Ich war 6 Jahre lang von Beginn bis kurz nach Ende meines Studiums mit einer Kommilitonin zusammen, die in ihrer Kindheit und Jugend mehrfach missbraucht und auch mehrfach (von Ex-Freunden und Bekannten, die sich sexuell etwas von ihr erhofft hatten) schwer misshandelt worden war. Sie litt an zwanghaften Anfällen von Selbstverletzung, Bulimie und Alpträumen.
An diesem grundsätzlichen Problem litt dann auch die ganzen Jahre hindurch unsere Beziehung, und als sie sich endlich dazu durchgerungen hatte, sich einer Therapie zu unterziehen, war ich bereits Teil des Problems geworden. Das heißt nicht, dass ich sie ebenfalls misshandelt hatte - ich war bloß so unklug gewesen, mir zuzutrauen, meine liebevolle Zuwendung könne vielleicht
ihre Wunden heilen. Ich habe, weil sie sich weigerte, eine Therapie einzugehen, immer wieder selbst versucht, mit ihr darüber zu sprechen, was ihr passiert war - meist auch noch ausgerechnet dann, wenn sie sowieso gerade an einem Trauma-Rückfall litt.
Inzwischen assoziierte sie mich mit ihrem Trauma, konnte sich mir seelisch und körperlich nicht mehr öffnen, und unser Intimleben starb ab. Ihr wurde der therapeutische Rat erteilt, sich von mir zu trennen, und obwohl meine Welt zusammenbrach, als sie mir ihre Entscheidung gestand, stimmte ich ihr doch von Herzen zu. Denn lieber gönne ich ihr eine Aussicht auf Heilung, als eben dieser weiterhin im Wege zu stehen.
Ich kann nur alle Frauen da draußen, die so etwas Schreckliches erleben mussten, von Herzen darum bitten - sowohl euch selbst, als auch euren potentiellen zukünftigen Partnern zuliebe solltet ihr unbedingt in Erwägung ziehen, euch eine Therapie zu suchen. Das ist schwierig und zeit- sowie kostenintensiv, aber keine Liebe der Welt wird eure Wunden heilen, wenn ihr sie nicht zuerst von einem Fachmann öffnen und verarzten lasst. Erst muss der Dreck aus den Wunden, sonst heilen sie niemals.
So eine traurige, zum Scheitern verurteilte Liebesbeziehung wie die meine wünsche ich niemandem. Selbst wenn ich daraus als besserer Mensch herausgegangen bin.
An alle Betroffenen, die sich hier zu Wort gemeldet haben: Ihr habt mein tief empfundenes Mitgefühl.