@ 35, Frederika:
Du schreibst: " Wieso es bereichernd sein soll, eine Störung behandeln haben zu lassen, die andere gar nicht erst haben, bleibt mir schleierhaft...Der Beitrag stellt Therapieerfahrung nicht als akzeptabel dar (die Meinung kann ich problemlos teilen), sondern sogar als gut (das halte ich für fehlgeleitet)..."
tja, das kannst du eben nicht ermessen, weil du die Erfahrung einer Therapie nicht hast, Frederika. Das ist ja ok. Sei froh, dass du bisher keine Nöte hattest, die eine Psychotherapie erforderlich machten. Dabei ist dir aber auch entgangen (weil das nur erfahren wird in der Erfahrung damit, so ist das nun mal), dass nicht nur eine sog. Störung behoben wird, sondern darüber hinaus, ein Kennenlernen der eigenen Persönlichkeit, der Tiefenschichten der Seele, der unbewussten Handlungs- und Reaktionsmuster, der verborgenen Bedürfnisse und Visionen, der verdrängten Gefühle usw. stattfindet, was eine integrative und er-ganzende Wirkung für den Menschen hat, der sich einer Therapie unterzieht.
Darüber hinaus wird eine Achtsamkeit und differenzierte (Selbst-)Wahrnehmung gefördert und gepflegt, die für den Rest des Lebens erhalten bleibt, sofern das (nach Therapieende) weiter geführt wird.
Und obendrauf erhält man innerhalb der Therapie ein Instrumentarium zur Selbstunterstützung, Affektkontrolle, Distanzierung u.v.a.m. das ein Leben lang anwendbar und äußerst nützlich ist.
Die erschlossenen Dimensionen der Persönlichkeit, was der Be- und Verarbeitung einer Störung diente, bleiben erschlossen und bewusst und DAS beispielsweise ist ein Gewinn der - neben der Behebung der Störung - lebenslang erworben bleibt, das Bewusstsein weitet und das alltägliche Erleben bereichert. Immer vorausgesetzt, die Therapie wurde von einem Profi begleitet, nicht auf halber Strecke abgebrochen, sondern regulär beendet.
Ja, das alles bleibt für immer und bereichert den, die/der diese "Arbeit" (Therapie ist nicht immer lustig und leicht!) auf sich genommen hat.
Dass dir das schleierhaft erscheint, ist allzu verständlich. Du hast diese Erfahrung Therapie nun mal nicht gemacht und es ist müßig, dir davon zum x.ten Mal zu erzählen. Einige in diesem Thread haben es zumindest probiert.
Erfahrung lässt sich nun mal nicht mitteilen. Nur Worte lassen sich darüber machen. Das ist aber nicht die Erfahrung selbst. Es ist, als würde ich dir den Geschmack einer dir fremden Frucht beschreiben. Ich kann zwar Worte darüber machen, deshalb schmeckst du sie aber nicht ein bisschen. Du kannst dir irgendein Urteil bilden, was auch ok ist, das hat aber mit dem Geschmack der Frucht nicht das Mindeste zu tun, sondern nur mit dir, deinem Denken und deinen (Vor-)Urteilen, denn du schmeckst sie nun mal nicht, die Frucht.
So ist das.
Du musst es nicht "schlucken", aber es ist doch so, Frederika, dass etliche Menschen, die eine Therapie machten, der Meinung sind, dass sie ihnen nicht nur gut getan hat (jemand schrieb sogar, dass es das Beste war, was er bislang erfahren hat), sondern die Therapie sie darüber hinaus in einem Maße bereicherte, dass sie die Mitteilung eines fremden Menschen, dass er therapieerfahren sei, eben NICHT abschreckt. Ganz im Gegenteil. Gehen sie doch von Persönlichkeitsmerkmalen aus (achtsam, reflexions- und beziehungsfähig, sich und den anderen wahrnehmend, mitteilungsfähig etc. etc.), die sie an sich selbst (oder bei ihnen nahe stehenden Menschen) aufgrund ihrer eigenen Therapieerfahrung erlebten.
Das alles musst du nicht so sehen (wie gesagt, es fehlt dir die Erfahrung), aber du könntest es zumindest einfach gelten lassen und es nicht für rundweg "fehlgeleitet" beurteilen, dass diese Menschen, die therapieerfahren sind, mehrheitlich zu diesen Schlüssen kommen.
Ob du das nun glorifizierend nennst oder es einfach mal als eine (ich finde, zumindest ernst zu nehmende) Mitteilung von Menschen siehst, die das erfahren haben, was du nicht kennst, bleibt dahin gestellt und ir überlassen.
Es kann doch nicht angehen, dass du - ohne Therapieerfahrung - behauptest, in dieser Sache klar zu sehen und diejenigen mit Erfahrung darüber als naiv und glorifizierend bezeichnest.
Meinst du das tatsächlich so??
Wenn ja, dann wäre es an dir, Toleranz zu lernen.
Vielleicht machst du mal eine Therapie, Frederika. Dann kannst du aus Erfahrung mitreden. Und dir ganz nebenbei vielleicht auf die Schliche kommen, warum du oft soooo viel Kontrolle ausüben musst.
Du hast einen scharfen Intellekt. Das beweist du in vielen deiner Kommentare und Ratschläge in vielen Threads.
Das ist wunderbar - - - und einseitig. Du könntest in einer Therapie vielleicht sogar Zugang zu deinen Gefühlen bekommen und eine rundrum glückliche Frau werden...
Wie wäre das?
Starker Tobak für dich oder Anregung?