Ich denke, dass es eigentlich ganz natürlich ist, in der Phase der richtigen rosa-roten Verliebtheit weitreichende Pläne zu machen, von der Zukunft zu träumen, seine Lebenswünsche zu formulieren -- auch wenn das realistisch und pragmatisch gesehen noch völlig in den Sternen steht.
Aber Verliebtheit ist eben rosa-rot, da darf man mal von Kindern träumen, da darf und muss man geradezu formulieren, was man sich wünschen und erträumen würde: Dadurch synchronisiert man doch auch die eigenen Lebensziele und stellt dadurch fest, ob zum Beispiel "Haus auf Land in der Nähe von Nürnberg" und "mehrere Kinder" übrhaupt für beide was wären oder der andere eher von "Penthouse in München" und "maximal ein Kind" träumt. Verliebtheit darf überschäumen vor Glück, darf phantasieren!
Insofern glaube ich, dass sich bei den meisten wirklich verliebten und zueinander passenden Paaren recht schnell ein derartig euphorisches Wir-Gefühl einstellt. Wenn das selbst in der Verliebtheitsphase ausbleibt, dann dürfte da von Verliebtheit nicht viel los sein.
Erst in der darauffolgenden Differenzierungsphase leidet dieses Wir-Gefühl wieder. Man erkennt Makel, Macken und Schwächen des Partners, kämpft um Kompromisse, erkennt Differenzen und Meinungsverschiedenheiten und muss sich zusammenraufen -- in dieser Phase entscheidet sich, ob sich Verliebtheit in Liebe wandelt, ob sich eine gemeinsame Basis finden lässt. In dieser Phase sollte sich das euphorische Wir-Gefühl schrittweise und allmählich in ein echtes partnerschafliches Wir-Gefühl wandeln, allerdings durchaus über viele Nuancen des "Ich und Du"-Gefühls. In diese Phase darf man durchaus erkennen, dass man eben nicht sofort zusammenziehen muss, dass man Kinder frühestens in vielen Jahren möchte, dass ein Kompromiss bezüglich Wohnort und Zusammenleben noch schwierig ist.
Allerdings kann man die meisten echten Probleme, den Alltag und die vollwertige Form der Partnerschaft erst erleben und erproben, wenn man dann zusammenzieht. Eine partnerschaft wandelt sich noch einmal grundlegend beim Zusammenziehen: Plötzlich spielt der Alltag, spielen alltägliche Probleme, die Haushaltsführung, nicht nur das Zusammensein, sondern auch mal das Getrenntmachen eine viel größere Rolle. Erst hier zeigt sich, ob ein echtes Wir-gefühl bestehen bleibt, ob das Zusammensein für beide die Priorität und das Wohlfühl-Gefühl hat, das nötig ist, damit eine dauerhafte, erfüllende Partnerschaft entsteht.
Kurze Antwort auf Diene Frage: Wenn sich nach drei Monaten kein Wir-Gefühl einstellt, dann gehe in Dich, ob Du wirklich verliebt bist, ob du wirklich mit diesem Mann alt werden möchtest. In meinen Augen klingt es erschreckend, wenn der frische Partner gefühlt noch "keine Rolle im weiteren Leben" hat. Da stimmt was nicht.