Ich denke nicht, dass es unnormal ist, mit 30 (noch) keinen Kinderwunsch zu haben. Nicht wenige Akademikerinnen kommen erst ab Anfang, Mitte 30 auf die Idee, dass ein Kind ganz schön sein könnte. U.a. natürlich wegen der von Dir aufgeführten Gründen. Da hat man studiert, war vielleicht im Ausland, möchte erst ein paar Jahre Berufserfahrung sammeln oder ein paar Sprossen auf der Karriereleiter nehmen. Dann möchte man vielleicht einige Reisen in ferne Länder machen, was mit Kind entweder gar nicht geht oder mit vielen Umständen verbunden ist. Noch dazu hat nicht jede Frau mit 30 einen Mann an ihrer Seite, mit dem sie sich ein Kind vorstellen kann - selbst, wenn ein potentieller Kinderwunsch vorhanden ist.
Und ja - das, was Du am Ende Deines Textes schreibst, stimmt leider auch heute noch in vielen Fällen. Während ein Kind die Karriere (oder wenn man mal von Karriere weggeht) oder das ganz normale Berufsleben eines Mannes in den allermeisten Fällen nicht negativ beeinflusst, so büßen Frauen, die 3 Jahre zu Hause bleiben, natürlich an Karrieremöglichkeiten oder auch einfach nur ganz normalen beruflichen Weiterentwicklungsmöglichkeiten ein. In manchen Berufssparten haben ja sogar schon die Frauen mit Steinen, die man ihnen in den Weg legt, zu kämpfen, die eben nicht einige Zeit zu Hause bleiben, sondern sofort nach dem Mutterschutz zurückkommen. Habe mal eine Top-Juristin in einer Talkshow gesehen, die Partnerin in einem sehr großen Unternehmen mit Tausenden von Mitarbeitern war. Als sie nach 8 Wochen wiederkam, versuchte man, sie aus den normalen Entscheidungen herauszuhalten und in einer unbedeutenden Position zu parken. Und das, obwohl sie als Partnerin ja normalerweise eine große (Mit-) Entscheidungsgewalt hat.. Aber das nur als Beispiel am Rande.
Das, was Du aber vielleicht mit Deiner Frage meinst, kann ich mir wie folgt erklären. Ich glaube, dass die große Mehrheit der Männer und Frauen irgendwann ein Kind möchte. Bei Akademikern ist der Wunsch bei beiden Geschlechtern oft nach hinten gerückt. Entweder war er in jüngeren Jahren gar nicht oder nur latent vorhanden und kommt dann oft erst in den 30ern an die Oberfläche. Frauen wünschen sich meiner Erfahrung nach oft früher ein Kind als gleichaltrige Männer. Auch das ein Grund, warum die Konstellation, Frau mit (zumindest etwas) älterem Mann so häufig anzutreffen ist. Bloß, weil jemand mit 30 kein Kind möchte, muss das noch lange nicht heißen, dass dies auch in den nächsten Jahren so bleibt.
Ich habe recht viel über das Thema gelesen und dabei kam immer wieder heraus, dass die große Mehrheit der Frauen, die ihre fruchtbare Zeit hinter sich haben, sich nicht bewußt gegen das Kinderkriegen entschieden haben. Es war vielmehr so, dass bei den meisten einfach immer irgendein Faktor nicht stimmte. So gab es zwar vielleicht mal den passenden Partner aber der Zeitpunkt war (vermeintlich) nicht gut oder (vermeintlich) nicht perfekt. Dann wiederum war der Zeitpunkt gut, nicht aber der Partner oder aber es war gar kein Partner vorhanden. Und so verstreicht die Zeit und man bleibt kinderlos.
Manche dieser kinderlosen Frauen sind dann selbstbewusst und stark genug, zuzugeben, dass sie eigentlich irgendwann in ihrem Leben schon ein Kind haben wollten, es sich aber einfach nicht ergeben hat. Andere werden zickig, biestig und verschanzen sich nur hinter Ausreden wie: "Ich wollte noch nie ein Kind.." Manche werden dann auch regelrecht bösartig und feinden Mütter (vor allem jene, die sich ein paar Jahre der Kindererziehung zu Hause widmen) an. Und das eigentlich nur, weil sie mit ihrem nicht-erfüllten Kinderwunsch hadern.
Zu guter Letzt gibt es natürlich auch jene Männer und Frauen, die kein Kind möchten - weder jetzt noch später und Punkt. Und das ist doch auch o.k. Der Mensch an sich hat natürlich den Fortpflanzungstrieb mit auf den Weg bekommen. Aber wir haben eben ein Gehirn und können uns für oder gegen Kinder entscheiden. Und im Gegensatz zu früheren Generationen haben wir eben auch die Mittel und Methoden, um die Familienplanung eigenverantwortlich anzugehen.