Es stimmt schon, was #1 sagt, nämlich dass man kein Pflegekind aufnehmen sollte, wenn man selbst nicht stabil ist und nicht die Bereitschaft hat, in das Kind viel Zeit und manchmal auch Nerven zu investieren. Wenn Du aber innerlich stabil und zufrieden bist und verneinen kannst, dass Du das Kind nur als Mittel zur Befriedigung Deiner eigenen Bedürfnisse brauchst, dann kann es gutgehen. An sich wäre aber die klassische Familienkonstellation besser.
Wichtig ist, dass Du eine Ahnung hast, worauf Du Dich einlässt- Pflegekinder sind deshalb Pflegekinder, weil sie schon etwas in ihrem Leben mitgemacht haben. Selbst wenn die leiblichen Eltern die absoluten Kinderquäler waren, dann sind sie normalerweise dennoch nicht glücklich darüber, wenn man sie aus der Familie rausholt: Sie wollen sogar ihre Eltern noch in Schutz nehmen (z.B. bei Alkoholismus) und denken, dass sie ihre Eltern verraten, wenn sie nicht treu zu ihnen stehen. Sind die Kinder älter, d.h. schon jugendlich oder zumindest älter als zehn, dann gibt es auch manche, die von sich aus den Kontakt zu den Behörden gesucht haben, um aus ihrer Familie herauszukommen.
Jedenfalls hat jedes dieser Kinder ein schweres Päckchen zu tragen- deshalb solltest Du bereits Erfahrung mit schwierigen Kindern/ Jugendlichen haben. Vielleicht bist Du Lehrerin, Erzieherin oder Sozialpädagogin? Man braucht wirklich Erziehungserfahrung! Es ist nicht ratsam, wenn man noch keine entsprechende Erfahrung in diesem Bereich gesammelt hat, sich als "Erstlingswerk" an einem Pflegekind zu versuchen! Ich arbeite mit verhaltensauffällligen Kindern und Lernbehinderten an einer Beruflichen Schule und auch mit ganz normalen Gymnasiasten, ich weiß, wovon ich spreche.
In meinem Umfeld kenne ich drei Familien, die Pflegekinder aufgenommen haben: In Familie Nr. 1 und 2 sind jeweils beide Pflegeeltern Erziehungsprofis (Kombination Sonderpädagogin + Gymnasiallehrer, der sich in der psychologischen Beratung zusätzlich fortgebildet hat bzw. in der zweiten Familie sie Lehrerin mit zusätzlichem pädagogischen Lehrauftrag und er "normaler" Lehrer), in Familie Nr. 3 ist er Schreiner mit eigenem Betrieb, sie ehemals Krankenschwester. In den ersten beiden Familien ist es gelungen, beide Pflegekinder waren jahrelang in der Familie und haben inzwischen Abi gemacht. In Familie Nr. 3 geht es gerade den Bach runter. Ich vermute, sie haben das Pflegekind aufgenommen, weil sie Geld brauchten (der Betrieb steckte da gerade in der Insolvenz). Sie haben es völlig unterschätzt, wie verhaltensauffällig solch ein Kind sein kann: Der Junge ist Computerspiel-süchtig und ist äußerst aggressiv, wenn man ihn nicht spielen lässt. Deshalb ist es natürlich auch mit der Schule nicht leicht, vieles kann er vermutlich gar nicht mehr einholen. Außerdem hat ein Psychiater bei ihm ADHS diagnostiziert (es wäre ein weiterer Thread, was ADHS überhaupt ist, wissenschaftlich gesehen).