Liebe FS,
ich schreibe als Angehörige, die Dich voll versteht. Meine Mutter erlitt mit 42 Jahren einen schweren Schlaganfall. War danach halbseitig gelähmt und geistig beeinträchtigt.
Ich war damals 1,5 Jahre alt. Wir pflegten sie 16 Jahre zuhause, nach weiteren Anfällen war Pflegeheim angesagt, dort noch 10 Jahre. Meine Schwester und mich hat die Pflege einer zeitweise durch Krankheitsschübe schreienden, kratzenden, aggressiven, ganz undankbaren Patientin nicht nur an den Rand der Verzweiflung getrieben. Ich wurde selbst krank.
1. Such Dir bitte eine Angehörigengruppe/Selbshilfegruppe, wo Du Dich mit Betroffenen austauschen kannst. Nur diese sind angemessene Gesprächspartner statt aussenstehender Moralisten, die nicht im geringsten ermessen können, wie kaputt einen die Pflege eines Angehörigen 24h/7Tage-Woche machen kann.
2. Kurzzeitpflege im Heim, damit Du mal Urlaub machen kannst.
3. Jede mögliche Hilfe und Unterstützung von aussen organisieren. Damit er zuhause bleiben kann, solange es geht. Sozialberatung, Caritas, Fachpersonal eben, das Möglichkeiten kennt, die Du nicht kennst.
4. Es nützt niemandem, wenn Du aufopferungsvoll selbst krank wirst und zusammenbrichst.
5. Das Liebesleben und die Moral. Du wolltest Dich trennen, nun ist er krank, Du magst ihn nicht im Stich lassen.
Es gibt Paare, die einigen sich dahingehend (wie auch einige Vorschreiber erwähnten), dass man sich die körperliche Liebe dann ausserhalb holt. Gast 33 spricht da weise. Ich selbst würde meinem Mann das auch zugestehen.
Pragmatisch ein Kompromiss. Liebe und Sex trennen. Deinen Mann doch nicht alleinlassen, aber nicht selbst noch 30 Jahre u.U. als Nonne leben müssen.
6. Die Kritiker: Sie sind nicht selbst betroffen. Sie haben nicht die Aussicht, noch wohl 30 Jahre ohne Zärtlichkeit und Freiheit leben zu müssen. Sie haben gut reden. Sie zerbrechen nicht an der Pflege und kriegen Hörsturz, Depressionen, denken an Verzweiflungstat.
7. Buchempfehlung: "Die liebe Last" , Altenpflege in der Familie, E. Schützendorf, W. Dannecker,
ISBN-13: 978-3596142507, Fischer Taschenbuch 1999.
Alles Gute für Dich und auch für Deinen Mann. Schliesst einen Kompromiss, der beiden zugute kommt.