es überhöhte Ansprüche und mangelnder Mut zum Risiko, die dazu geführt haben, daß man hier gelandet ist. Mitunter liest man hier von unrealistischen, überzogenen Ansprüchen. Vielleicht ist jeder einzelne Aspekt berechtigt aber die Summe der Ansprüche ist dann kaum realisierbar - ich spreche da aus eigener Erfahrung.
Zum anderen suchen viele wohl nach etwas total abstrakt-überhöhtem, von dem sie glauben, das sei Liebe. Unsere Vorstellungen von der Liebe sind ja oft total weltfremd und verzerrt durch diverse Liebesfilme usw. Ich will an einem Beispiel deutlich machen, was ich meine:
Ich mußte beim Lesen der o.g. Frage und der Antworten an eine alte Schulfreundin denken. Während der Schulzeit und des Studiums hatte sie ein paar Beziehungen, deren Qualität ich nicht richtig beurteilen kann, weil wir uns während des Studiums kaum noch gesehen haben. Es waren aber nie besonders lange Beziehungen, die längste dürfte höchstens 2 Jahre gehalten haben. Wenn sie Single war, war sie alle Nase lang in einen anderen verliebt - auf mich machte sie diesbezüglich einen wenig ernsthaften, wechselhaften, unausgegorenen Eindruck.
Dementsprechend skeptisch war ich, als ich irgendwann zu ihrer Hochzeit eingeladen wurde. Sie war zu dem Zeitpunkt im 3. Monat schwanger - geplant. Ich war sowohl bezüglich der Hochzeitspläne wie auch des Kindes äußerst skeptisch. (Ich kannte den Verlobten nicht, ich war skeptisch wegen ihrer wechselhaften, launigen Art, die ich von ihre kannte.) Als ich sie fragte, wie das mit den Heiratsplänen denn gekommen sei, sagte sie nur, sie habe mit ihrem Freund schon eine Weile zusammengewohnt, was erstaunlich gut geklappt habe. Eines Tages habe er sie während einer alltäglichen Situation gefragt, ob sie ihn heiraten wolle und sie habe spontan "ja" gesagt.
Ich fand das alles recht fahrlässig und - so schien es mir - zu wenig durchdacht. Es entsprach einfach nicht dem, was ich mir unter dem vorgestellt hatte, was ich zum Heiraten und einer Familiengründung unerläßlich fand. Ich war mir sicher, daß das nicht lange gutgehen würde. Ich bin zwar nicht auf dem neuesten Stand aber diese Ehe hat zumindest schon 5 Jahre Bestand, was somit schon mal länger ist als viele Ehen und Beziehungen. Und wenn sie dennoch irgendwann scheitern sollte, dann ist das halt so.
Ich glaube, daß ich mir von dieser Freundin eine Portion Mut zum Risiko hätte abschneiden sollen / abschneiden sollte. Denn ich selbst bin jemand, der alles von links nach rechts und von oben nach unten herumdreht und erst alles analysieren und kalkulieren will, bevor er ein Risiko eingeht. Im normalen alltäglichen Leben bin ich eher spontan und unkompliziert aber wenn es um Partnerschaften, Ehepläne oder Kinderkriegen geht, habe ich wohl zu viele Skrupel und Bedenken. Vor lauter Bemühung, Risiken abzuwägen und einzuschätzen, läuft man jedoch Gefahr, ein Risiko erst gar nicht einzugehen. Das Ende vom Lied könnte somit z.B. sein, irgendwann endgültig kinderlos dazustehen, obwohl man doch eigentlich Kinder wollte.
Was ich sagen will: Vielleicht sollte man viel öfter fragen, ob man sich wohl, geborgen und vertraut mit seinem Partner fühlt. Kann man das guten Gewissens bejahen, so ist es vielleicht angebracht, sich auch auf das nächste Wagnis einzulassen. Schiefgehen kann es immer, eine Garantie hat man nie. Das ist kein Plädoyer für die Fahrlässigkeit und den Leichtsinn aber für eine gesunde Portion Mut zum Risiko.