Ich kenne weder dich, noch deine Frau, noch habe ich Überblick über eure Beziehung. Deshalb maße ich mir kein Urteil an.
Meine Gedanken kann ich dir schon mitteilen.
Dass dir deine Frau nach 10 Jahren mitteilt, dass sie lesbisch ist, heißt nicht zwangsläufig, dass sie dich 10 Jahre lang hintergangen oder belogen hat. Hast du sie gefragt, seit wann ihr bewusst ist, dass sie Frauen mehr liebt als Männer? Vielleicht ist ihr das selber neu. Vielleicht ist es aber auch gar nicht so und sie reagiert lediglich auf das Begehren und die Liebe einer anderen Frau, von der sie etwas erhält, das sie - evtl. sogar ohne das zu wissen - in der Liebesbeziehung zu dir vermisste. Vielleicht ist das eine ihr selbst unerwartete, neue, beglückende Erfahrung, die sie macht. Vielleicht könnt ihr darüber reden? Vielleicht ist sie so begeistert von der Liebe einer Frau zu ihr oder umgekehrt, dass sie glaubt, sie habe dich gar nicht geliebt (und schüttet das Kind mit dem Bade aus). Vielleicht... vielleicht... vielleicht...
Sprecht ihr miteinander oder war die Mitteilung auch gleichzeitig Beziehungsende, Auszug und Beginn beidseitigen Schweigens?
Könntet ihr euch eine Paarberatung vorstellen? (Dann braucht ihr ein/n Therapeut/in, die/der lesbische Liebe nicht als neurotische Störung oder irgendeine Krankheit oder Defekt abtut, sondern sie ebenso ernst nimmt und würdigt, wie auch die Liebe zwischen Mann und Frau).
Dass dir das "den Boden weg zieht" ist verständlich. Das war die Grundlage eurer gemeinsamen Liebe, eurer Ehe, auf der du gestanden hattest. Jetzt ist sie nicht mehr da. Da ist wie ein Absturz. Deshalb ist aber alles was war immer noch wirklich. Alle eure Erfahrungen bleiben, die schönen wie auch die schwierigen Momente. Nichts ist kaputt gegangen, außer deiner Illusion, dass ihr in Liebe vereint als Ehepaar gemeinsam alt werdet. Nur diese Vorstellung ist in Scherben. Alles andere ist Veränderung. Eure Beziehung hat sich verändert. Ihr und dein Verhalten hat sich verändert. Der Alltag und das Zusammenleben hat sich verändert und wird sich vielleicht noch weiter verändern.
Nichts ist wegzuwerfen. Wieso auch? Geht außerdem gar nicht. Eure Ehe hat stattgefunden. Du KANNST sie gar nicht wegwerfen. Sie IST. Und solltest du dich oder sie sich trennen wollen, dann WAR sie und bleibt als Erfahrung und als Erinnerung. Es gibt nichts weg zu werfen. Die Frage scheint mir eher zu sein. Könnt/wollt ihr weiter zusammensein oder erst mal trennen und Luft holen und Zeit haben und aus der Distanz schauen, was möglich und stimmig ist oder... oder... oder... Manchmal können Paartherapeut/innen dabei helfen, klarer zu sehen und respektvoll miteinander umzugehen, wenn innerlich alles so verletzt ist wie jetzt bei dir.
Wenn du weinen kannst, ist das - wie du schon selber erlebst und schreibst - wohltuend und heilsam.
Du kannst dich verstehenden Menschen anschließen, die ähnliches kennen und den Verlust der Partnerin/des Partners betrauern und diese Trauer verbal, malend, in Ritualen, tanzend... Ausdruck finden lassen. Du findest die Adressen dazu über google oder deine Tageszeitung oder du fragst ein bisschen rum.
Und wenn du nicht unter Menschen sein willst, kannst du dasselbe auch für dich tun. Dann weine deine Trauer, finde eine Form für sie schreibend, malend, plastizierend... Wenn du kannst, geh viel in die Natur, bewege dich (wandernd, schwimmend, skatend, walkend, joggend, reitend, Gleitschirm fliegend o.ä.), dass du dich körperlich gut spüren kannst und nicht nur deine intensiven Emotionen fühlst. Lebe deinen Alltag weiter, so dass du in deinen gewohnten Strukturen bleibst und höre auf dein Herz MEHR als auf mich oder irgendjemand in diesem Thread oder anderswo.
Heile, heile Segen...