Ach, das Problem kenne ich. Ich hab meine ersten Erfahrungen erst mit Anfang 30 gemacht. Auch ich hatte rückblickend einige Gelegenheiten, die ich nicht wahrgenommen habe. Der Grund dafür? Ich habe einfach nie gelernt, wie man flirtet. Ich bin ein äußerst höflicher und zuvorkommender Mensch, in meiner Beziehung (so glaube ich jedenfalls) sehr liebe- und gefühlvoll, dabei dennoch nicht unmännlich. Aber wenn es ums Kennenlernen zwischen Mann und Frau geht, bin ich Analphabet.
Das liegt glaube ich daran, dass ich zwar mit Vater aufgewachsen bin, dieser aber einen 80-Stunden-Job hatte, und tatsächlich nur fürs Geldverdienen zuständig war, für den Rest war meine Mutter da. Gleichzeitig hat meine Mutter mit mir nie über solche Dinge gesprochen, man konnte irgendwie spüren, dass es ihr unangenem war, also ließ ich es als Teenager bleiben. Die beiden haben auch heute noch eine durchaus in gewisser Weise liebevolle, aber keinesfalls stürmische oder stark körperliche Beziehung, im Gegenteil. Meine Eltern sind klassische 68er, meine Mutter hat mir eingeimpft, dass Gleichberechtigung und Emanzipation das Ziel schlechthin sind. Nur leider ist das fürs Flirten blankes Gift, zumindest solange die Rollenerwartungen an den Mann immer noch dieselben sind wie eh und je.
Wäre ich eine Frau, wäre das alles kein so großes Problem gewesen, denn schließlich ist es bei uns immer noch die Rolle des Mannes, aktiv zu werden. Aber da ich ein Mann bin, hätte ich bis zum Sankt-Nimmerleinstag warten können, eine Frau wäre niemals aktiv geworden (abgesehen von den äußerst! subtilen Signalen, die sie für gewöhnlich so senden, und die ich noch weniger verstehe als andere Männer).
Nun, was habe ich gemacht? Ich war eigentlich schon kurz davor, mich damit abzufinden, dass ich wohl mein Leben lang alleine bleiben würde, und das obwohl auch ich gar nicht mal so unattraktiv bin. Schließlich bin ich dann doch über meinen Schatten gesprungen und habe mich bei einer Singlebörse angemeldet. Das hatte den Vorteil, dass hier klar war, wonach die Frauen suchen, ich also keine seltsamen Signale deuten musste. Das hat den ersten Schritt für mich erleichtert. Naja, jetzt sind wir verheiratet, haben ziemlich guten Sex und sie weiß bis heute, so glaube ich, nicht, dass sie meine erste Frau ist.
Einen Besuch im Bordell hatte ich mir übrigens auch schon überlegt, konnte mich aber nicht dazu durchringen. Letztlich war das dann auch nicht nötig, aber andererseits war ich trotzdem noch ein paar Jahre jünger als du. Mit 39 hat man vielleicht dann doch noch größere Probleme.