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Richtig. Und dieses Bedürfnis musst du manchmal auch im Zusammenleben mit dem "Herzensmenschen" wegpacken, wenn er andere Bedürfnisse hat als du. Ich habe zum Beispiel in den zwei Jahren, die ich mit meinem Liebsten in einer Wohnung wohnte, keinen einzigen Morgenkaffee mit ihm getrunken, weil für ihn die Zigarette dazu obligatorisch war, und schweigendes Wachwerden. Ich vertrage keinen Rauch, meine Kinder auch nicht.Man muss des öfteren im Leben sein Bedürfnis nach Nähe wegpacken. Das wird Dir jeder Single, jedes Wochenend-Elternteil bestätigen, und trotzdem wird sie sich kaum dem Erstbesten an den Hals werfen, nur weil er Umzugskartons dabei hat.
Auch bildet ein Urlaub keinen Alltag ab: Wenn die Kinder mit dem neuen Partner Probleme bei der Aufteilung z.B. der Haushaltspflichten haben, stehst du immer zwischen den Stühlen, egal, welche Sachmeinung du eigentlich vertrittst. Was in nativen Familien genauso vorkommt, aber in Patchwork-Verbindungen plötzlich anders interpretiert wird, von allen "Konfliktparteien", als Liebesentzug, Bevorzugung, Bevormundung, Einmischung etc.. Nichts von dem, was bei uns vorkam, hatte ich "weniger schlimm" in meinem Nicht-Scheidungs-Elternhaus erlebt- aber die (eigentlich unbeteiligte) Dritte im Bunde steht bei Patchwork immer mehr in der Vermittlungspflicht. Da ist es auch für die Nähe-Liebendere ein anderes, rudimentäres Bedürfnis, einen konfliktärmeren Weg zu wählen. Ich finde die Entscheidung der Freundin des FS klug.
In der gemeinsamen Wohnung hatte ich wöchentlich zwischen meinem Partner und der Großen vermitteln müssen, konnte es beiden nicht recht machen, bekomme heute noch Vorwürfe von meiner Großen, mit der mein Verhältnis so inniglich eng war, bevor wir es in der Patchwork-Wohnung zusammen versuchten.
Jetzt haben mein Partner und ich getrennte Wohnungen, untereinander, die körperliche Nähe können wir uns trotzdem jederzeit holen, aber jeder hat seinen Bereich, meine Kinder haben bei mir die gewohnten und Eifersuchts-frei (in Bezug auf den Partner, unter den Geschwistern knallt es trotzdem manchmal) ausgehandelten Spielregeln, in seiner Wohnung seine- alles "ziemlich gut". Und Perfektionismus brauche ich ja nicht