Jetzt muss ich leider thematisch etwas ausschweifen:
Wie die Menschen wirklich sind... lässt sich im schnelllebigen Internet gar nicht für jeden Einzelnen darstellen, denn jeder einzelne von uns hat einen individuellen Hintergrund, der sich aus allen möglichen Lebensbereichen zusammensetzt (Elternhaus, Berufstätigkeit, Partnerfindung etc).
Ein willkürlich herausgegriffenes, selbstverständlich rein hypothetisches Beispiel:
Wie wird eigentlich ein Mensch beeinflusst, der schon einmal eine mündliche Absage vom potentiellen neuen Arbeitgeber erhalten hat mit der Begründung, der vorige Arbeitgeber hätte sich negativ geäussert (schriftlich wollte das natürlich nicht zum Ausdruck gebracht werden...)? Was soll man von so einem Verhalten in dieser Gesellschaft halten?
Moritz Frhr. Knigge (der Name steht für Höflichkeit wie das Tempo für Taschentuch...) sagt sinngemäß im Interview:
"Wenn etwas auseinandergeht, sind immer beide daran schuld, auch wenn einer versucht, sich Absolution zu holen für schuldfreies Verhalten. Jeder soll Verantwortung tragen für sein Verhalten. Es helfen Strategieen wie z. B. GFK (gewaltfreie Kommunikation = die Dinge aus der Ich-Perspektive schildern ohne den anderen anzugreifen)."
Bsp: Er verabschiedet sich schleichend aus der "Beziehung" indem er weiter online aktiv ist und ihr zeitgleich eine Geschichte aus dem Freundeskreis erzählt, wo sich ein Päärchen trennt und erwartet, dass sie es versteht. Später bemerkt sie seine Weitersuche und teilt ihm mit, dass es sie sehr verletzt, wenn er online weitersucht und wird schließlich doch sehr schäbig von ihm abgekanzelt.
Was ist hier höflich? Was entspricht hier GFK? Wer trägt mehr Verantwortung am Scheitern?
Aus den entsprechenden Gefühlslagen resultiert doch das Verhalten: Höflich oder nicht, verständnisvoll oder nicht, im Fehlverhaltensfall fähig zur Entschuldigung oder nicht etc.
Im kritischen (Streit)fall drücke ich mich gerne so aus: "Ich glaube, ich habe mich missverständlich ausgedrückt" statt "Du hast mich nicht verstanden". Streitkultur denke ich habe ich durchaus für mich entwickelt. Ich bevorzuge das persönliche Gespräch, nicht das Telefonat. Wo das nicht möglich oder gewollt ist, greife ich auf handschriftliche Briefe zurück (auf diese Art habe ich mich übrigens auch entschuldigt - der andere sich nicht, das nur nebenbei... Preisfrage: Wer ist jetzt höflicher...?)
Diese Form der Streitkultur habe ich an anderer Stelle hier im Forum schon einmal sehr ausführlich beschrieben.
Verantwortung: Können z. B. die Medien verantwortlich sein/gemacht werden für z. B. mobbingähnliche Zustände (sieht man ja oftmals in Unternehmen)? Könnten die Medien nicht genauso dagegenarbeiten, damit solche Zustände nicht überhand nehmen? Ja, sie tun es.
ABER: Leider werden die entsprechenden Themen und Beiträge nur von Menschen aufgenommen, die sensibel genug sind, zu reflektieren. Welchen Einfluß haben die Medien in dieser komplexen Fragestellung zum Thema "Höflichkeit"? Die Bedeutung "Zensur" ist ja schon selbsterklärend - manche Beiträge werden angeblich im Sinne der Verantwortung nicht veröffentlich, manche schon... Das Forum ist auch ein Medium.
Nachhaltigkeit: Erkenntnisgewinn und Selbstkritik ist nicht möglich bei Menschen, die sich nur berieseln lassen und zu jedem Thema sagen: "Oh ja, die haben Recht" aber es selbst nicht transferieren. Jeder einzelne kann nachhaltig und erkenntnisreich sich Verantwortungen stellen. Die wenigsten tun es, sondern bedienen sich des Internets ohne nachzudenken.
Diese Botschaft kommt von der gemeinnützig tätigen #7, die unhöflich ist und einen "schlechten Charakter" hat.
P.S: Ich denke, andere, die nicht so selbstkritisch sind, haben es dringender nötig, vor der eigenen Tür zu kehren. Das sind aber leider auch die unsensiblen, die nichts verstehen und alles plattmachen. SO sind die Menschen wirklich - nicht nur hier in der Anonymität, sondern leider auch im RL.
@FS: Wirklich eine sehr gute Frage... weiter so! Nach meiner Erfahrung sind diejenigen, die sich immer schön politisch korrekt verhalten auch diejenigen, die am wenigsten Nachteile zu spüren bekommen (im Gegenteil: In einem konkreten Fall sogar mehr Vorteile als Nachteile!).
Hier steht m. E. "Zivilcourage" gegen "Politische Korrektheit."