die Diskussion geht querfeld ein ohne daß man sich Gedanken macht.
1. Das Gericht würdigt § 1578 BGB. Der lautet:
§ 1578b Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit
(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.
2. Zum Sachverhalt schreibt das Gericht:
Die 1963 geborene Antragstellerin ist ausgebildete Gymnasiallehrerin, war aber seit 1991 als Texterin in der Werbebranche tätig. Nach ihrem Aufstieg zur Cheftexterin erzielte sie zuletzt im Jahre 2000 ein Nettoeinkommen, das sich ohne Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen auf 4.974,38 DM (= 2.543,36 ) belief. Diese Tätigkeit gab die Antragstellerin Mitte 2000 auf, weil
die Parteien wegen der Erwerbstätigkeit des Antragsgegners nach Brüssel um-zogen. Dort erzielte sie lediglich Einkünfte aus untergeordneter Bürotätigkeit. Nach der Trennung war die Antragstellerin seit Oktober 2005 zunächst mit 80 % als Lehrerin in einem Internat erwerbstätig und erzielte daraus Monatseinkünfte in Höhe von 3.200 brutto. Zum 23. August 2007 wechselte sei an ein privates Gymnasium, wo sie in Teilzeit (73 %) Nettomonatseinkünfte erzielt, die ur-sprünglich 1.489,85 betrugen und sich seit Februar 2008 auf 1.591,92 be-laufen. Im Falle einer Vollzeitbeschäftigung würde sie aus dieser Erwerbstätig-keit Nettomonatseinkünfte in Höhe von 1.848,19 erzielen.
Der 1957 geborene Antragsgegner arbeitete seit 1987 als freiberuflicher Konferenzdolmetscher für das Europäische Parlament in Straßburg und Brüs-sel. Während der Ehe studierte er daneben Rechtswissenschaften und schloss das Studium 1997 ab. Im Frühjahr 2000 erhielt er beim Europäischen Parla-ment eine Stelle als Beamter im Sprachendienst. Deswegen zogen die Parteien mit dem gemeinsamen Kind Mitte 2000 nach Brüssel um. Zum 15. September 2007 wurde der Antragsgegner in eine leitende Position versetzt. Daraus erzielt er Einkünfte, die sich nach Abzug berufsbedingter Kosten und des Kindesun-terhalts jedenfalls auf 5.427,80 netto belaufen.
Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden und den Antrags-gegner verurteilt, an die Antragstellerin Kindesunterhalt für den gemeinsamen Sohn in Höhe von monatlich 563,20 sowie nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 1.545,70 zu zahlen. Auf die gegen den Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt gerichtete Berufung des Antragsgegners hat das Ober-landesgericht das Urteil für die Zeit ab Januar 2012 abgeändert und den nach-ehelichen Unterhalt auf 500 herabgesetzt.
3. Wenn es um die "Billigkeit" geht entscheiden Richter gerne nach dem, was sie für gerecht halten.
Unter Berücksichtigung des Alters der Parteien, der Dauer der Ehe und des besonderen Einsatzes der Antragstellerin für ihre Vollzeittätigkeit, die Kin-derbetreuung und die Haushaltsführung in den ersten Jahren der Ehe sowie der ehebedingten Nachteile komme eine Befristung des nachehelichen Unterhalts nicht in Betracht. Allerdings entspreche auch ein unbegrenzter Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht der Bil-ligkeit. Unter Abwägung aller Umstände sei eine Übergangszeit bis Ende 2012 angemessen, in der es der Antragstellerin zumutbar sei, sich persönlich und wirtschaftlich von den günstigeren ehelichen Lebensverhältnissen auf den Le-bensstandard einzurichten, den sie erreicht hätte, wenn sie die vor dem Umzug nach Brüssel ausgeübte Beschäftigung fortgesetzt hätte. Weil es bei diesem Nachteil aller Voraussicht nach auf Dauer bleiben werde, sei der Unterhaltsan-spruch hier nicht zeitlich zu befristen, sondern nach der Übergangszeit auf den Betrag zu begrenzen, der netto als Einkommenseinbuße verbleibe. Diesen Be-trag schätzte das Berufungsgericht auf jedenfalls 500 . Mit einem solchen Un-terhalt und den Einkünften aus einer Vollzeittätigkeit aus dem ausgeübten Beruf stehe der Antragstellerin ein Betrag zur Verfügung, der ihren angemessenen Lebensbedarf i.S. von § 1578 b BGB erreiche. Eine unbefristete Unterhalts-pflicht in Höhe von monatlich 500 belaste auch den Antragsgegner nicht unbil-lig, zumal dieser nach Abzug des Kindesunterhalts über ein bereinigtes Netto-monatseinkommen in Höhe von 5.427,80 verfüge.
4. Was ist nun "billig" ?
Danach ist bei der Billigkeitsabwägung für eine Herabsetzung oder ei-ne zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts vorrangig zu berücksich-tigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit einge-treten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen.
Erzielt der Unterhaltsberechtigte eigene Einkünfte, die diesen angemes-senen Unterhaltsbedarf erreichen oder könnte er solche Einkünfte erzielen, kann dies im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach einer Übergangszeit, in der er sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umstellen kann, zum vollständigen Wegfall des nachehelichen Unterhalts in Form einer Befristung führen
5. Die Überlegungen
Man schaut sich an, wie sich das Leben mit und ohne Ehe entwickelt hätte. Mit Ehe hat die Frau dauerhafte Einbußen hingenommen durch die Erziehung des Kindes und durch das Mit-Umziehen nach Brüssel. Das macht es zumutbar, daß der Ehemann im Ergebnis 1/10 seiner Einkünfte an die Frau abtritt.
6. Und im übrigen
Der BGH sagt: Das Berufungsgericht hat so entschieden, wir prüfen nur Rechtsfragen.
Die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in Betracht kom-menden Gesichtspunkte ist Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom Revisions-gericht nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeits-prüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat.
7. So gesehen wundert die Entscheidung nicht, stellt man sich vor, daß das Berliner Gerichte entschieden haben.
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