Ich finde das Thema richtig spannend! Erst einmal möchte ich sagen, dass ich jemanden kannte (ist verstorben), der erst mit 36 Jahren anfing, reiten zu lernen, aber dann baden-württembergischer Meister in der Vielseitigkeit wurde und an deutschen Meisterschaften teilnahm. Außerdem kenne ich einen Olympiasieger in der Vielseitigkeit und da weiß ich, dass er sein Leben lang nichts anderes als reiten gemacht hat und dementsprechend früh anfing (in der Schule war er natürlich). Es heißt ja, dass man etwas 10000 Stunden lang gemacht haben muss, um es als Meister zu beherrschen. Das mit den vielen Stunden trifft in jedem Fall auf ihn zu, aber es trifft zusätzlich noch auf ihn zu, dass er die perfekte Statur fürs Reiten hat (Beine länger als Oberkörper, nicht schwer, relativ klein). Ich kenne auch andere Leute, die von Kindheit an quasi nichts anderes gemacht haben, auch Berufsreiter wurden und doch nicht Olympiasieger geworden sind. Mein Beispiel von oben, der erwachsene Reitanfänger, hatte noch das zusätzliche Hindernis, dass er fürs Reiten, also fürs Pferd, kleiner und leichter hätte sein müssen-eigentlich.
Vom Tanzen her kenne ich einen Weltmeisterschaftsvierten, der sein Leben lang getanzt hat. Ich würde also sagen, an der 10000 Stunden-Theorie ist was dran.
Ich glaube aber auch, dass man sich bei vielen Sachen, die man nicht kann, mental im Weg steht. Ich beispielsweise stand mir bei Mathe selbst im Weg. Ich habe Mathe-Abi mündlich gemacht, das ging damals, dass man zwischen schriftlich und mündlich wählen konnte, wenn die Kombination insgesamt gestimmt hat. Ich war mit einer unterirdischen Punktzahl angemeldet (entsprechend der Note 4,7), habe mich für die Prüfung sehr diszipliniert vorbereitet (jeden Tag 6-8 Stunden) und hatte mir einen "Erklärbären" organisiert. Bei der Prüfung habe ich meine Punktzahl verdreifacht (entsprechend der Note 2,7) und der Fremdprüfer meinte, dass ich noch zwei Punkte mehr bekommen hätte, wenn ich an der einen Stelle besser geantwortet hätte.
Ich würde also sagen, mit Disziplin, Fleiß, der richtigen Anleitung und der richtigen Einstellung geht vieles. Auch bei meinen Schülern habe ich individuelle große Fortschritte beobachten können. Aber ich würde auch sagen, dass, wenn gewisse Sachen in der Kindheit nicht angelegt waren oder worden sind, dann kann es sich bei Verbesserungen nur um individuelle handeln. Der Abstand zum Könner bliebe meist dennoch bestehen.