Ich kann hier gerne ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern, vielleicht hilft das ja ein bisschen, die unterschiedlichen Erwartungshaltungen und Ängste etwas besser zu verstehen.
Meine Freundin hatte damals einen 6 Wochen alten Sohn mit in die Beziehung gebracht. Wir waren Beide Anfang bis Mitte zwanzig. Ich bin da eigentlich auch ziemlich blauäugig rangegangen. Wie blauäugig wurde mir schnell durch diverse Kommentare von Seiten ihrer Familie und ihrer Freundinnen, die ebenfalls größtenteils alleinerziehend waren, klar. Ich durfte mich ständig mit Altlastensprüchen wie "Männer tragen ja eh alle keine Verantwortung" und Drohungen wie "Die Beiden gibts aber nur im Doppelpack!" etc. herumschlagen. Habe ich damals nicht recht verstehen können, weil mir zumindest Letzteres ja durchaus klar war.
Wir haben von vornherein alles zu dritt unternommen: Ausflüge, den ersten Urlaub, gemeinsame Übernachtungen, und natürlich auch zuhause bleiben, anstatt auszugehen. Die nicht durchschlafbaren Nächte habe ich ebenso miterlitten, wie die ersten Kinderkrankheiten, Windeln wechseln, Fläschchen geben, Kind beruhigen, mütterlichern Vereinsamungsfrust aufgrund des Babyjahres ertragen und noch einiges mehr.
Sprüche wie "Ich habe ja schließlich ein Kind und kann jetzt nicht mehr so sorglos leben" habe ich beinahe täglich gehört. Rein präventiv natürlich, weil ich ja irgendwann etwas hätte sagen können. War schon eine etwas heikle Gesamtsituation.
Gleichzeitig kam dann der Stress mit ihrer Scheidung, der Streit um das Sorgerecht, Schikanen des Ex - und irgendwie hatte ich ständig das Gefühl, dass alle Augen um uns herum auf mich gerichtet waren, in der Erwartung, ich würde nun endlich alles richten.
Was definitiv gefehlt hat, war die Phase der anfänglichen Zweisamkeit, das Zusammenwachsen, das Erleben von zusammenschweißenden Insider-Momenten, das Unbesorgtsein.
Auch wenn wir uns in Fragen der Erziehung ziemlich ähnlich waren, hatte ich im Endeffekt doch kaum Mitspracherecht. Kindergarten, Schule, Oberschule, Konfirmation - alles wurde ausschließlich und im Alleingang von meiner Partnerin entschieden und geregelt. Ich wurde bestenfalls nachträglich über ihre Entscheidungen informiert.
Die reine Kumpelnummer war leider nicht praktizierbar, weil sie irgendwann den Eindruck hatte, sie würde mit ihrem Sohn immer nur meckern und die Rolle des Buhmanns allein ausfüllen. Nach ausdrücklicher Aufforderung, auch mehr zu meckern, wurde mir dann schnell vorgeworfen, doch nicht dauernd mit ihrem Sohn zu schimpfen. Es wäre ja schließlich nicht mein Kind, und ich hätte im Grunde genommen ja auch gar keine Ahnung, was es heißt, ein Kind allein großzuziehen. Tolle Situation.
Materiell hatte diese Konstellation natürlich auch ihre Auswirkungen: Familienvan statt Cabrio, Zuschlag für ein drittes Bett in jedem Urlaub, Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke, diverse Dinge zwischendurch, Verreisen nur innerhalb der teuren Schulferienzeit, Auto- statt Motorradtouren etc.
Ihr Wunsch auf ein weiteres gemeinsames Kind hielt sich übrigens ebenfalls im eher bescheidenen Rahmen, sie hatte ja immerhin "ihr Soll" bereits erfüllt. Im Klartext hieß das: Wenn ich noch ein gemeinsames Kind wollte, hätte ich im Alleingang für Haus, materielle Sicherheit, Kinderbetreuung etc. sorgen müssen. Dann hätte sie sich unter Umständen zu einer weiteren Schwangerschaft bereit gefunden.
Nach 15 Jahren kam dann die Trennung. Sie hatte übergangslos einen Neuen, ihr Sohn fand den dann auch (nach ihrer Aussage) ganz toll (immerhin hat er ihm gleich mal seine Playstation nebst Fernseher und Hifianlage abgetreten) und ich habe seitdem (das ist nun knapp 9 Monate her) weder von ihr noch von ihrem Sohn je wieder etwas gehört.
Das klingt nun alles vielleicht ein bisschen sehr negativ, aber natürlich gab es auch sehr viele tolle Momente mit Kind in der Beziehung. Fazit ist allerdings, dass ich mit nunmehr knapp über 40 Jahren noch immer (bzw. jetzt wieder) ohne Kind dastehe.
Ob ich mir das alles mit einer neuen Partnerin noch einmal antun würde? Ich weiß es nicht.
Aber man soll ja niemals nie sagen ;o)
deBaer