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  • #181
Und außerdem: wenn Mehrfachbeziehungen gleichwertig sein sollen und niemanden benachteiligen, dann bitte, liebe Autoren, reichen Sie doch bitte im Bundestag den Antrag auf Gesetzesänderung ein: dann muss konsequenterweise auch die Mehrfachehe erlaubt werden, denn sonst ist das Modell, so wie Sie es verherrlichen nicht für alle gleichwertig lebbar. Dann kann ja nur einer Ehepartner sein, obwohl mehrere wollen und lieben.... also bitte bevor hier alle aufgescheucht werden, doch erstmal nachfragen, ob das bei uns überhaupt legal lebbar ist und damit machbar!

Großartiger Einspruch – Danke!

Genau darum geht es bei einem Paradigma: Es ist so tief in einer Kultur verankert, dass es bis in die politisch gegebenen Machtstrukturen reicht. Dass die Kirche keine Mehrfach- oder Schwulenehen segnen mag, wäre ja völlig in Ordnung, aber dass in einer Gesellschaft, in der Kirchenmacht und Staatsmacht eigentlich getrennt gedacht werden müssten, immer noch Relikte der kirchlichen Ansichten in Gesetzestexten zu finden sind, ist schon problematisch.

Sie haben völlig Recht, denn manche Polys wollen sich mehrfach trauen lassen und können das nicht auf einer rechtlich relevanten Basis. Da es aber den meisten Menschen, die Liebe freier leben wollen nicht um den rechtlichen Status geht und diese Gruppe natürlich auch nicht riesig ist, gibt es da noch keinen großen Druck auf den Gesetzgeber.

Noch bis in die Neunziger Jahre hinein gab es einen Paragraphen für/gegen Homosexualität (!), denn sie ist nicht normal! Inzwischen geht auch der Gesetzgeber nach dem Einvernehmlichkeitsprinzip, d.h. erlaubt ist, wenn es beiden gefällt. In der Psychologie spricht man nicht mehr von Perversionen, sondern neutraler von Paraphilien. Wenn wir das Normalitätsprinzip nehmen, wäre Polyamorie strafbar, nicht aber nach der heute geltenden Einvernehmlichkeitslogik. Sicherlich gibt es mehr homosexuelle als polyamore Menschen, deshalb haben die Homosexuellen auch zumindest eine eingetragene Partnerschaft erstritten und die Polys noch nicht.

Wir verherrlichen wie gesagt kein Liebes-Modell, sondern propagieren nur eine andere Haltung/Ethik zur Liebe. Wir leiten aus einem öffentlich gemachten Anstoß zum Nachdenken auch keine Notwendigkeit für große Revolutionen ab. Dürfen Dinge ihrer Meinung nach wirklich erst gedacht werden, wenn sie machbar sind? Nach dieser Logik hätten niemals große Veränderungen stattfinden können. Hätten die Menschen in Libyen sich erst über einen Machtwechsel unterhalten dürfen, wenn er machbar gewesen wäre? Aus unserer Erfahrung kommt immer zuerst eine Idee und dann folgt ihre Umsetzung!
 
  • #182
Freitheit ist ein relationaler Begriff, d.h. die Wahrnehmung von eigener Freiheit berührt immer auch die Personen, mit denen man zusammen lebt. "Frei ist man nur in dem Maße, wie auch die anderen frei sind" - sagte bereits Jaspers. Einseitige Freiheit - also ohne Rücksichtnahme auf die Belange des Anderen - macht soziale Beziehungen letztlich unmöglich.

Dieser Aspekt wird von den Autoren ja auch durchaus zur Sprache gebracht. Es wird zum Beispiel mal vom "schwächsten Glied" in der Kette gesprochen. Bei einigen Beiträgen hatte ich nicht immer den Eindruck, dass dieser Aspekt berücksichtigt wird. Wenn man Liebe und Freiheit redet, heißt es eben stets, die eigenen Bedürfnisse UND in angemessener Form die des (oder der) Partner(s) zu berücksichtigen.

Wir glauben, dass Einvernehmlichkeit ein fast zwingender Grundsatz in der Liebe, als auch eine Bedingung von Freiheit ist. Schon Goethe warnte natürlich davor, dass viele Mahner zur Freiheit nur Willkür für sich selber suchten... wir glauben, dass unser Buch nicht diese Gefahr läuft, denn es ist ziemlich anstrengend in dem Maße Verantwortung zu übernehmen und an sich zu arbeiten, wie wir das generell (als Haltung) empfehlen.

Einvernehmlichkeit ist deshalb die vielleicht dringendste Empfehlung des Buches – sollte irgendwo ein anderer Eindruck entstehen wäre das unbeabsichtigt. Einer der Preise für offenere Liebesformen ist der Aufwand, alles das, was in der (selbstverständlichen) Monogamie als gegeben hingenommen wird neu auszuhandeln, bis es für alle Beteiligten passt! VORHER reden ist deshalb ein zentraler Tipp für die Entwicklung einer individuellen Liebesethik! Während allerdings noch geredet wird, kann es natürlich sein, dass jemand sehr viel mehr will als einer der Partner... dass dann in der Umsetzung alle trotzdem beim kleinsten (!) gemeinsamen Nenner landen ist eine Frage der Ethik, Verlässlichkeit und Willensstärke. Sonst wären wir wieder in der einen oder anderen Form beim Fremdgehen.
 
  • #183
Selbst wenn Sie Partnerschaft und Leidenschaft/Liebe als zwei Paar Schuhe betrachten, bzw. Äpfel und Birnen nicht miteinander vermischen wollen, dürfen Sie nicht die Tatsache aus der Acht lassen, dass in unserer Gesellschaft sich die Partnerschaft aus der Verliebtheit/romantischen Liebe ergibt, ... Genau das können Sie nicht trennen. Denn wer sich erotisch-leidenschaftlich liebt hat auch den Wunsch das ganze Leben zusammen zu bleiben. Hatten nicht alle Verliebte seit Menschengedenken diesen Wunsch - trotzt des Wissens, dass ihr Zusammenleben nicht möglich war?

Was Sie sagen entspricht der Erfahrung der meisten monogam lebenden Menschen... Dass das von vielen anderen Menschen und Kulturen vollkommen getrennt gelebt wird ist doch Beweis genug dafür, dass es attraktiv sein kann. Wenn eines der zentralen Probleme der Monogamie ist, dass so viele fremdgehen, dann lohnt ein kurzer Blick auf die Motive der Fremdgeher und da ist bei wenigen die Rede vom Wunsch nach Lebenspartnerschaft. Wer das will trennt sich dann „einfach“ vom Lebenspartner und „nimmt“ den neuen. Eine Liebe ohne Verpflichtungen dauert solange die Liebe dauert. Eine Lebenspartnerschaft dauert eigentlich bis zum Tod (so war die Ehe gedacht). Wenn sich aber Lebenspartnerschaften trennen müssen, weil keine leidenschaftliche Liebe mehr da ist, und etliche Singles enttäuscht zurück bleiben, weil der andere nur Leidenschaft suchte, aber eben keine Partnerschaft, zeigt das wie gefährlich die Verquickung beider Bedürfnisse sein kann.

Viele Fremdgeher haben sich bereits von ihrem Lebenspartner getrennt, weil sie glaubten, dann würden sie überschwänglich vom Affären-Partner empfangen und waren dann alleine, weil der Affären Partner eben KEINE Lebenspartnerschaft wollte.

Wenn man Lebenspartnerschaften von der Leidenschaft aus denkt, dann sind sie erfahrungsgemäß kein so guter Ort. Vermissen können ist eines der stärksten Aphrodisiaka die es gibt – das ist in klassischen Lebenspartnerschaften aber unmöglich. Gemeinsames Socken Waschen ist hingegen eher unsexy...

Zum Einwand, dass wir alle einsam sterben müssten, wenn wir Lebens- und Liebespartnerschaften entkoppelt denken und leben könnten sei gesagt:
Viele wollen das gar nicht (Sie doch auch nicht oder?) und hätten eben beides mit mehreren Partnern (also sehr viel mehr liebende Unterstützung im Notfall). Selbst wenn man trennt, hätten doch fast alle Menschen das Bedürfnis nach eben dieser stützenden Lebensbegleitung. Etliche ältere Paare leben als Team und als gute Freunde, aber ohne Leidenschaft... warum also sollten wir befürchten, dass sich da verlassen wird? Wegen einer leidenschaftlicheren Beziehung etwa? Das wäre ein Denkfehler aus dem monogamen Bezugsrahmen, denn in einem freieren Modell könnte man ja beides haben!
 
  • #184
Herr Lendt,

Danke für Ihr Statement, das mir etwas mehr Klarheit bezüglich Ihrer Philosophie verschafft. Es macht Sie in meinen Augen sympathsich, dass Sie nicht unerwähnt lassen, dass offenere Liebesbeziehungen ihren Preis haben. Dieses Aushandeln (und vielleicht auch Erweitern) der eigenen Grenzen und der Grenzen des Partners und vor allem das "Beackern" von Fragen, die damit einhergehen, mag das eingene Weltbild durchaus mit Facetten versehen, die bisher unterbelichtet waren - sofern diese "Diskussion" von Respekt getragen ist. Die Grenzen zwischen Polyamorie und Polygamie sind andererseits nunmal fließend, so dass in manchen Fällen, wo diese Aushandlungsprozesse (vielleicht auch eher einseitig) laufen, Ihr Zitat von Goethe nicht ganz von der Hand zu weisen ist.

P.S.: Ich bleibe trotzdem monogam - zumindest vorerst ;-)
 
G

Gast

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  • #185
Dann sollen die Paare darüber vorher reden, bevor sie fremdgehen, oder sich halt trennen und sich einen anderen Partner suchen. Stichwort: serielle Monogamie. Doch warum gelingt vielen (einigen) Paaren treu bis ins hohe Alter zusammen zu bleiben, ohne jemals einander betrogen zu haben? Was machen sie anders, besser? Wäre das nicht die viel interessantere Frage? Alles andere sieht nach Alibiübung - ist meine Meinung. Es ist sehr leicht, wenn man keine andere Lösung finden, die Polyamory vorzuschlagen. Nach dem Motto: es bleibt uns nichts anderes übrig.

Auch diese Paare gehen Kompromisse ein und es ist nicht gesagt, dass sie wirklich glücklicher sind als Paare in einer offenen Beziehung. Wer sagt dir beispielsweise, dass in den von dir genannten treuen Beziehungen bis ins Alter der Mann z.B. nicht zwischendurch akzeptiert hat, dass die Frau keinen Sex mehr will? Oder umgekehrt? Oder die Frau evtl. mangelnde Aufmerksamkeit, die mit der Zeit aufkam, akzeptiert hat, indem sie sich diese woanders holte? In dem Fall eben ohne Fremdgehen, auf eine emotionale Weise. Alles in allem, die Enttäuschungen, die einige eben hinnehmen, weil ihnen ein Fortführen der Beziehung wichtig ist, und sie eben nicht davon ausgehen, dass es immer ein Zuckerschlecken ist, was ja auch völlig in Ordnung ist.

Natürlich gibt es "glückliche" monogame Beziehungen, aber nichts ist perfekt. Und da es nunmal weniger offene Beziehungen gibt, musst du beim Vergleich des "Glücks" schon auch das Verhältnis der Häufigkeiten betrachten.

Übrigens: wenn man den eigenen Partner nicht begehrt, dann kann man das Begehren auch wieder entflammen. Das geht auch so, indem man sich an den Beginn der eigenen Beziehung erinnert als man frisch verliebt man war und nicht genug voneinander bekommen konnte. Das empfehlen sogar Paartherapeuten selber.

Das kenne ich gut, es sagt auch niemand, dass man das nicht tun sollte, oder? Aber wenn der andere das vielleicht nicht kann? Oder beide es nicht wollen? Man kann nicht von der eigenen "optimalen" Lösung auf andere schließen.
 
  • #186
Auch diese Paare gehen Kompromisse ein und es ist nicht gesagt, dass sie wirklich glücklicher sind als Paare in einer offenen Beziehung. Wer sagt dir beispielsweise, dass in den von dir genannten treuen Beziehungen bis ins Alter der Mann z.B. nicht zwischendurch akzeptiert hat, dass die Frau keinen Sex mehr will? Oder umgekehrt? Oder die Frau evtl. mangelnde Aufmerksamkeit, die mit der Zeit aufkam, akzeptiert hat, indem sie sich diese woanders holte? In dem Fall eben ohne Fremdgehen, auf eine emotionale Weise. Alles in allem, die Enttäuschungen, die einige eben hinnehmen, weil ihnen ein Fortführen der Beziehung wichtig ist, und sie eben nicht davon ausgehen, dass es immer ein Zuckerschlecken ist, was ja auch völlig in Ordnung ist.
Das ist der Preis, welcher das Liebespaar zahlen muss, wenn es zusammen leben will. Mann kennt sich viel zu gut, hat sich nichts mehr zu sagen, der Alltag ist eintönig, routiniert und langweilig und somit schläft auch das sexuelle Begehren nach dem Partner ein. Hinzu kommt, dass eben nicht beide gleich stark ausgeprägtes Libido haben. Bei manchen Paaren ist die Frau sexuell aufgeschlossener, aktiver, experimentierfreudiger, bei anderen ist es der Mann. Ich frage mich, wie Paare mit unterschiedlichen bzw. gleichen sexuellen Bedürfnissen sich nicht auswählen bzw. sich finden können -- also sexuell quasi aus dem gleichen Holz geschnitzt sind, damit es auch über Jahre hinweg funktioniert? Das wäre vielleicht ein sehr wichtiges Wahlkriterium, vorher die eigene Sexualität bzw. die eigene sexuelle Persönlichkeit -- um eine neue Formulierung einzuführen -- sehr gut zu kennen und offen darüber zu reden.

Vielleicht müssen Paare vor der Ehe schon darauf vorbereitet werden, wie schlecht eine Ehe auch verlaufen kann aber nicht muss, welche die Tücken des Alltags sind und wie sie sich dann aufgrund ihrer unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen auf den Geist gehen können. Es wäre vielleicht sogar vor der Ehe nötig eine Art "Gebrauchsanweisung" für ihre gemeinsame Zukunft von Paarberatern zu bekommen. Meistens gehen die Paare in die Beratung -- wenn überhaupt -- 5 nach 12, wenn es also bereits zu spät ist.

Ja die gegenseitige Aufmerksamkeit lässt mit den Jahren auch ziemlich nach - da hast Du völlig Recht. Die einzige Lösung sehe ich für Paare, welche keine Kinder haben wollen oder solche, die bereits Kinder aus einer früheren Beziehung haben im Living-Apart-Together Model. Ein Paar aber getrennte Wohnungen, wenn man sich finanziell das leisten kann. Paarberater empfehlen sogar den Eheleuten getrennte Schlafzimmer, damit sie wieder Sehnsucht nach dem Partner verspüren und ihn zu vermissen beginnen. Aber die meisten Paare glauben und haben Angst, dass das die Beziehung endgültig scheitern lässt.
 
  • #187
Vielen Dank für ihr Feedback Herr Lendt.
Wenn man Lebenspartnerschaften von der Leidenschaft aus denkt, dann sind sie erfahrungsgemäß kein so guter Ort. Vermissen können ist eines der stärksten Aphrodisiaka die es gibt – das ist in klassischen Lebenspartnerschaften aber unmöglich. Gemeinsames Socken Waschen ist hingegen eher unsexy.
Natürlich ist der Alltag, welche Paare zusammen leben und meistern, mit ihren notwenigen "Übels" (Waschen, Putzen, Kochen, Garten pflegen, Kinder versorgen) nicht erotisch, aber ist es nicht an den Paaren selber zu erkennen, dass das nur eine notwendige Pflicht ist aber kein Grund die Erotik und Sexualität aus dem partnerschaftlichen Leben hinauszutragen und sie anderswo auszuleben -- selbst, wenn beide sich einvernehmlich darauf geeinigt haben, eine offene Beziehung zu führen? Ist es nicht eher ein Problem, dass Männer und Frauen vergessen, dass sie trotz der Pflichten im Haushalt und die Verantwortung für die Kinder ein Liebespaar sind? Ist dieses Liebesmodel nicht eher eine feige Flucht aus der Partnerschaft, weil sich die Paare fürchten offen auszusprechen, wie sie sich in Wirklichkeit in der Ehe fühlen, was ihnen fehlt, was sie vermissen und wie sich sich das gemeinsame Leben in Zukunft noch vorstellen? Von Zeit zu Zeit Bilanz zu ziehen?

Es ist für sie aber viel leichter online eine Kontaktanzeige zu schalten und sich eine Zweitfrau zu suchen, als etwas zum Positiven in der eigenen Beziehung zu verändern. Natürlich wird eine offene Beziehung so gut von keinem Menschen gelebt, sondern es werden auch in Zukunft die heimlichen Affären leider die Regel sein. Viele Männer tun das -- wohl auch Frauen --, weil sie wissen, dass sich ihre Partner fast niemals mit einer offenen Beziehung anfreunden könnten.

Insofern gebe ich Ihnen Recht, dass es viel humaner, ehrlicher, fairer und rücksichtsvoller gegenüber dem Partner wäre, ihm eine solche Liebesform vorzuschlagen, statt hinter seinem Rücken immer wieder zu betrügen. Somit bekäme der Partner die Option zu entscheiden, wie er selber leben möchte.

Das beste Aphrodisiakum sehe ich, wie ich #185 schrieb...
...im Living-Apart-Together Model. Ein Paar aber getrennte Wohnungen...getrennte Schlafzimmer, damit sie wieder Sehnsucht nach dem Partner verspüren und ihn zu vermissen beginnen.
Ich denke für Paare, welche eine Familie gründen wollen, ist dieses Model schwerer zu realisieren, wohingegen bei einem grösseren Haus oder Wohnung getrennte Schlafzimmer leichter einzurichten wären -- mit hoffentlich erfreulicheren Auswirkungen auf die Erotik und Leidenschaft. Ludwig Anzengruber meinte zu Recht, "Man sollte wirklich nur die zusammen leben lassen, die ohne einander sterben würden."
Am Anfang war ja bei den meisten monogam lebenden Paaren die leidenschaftliche Liebe und Erotik auf dem Tagesplan. Sie haben das nur vergessen ;-)
 
G

Gast

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  • #188
Hallo Herr Lendt,
eine Liebe ohne Verpflichtungen dauert so lange die Liebe dauert. Eine Lebenspartnerschaft dauert eigentlich bis zum Tod.
Seien Sie mir nicht böse, aber wenn ich das lese, zucke ich als ehemalige Geliebte noch heute zusammen.

Die Partnerschaft ohne Verpflichtungen mit der Geliebten hat leidenschaftliche Gefühle als einzige Basis. Das ist eine fragile Basis, denn Gefühle sind unberechenbar und oft auch flüchtig. Leider verschwinden Gefühle auch nicht bei beiden Liebenden gleichzeitig.
Auf der anderen Seite steht dann die Ehe, die für immer gedacht ist und in der es Verpflichtungen gibt, die die Partner dauerhaft aneinander binden.


Ich finde, dass diese beiden Partnerschaften auf keinen Fall gleichwertig sind !
Es ist eine unverbindliche erotische Gemeinschaft auf der einen Seite, die jederzeit zu Ende gehen kann, wenn die Gefühle nicht mehr innig und aufregend genug sind.
Und eine auf Dauer angelegte verläßliche und verbindliche Lebenspartnerschaft auf der anderen Seite.

Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, aber: Ich finde die Rolle der Geliebten echt schäbig.
Mein verheirateter Ex-Freund möge mit seiner Ehefrau bis an´s Ende seiner und ihrer Tage glücklich leben.
Aber ohne mich.

Viele Grüße
 
  • #189
Bezüglich des Themas dieses Threads finde ich zum Beispiel ein Blick auf Lou Andreas-Salomé ganz inspirierend. Salomé war eine Femme fatale, die von 1861 bis 1739 lebte. Sie war ein Mensch mit einstaunlicher Ausstrahlung und verzauberte gleich diverse Persönlichkeiten der damaligen Epoche - u.a. Nietzsche, Rilke.

Dort wurden diverse Beziehungsformen gewählt, die nach üblichen Bezugsrahmen als komisch, anders oder wie auch immer bezeichnet werden müssen. Unter anderem heiratete Sie ihren Mann unter der Bedingung, dass es Sex in der Ehe nicht gebe. Diesen holte sie sich dann in weiteren inoffiziellen Beziehungen. Zudem spielte sie insofern mit Männern, als sie nach Ablehnung eines Heiratsantrages stets Freundschaft anbot, was dann mitunter zu nochmaligen Anträgen führte ...

Ihre Motti: „Es ist weder Schwäche noch Minderwertigkeit des Erotischen, wenn es seiner Art nach auf gespanntem Fuß mit der Treue steht, vielmehr bedeutet es an ihm das Abzeichen seines Aufstiegs zu noch weiteren Zusammenhängen.“ Oder: „Ich bin Erinnerungen treu für immer: Menschen werde ich es niemals sein.“

Insgesamt hinterließ sie sehr viel Leid - auch wenn dieses "einvernehmlich" gewählt wurde. Wenn auch diese Biographie durchaus extrem ist, sagt sie einiges über "einvernehmliche" Agreements aus. Manchmal sind diese wohl doch nicht wirklich von Freiwilligkeit getragen, sondern mitunter wird schlicht und ergreifend die Abhängigkeit, die zu einem gewissen Grad unter Liebenden besteht, ausgenutzt und verbal mit solchen Slogans "Liebe sei doch bedingungslos" versüßt.

Sicherlich gibt es Beziehungen außerhalb des üblichen monogamen Bezugsrahmens, die erfüllend verlaufen. Obige Aspekte spielen bei diesen Beziehungsformen zumindest auch eine Rolle.
 
G

Gast

Gast
  • #190
Dreiecksbeziehungen sind nicht so easy, wie die Autoren es so gerne hätten, damit sich ihre Theorien, die sie sich in den Kopf gesetzt haben, auch funktionieren. Dann hätten die Autoren Anerkennung, die sie vielleict suchen im Sinne von: jawohl, super, dass da mal einer oder drauf kommt....
schauen Sie sich die Dreicksbeziehung von Lady Diana im englischen Königshaus an, diese Frau hatte ja in ihrer "Lebenspartnerschaft"alles wovon sie träumen konnte, liebte auch selbst über alles - nur ist sie letztlich an zerbrochenem Herzen gestorben....und sie wusste von der Dreieicksbeziehung, das war so ein "abgesprochenes Arrangement" und sie hatte ja gar nicht so eine schlechte Rolle.... aber was nützt das? wenn das Herz nicht mitmacht?

Wenn ich schon höre: Bedingungen verhandeln - nein Gefühle kann man nicht verhandeln, Partnerschaften kann man nicht absprechen, man kann auch nicht neu verhandeln.... das sind kopfgesteuerte Menschen, die sowas glauben, dass das möglich sei.....

und für die normalen Frauen, die an gebrochenem Herzen sterben, nennt man das nicht Lady Di Syndrom sondern kurzum Brustkrebs!!!!
 
  • #191
Viele Fremdgeher haben sich bereits von ihrem Lebenspartner getrennt, weil sie glaubten, dann würden sie überschwänglich vom Affären-Partner empfangen und waren dann alleine, weil der Affären Partner eben KEINE Lebenspartnerschaft wollte.
Mit "viele Fremdgeher" meinen Sie wahrscheinlich vor allem verheiratete/gebundene Frauen, welche mit einem ebenfalls verheirateten Mann fremdgegangen und weniger verheiratete Männer oder? Die Frauen sind konsequenter und handeln entschlossener, wenn es um ihr Liebesglück geht. Manche Frauen nutzen die Affäre auch, um sich von der mühseligen, unbefriedigenden, leidigen Ehe zu befreien. Das gibt ihnen die letzte Motivation, ein eigenes Leben zu führen. Auch wenn ich mich wiederhole aber 90% der verheirateten/gebundenen Männern verlassen nie ihre Ehefrau für eine Geliebte - unabhängig davon, ob diese nun Single oder verheiratet ist und die Scheidung z.B. schon eingereicht hat.

Warum also verhalten sich in diesem Punkt Männer und Frauen so unterschiedlich?
Sind die Männer nur feige oder haben sie Angst zu viel zu verlieren: Kinder, Haus, gemeinsame Freunde, gewohnte Umgebung, eine Haushälterin (= Ehefrau, zynisch gemeint), welche wäscht, putzt, kocht, bügelt, die Kinder mehr oder weniger alleine erzieht, die Rosen pflegt...? Die Männer haben viel mehr zu verlieren als Frauen: ein rundum angenehmes, bequemes Leben, da sie einerseits eine Geliebte haben und vielleicht auch noch Sex mit der Ehefrau. Was will Mann mehr? Die Frauen können - zumindest theoretisch - nur gewinnen, wenn sie sich in einer solchen Situation scheiden lassen und sich einen Geliebten suchen - vorerst zumindest oder eine Partnerschaft mit getrennten Wohnungen führen.

Bedingungen verhandeln - nein Gefühle kann man nicht verhandeln, Partnerschaften kann man nicht absprechen, man kann auch nicht neu verhandeln.... das sind kopfgesteuerte Menschen, die sowas glauben, dass das möglich sei.....
Vollkommen Richtig, Gefühle kann man nicht verhandeln! Rational kann niemand eine Partnerschaft führen - nicht mal eine offene Beziehung. Immer geht es um Gefühle bei allen Beteiligten eines solchen Arrangements. Um so leben zu können, muss die emotional abhängigere Person, viel Schmerz, Trauer, Wut, Enttäuschung unterdrücken - wenn sie nicht von ihrem Partner verlassen werden will oder sich aufgrund ihrer Abhängigkeit/Hörigkeit selber nicht trennen kann.

Manchmal sind diese wohl doch nicht wirklich von Freiwilligkeit getragen, sondern mitunter wird schlicht und ergreifend die Abhängigkeit, die zu einem gewissen Grad unter Liebenden besteht, ausgenutzt
Ich glaube sogar, dass bei der Mehrheit einer solchen Beziehungsform keine Freiwilligkeit im Spiel ist!
 
  • #192
Zu einem früheren Vorwurf:
JA – wir beziehen im Buch scheinbar zwei widersprüchliche Positionen. Einmal sagen wir, dass alle Modelle gleichwertig nebeneinander stehen und da jedes Modell einen Preis hat, den man dafür zahlen muss, sollte es nur im Ermessen des Einzelnen liegen, welches er wählt. Im Rest des Buches wird aber eine gründliche Demontage der Monogamie vollzogen – wir argumentieren zeitweise eindeutig „anti-monogam“.

Warum?

Weil eben die Meisten nicht gelernt haben, Liebe anders zu denken. Wer Etabliertes hinterfragt, setzt bei vielen den psychologischen Mechanismus der Dissonanzreduktion in Kraft. Wenn jemand an A glaubt, wird er alle Beweise heranziehen, die A stützen und er wird alle Informationen ignorieren oder klein reden, die gegen A oder für B oder C sind – einfach um sich nicht hinterfragen zu müssen... das ist also völlig natürlich. Damit B nun wirklich gleichwertig neben A stehen kann, muss A deshalb grundsätzlich hinterfragt und demontiert werden. Man könnte sagen, dass der alte Machthaber erstmal den Thron zu räumen hat, damit es freie Wahlen geben kann – deshalb unsere eindeutige „Parteilichkeit“.

Gegenbeispiel: Ich habe eine Bekannte, die sich nach vielen Jahren offenen Liebens mit ihrem Partner entschieden hat, monogam zu leben. Sie und ihr Partner hatten nach so langer Zeit das Gefühl, dass sie sich nur noch einander widmen wollten, dass sie „alle Männer/Frauen der Welt im anderen finden wollten“. Sie war dabei aber keineswegs gegen freiere Liebesformen, sondern entschied sich lediglich zwischen zwei Modellen - anhand eigener Erfahrung mit beiden. Aus unserer Sicht ist das nicht dasselbe wie die übliche Monogamie, denn sollte sich einer der beiden doch irgendwann mal in einen Dritten verlieben, so wäre der erneute Wechsel des Modells absolut diskutabel und würde den Partner nicht schon allein beim Ansprechen dieser Option verletzen. Die beiden könnten so ihrem Partner treu bleiben, weil sie bereit wären, das Modell zu wechseln. Wir verneigen uns tief vor so viel Reife, Würde, Schönheit, Weisheit, Beständigkeit und inniger Bindung – diese beiden sind EINANDER treu und opfern/wechseln bereitwillig ihr Beziehungsmodell, wenn es nötig sein sollte.

Normalerweise trennen sich Menschen viel eher voneinander und bleiben dem Modell treu... sie halten sozusagen der Treue die Treue und verlieren damit ihre Liebe. Wir fragen uns, ob das eine wirklich sinn- und liebevolle Entscheidung ist.
 
  • #193
Zum Beitrag 187:

Ich sehe keinen Widerspruch zwischen dem was Sie sagen und dem was ich geschrieben habe...


Ja eben – Eine Affäre lebt NUR von der Leidenschaft und der emotionalen Bindung, d.h. sie kann schnell verfliegen (auch einseitig, wie immer in Beziehungen!) oder sie kann auch haltbarer sein als manche Partnerschaften (es gibt erotische Verhältnisse, die mehrere Ehen der Beteiligten überdauert haben)! Als Partnerschaft bezeichnet man sogar berufliche Beziehungen – da stehen „Projekte“ im Vordergrund. In der Menschheitsgeschichte wurde beides vorwiegend getrennt gehalten, denn Leidenschaft schafft eben auch Leiden und Partnerschaften laufen am besten ohne große emotionale Krisen zwischen den Beteiligten.

Ich würde keine Wertung im engeren Sinne vornehmen, denn da vergleichen wir wieder Äpfel und Birnen. Manchen schmecken Äpfel, während sie Birnen hassen und andersrum... und manchen schmeckt beides.

Wenn Sie Ihr Arrangement damals nicht genießen konnten, dann sicherlich, weil Sie sich auch eine/mehr Partnerschaft gewünscht hätten und diese mit diesem Mann nicht bekommen konnten. Das ist nicht in unserem Sinne einvernehmlich, sondern ein anderes Thema, nämlich das der unerfüllten Bedürfnisse/Liebe. Das scheint mir auch im Leben der erwähnten Lou Andreas-Salomé prägend gewesen zu sein (neben ihrer scheinbar ausgeprägten persönlichen Schwierigkeit sich auf Menschen emotional wirklich tief einlassen zu können): Viele Männer begehrten sie und sie erwiderte nur Teile davon, „diktierte“ die Regeln der Beziehungen (Diktaturen sind das Gegenteil von Einvernehmlichkeit). Zuviel zum Sterben und zuwenig zum Leben sagt man da wohl und die Männer litten offensichtlich sehr an ihren unerfüllten Sehnsüchten... doch das gibt es bei unglücklich monogam Verliebten genau so wie bei Mehrfachliebenden und dagegen ist kein Kraut gewachsen.

Derartiges Liebesleiden kann kein Modell der Welt verhindern – man kann ihm höchstens anders begegnen, aber das würde hier zu weit führen.
 
  • #194
Zum Beitrag 189
Ich nehme an, dass Sie später dazu gekommen sind und nicht die vorherigen Beiträge gelesen haben – was man Ihnen nicht verdenken kann, bei der Länge des ganzen Themas.

Lady Di ist mit Sicherheit ein von allen Seiten durch und durch „erlittenes Arrangement“ (vielleicht schon von der Hochzeit an?), kein gewolltes (wer hätte diese Ehe so gewollt? Camilla Parker Bowles? Prinz Charles? Lady Di?). Es war eine klassische Situation, in der keiner leben konnte, wie er/sie wollte – alle haben dabei verloren!

Richtig, Gefühle kann man nicht verhandeln (Bedingungen durchaus) – was also tun Menschen, die spüren, dass für sie Liebe nicht auf einen Partner allein beschränkt werden kann? Da ist einfach nichts zu verhandeln! Diese Menschen fühlen so und möchten entsprechend leben. Mit der Sehnsucht, die Fremdgänger treibt ist offensichtlich auch nicht zu verhandeln, aber wenn Sehnsüchte und Wünsche nicht irgendwie veränderbar wären, dann würde nicht so irrsinnig viel Geld in Werbung gesteckt. Fast alle romantischen Filme machen Werbung für das Modell Monogamie und das hinterlässt tiefe Spuren in unserer Psyche.

Abgesehen davon wäre nach Ihrer Argumentation auch die ganze Idee der Monogamie absurd, denn wie könnten Menschen sich vor einem Altar Treue schwören? Die Erfahrung zeigt doch, wie unzuverlässig solche verhandelten Arrangements sind. Sind Eheverträge dann nicht auch total absurd? Dürfen Menschen keine Vereinbarungen treffen, wie sie miteinander leben wollen? Wir tun nichts anderes in einer Gesellschaft.

Was wir sehr wohl tun können ist, die „Spielregeln“ zu verändern, unter denen sich Menschen begegnen. Wieso entwickeln Menschen beim „Mensch ärgere dich nicht“ Gefühle wie besagten Ärger, bloß weil eine winzige Holzfigur ihren Platz auf einem bemalten Pappbrettchen ändert (=man rausfliegt)? Sie entstehen nur unter diesen Bedingungen/Spielregeln. Im Boxring bestehen andere Regeln als sonst, so dass dort keiner von Körperverletzung spricht, obwohl es genau das ist, was dort passiert. In der Sauna regt sich sicherlich niemand über Nacktheit auf... und wenn mehrere Menschen aus einem tiefen Wunsch nach einer Liebesform zu mehr als einem Menschen zueinander finden, dann findet das keiner der dort versammelten falsch!

Wir können solche Menschen pathologisieren, wie das hier mehrfach passiert. Aber warum tun wir das, ohne sie zu kennen?
 
  • #195
Mit "viele Fremdgeher" meinen Sie wahrscheinlich vor allem verheiratete/gebundene Frauen, welche mit einem ebenfalls verheirateten Mann fremdgegangen und weniger verheiratete Männer oder?

90% der verheirateten/gebundenen Männern verlassen nie ihre Ehefrau für eine Geliebte - unabhängig davon, ob diese nun Single oder verheiratet ist und die Scheidung z.B. schon eingereicht hat.

Ich glaube sogar, dass bei der Mehrheit einer solchen Beziehungsform keine Freiwilligkeit im Spiel ist!


Nein – ich meine Männer UND Frauen, die mit „freien“, also sonst ungebundenen Menschen eine Affäre hatten und es ging hierbei nur um den Punkt, dass manche Singles sich auf Affären einlassen, weil sie gar nicht mehr wollen.

Haben Sie eine Quelle für die angeführte Zahl (90%)?

Unabhängig davon redete ich in diesem Kontext wieder über das Fremdgehen und das passiert eben NICHT einvernehmlich. Da ist die wieder und wieder stattfindende Verwechslung: Ich kenne persönlich mehrere „Paare“, die seit vielen Jahren anders lieben und auch hier im Forum haben sich ja schon mehrere Personen entsprechend geäußert...

Es ist interessant, dass diesen Menschen hier wiederholt abgesprochen wird, dies auf freiwilliger Basis getan zu haben (siehe oben Dissonanzreduktion?).

Natürlich gibt es etliche Fälle, in denen sich Menschen aus verschiedenen, wenig positiven Gründen auf Mehrfach-Arrangements einlassen – aber das ist dann nicht einvernehmlich und so gewollt, sondern erlitten!
Das ist aber gar kein Privileg „nicht-monogamer Beziehungen“. Unter vielen meiner besser verdienenden KlientInnen bezeichnen sich (Ehe-) Frauen hintenrum gegenseitig als „Wohlstandshuren“. Ich kenne Fälle, in denen Frauen wenige Wochen oder Monate nach dem ersten Date schwanger wurden... Nicht-Einvernehmlichkeit und Lieblosigkeit geht also auch problemlos unter monogamen Bedingungen. Wenn solche Paare zu mir kommen, dann lieben diese Väter ihre Kinder oft sehr, aber es schwelt in ihnen noch immer ein tiefer Groll über die Nicht-Einvernehmlichkeit der Familiengründung damals, die dann die Familie manchmal zerbrechen lässt.
 
G

Gast

Gast
  • #196
Ich verstehe einfach nicht, was die Autoren eigentlich wollen. Mehrfachbeziehungen gibts und gabs doch schon immer, genauso wie es andere Minderheiten gibt...Homosexuelle gibts und gabs auch schon immer und es ist gut, dass sie heute gesellschaftlich anerkannt sind und jeder so leben kann wie er möchte. Mehrfachbeziehungen machen aber doch nur einen Bruchteil der Gesamtheit aus, wie Homosexuelle z.B auch. Warum muss man dann bitte alle aufscheuchen, sich ihr Monogamieverständnis (eine größere Liebe als einem einzigen Menschen seine ganze Lie be zu widmen gibt es m.E. nicht) unter die Lupe zu nehmen, wenn x-90 % mit der Mongamie doch ganz zufrieden sind? Warum soll ich mir einreden lassen, dass sei nun heute nicht mehr up to date?

Dass stört mich an der ganzen Thematik. Sollen die Mehrfachbezieher sich doch rechtzeitig outen und nicht mit Monogamieliebhabern eine Beziehung eingehen, sondern putzmunter unter sich bleiben. Dann ist doch aller Kummer vermieden. Der Kummer entsteht doch nur, wenn der Mehrfachbezieher einen Einfachbezieher täuscht und dieser dann später aus allen Wolken fällt, genauos wie früher Homosexuelle gezwungen waren, doch eine heterosexuelle Beziehung oder gar Ehe einzugehen.

Aber niemand käme doch nun auf die Idee allen Paaren zu bedenken zu geben, ob sie nicht doch lieber homosexuell sein wollen.....
 
G

Gast

Gast
  • #197
Hallo Herr Lendt,
das ist ein sehr interessanter Thread, und ich finde es toll, mit wieviel Mühe Sie auf die unterschiedlichen Beiträge eingehen. Danke.

Ihr Beispiel mit den Äpfeln und Birnen finde ich gut.
Vielleicht gibt es einen großen etablierten Apfel-Club (die Monogamen, die alle Risiken und Nebenwirkungen ihrer Apfel-Liebe in Kauf nehmen).
Und dann gibt es noch einen elitären kleinen Birnen-Verein (die Polyamoren, die auch alle Risiken und Nebenwirkungen ihrer Geschmacksrichtung akzeptieren aus Leidenschaft für Birnen eben).

In ihrem Verein sind sich alle einig, es herrscht wirklich Einvernehmlichkeit. Alle mögen das Selbe. Ein paar Leute sind sogar Mitglied in beiden Vereinen.

Probleme gibt es nur , wenn zwei aus dem Birnen-Verein unbedingt jemanden aus dem Apfel-Club als Mitglied werben wollen.
Alle Reklame hilft nichts. Jedes Argument für den Konsum von Birnen verpufft.
Der Apfel-Mensch mag einfach keine Birnen. Um´s Verrecken nicht. Nicht mal mit Schokostreuseln. Igittigitt.
Da gibt es nichts zu diskutieren, denn das ist nicht zu ändern.

Höchsten könnte sich die Apfel-Frau mal mit den Birnen-Leuten auf eine Banane treffen. Aber nur, wenn die nicht wieder von ihren Birnen anfangen ..... hihi.

Liebe Grüße !
 
G

Gast

Gast
  • #198
@Frederika: Wenn Millionen von Menschen in langjährigen (Mehrfach-) Liebes (!!!) Beziehungen leben und dort entweder gänzlich ohne Eifersucht miteinander existieren können oder einen guten Umgang damit gefunden haben, zeigt das

Ganz ehrlich - die Diskussion ist sehr interessant, auch wenn sie irgendwie im Kreis gefuehrt wird.

ABER: Ich wuerde gerne Zahlen in Kontext gesetzt sehen. "Millionen von Menschen" klingt mir ein wenig nach Kindergartengeschwaetz. Relativer Anteile? Personengruppen? Laender/Kulturkreis? Woher ist die Statistik?

Man muss sich immer Fragen, wozu eine Beziehung gut ist. Im Tierreich - wie beim fruehen Menschen - dient sie zum Aufzug des Nachwuchs. Auch dort findet man Un-treue.

Bei uns hat sich die 'klassische Familienstruktur' der letzten Jahrhunderte bei uns etabliert. Ihre derzeitige Schwaeche ist nicht unbedingt ein Anzeichen dafuer, dass man mit Alternativen Modellen zur Partnerschaft herantreten sollte - vielmehr wuerde ich die Ursachen dafuer auch in der zunehmenden individualisierung und verstaatlichung unserer Gesellschaft suchen.

Das Glueck des Einzelnen deckt sich nicht immer mit dem Glueck der Gruppe - und umgekehrt.
 
  • #199
Nein – ich meine Männer UND Frauen, die mit „freien“, also sonst ungebundenen Menschen eine Affäre hatten und es ging hierbei nur um den Punkt, dass manche Singles sich auf Affären einlassen, weil sie gar nicht mehr wollen.

Haben Sie eine Quelle für die angeführte Zahl (90%)?
Sie haben mich ins Schwitzen gebracht, Herr Lendt. ;-) Ich hatte lange gebraucht, die Quelle mit den Daten für die angeführte Zahl von 90% der verheirateten Männer zu finden, welche ihre Ehefrauen für die heimliche Geliebte nicht verlassen würden.
90 Prozent der Männer bleiben angeblich bei ihren Ehefrauen. Nur jede zehnte Geliebte wird also schließlich zur offiziellen Frau an seiner Seite. Ein paar Dinge ändern sich eben doch nicht, bei aller Liberalität: Man trennt sich auch heute nicht so leicht, wegen der Kinder, des Geldes, der Verbundenheit, weil man mehr als eine lieben kann.
Der Therapeut W. Schmidbauer äussert sich dazu:
"Es ist etwas anderes, wenn man Haus für die schöne Urlaubswohnung aufgeben muss, als wenn man beides behalten darf"(...)"Die meisten Menschen gehen wegen der narzisstischen Bestätigung fremd. Und Sex ist eine große narzisstische Bestätigung."
Quelle: http://www.zeit.de/2008/31/Geliebte-31
Es scheint keine offizielle statistische Daten darüber zu geben, aber Sie haben sicher aus Ihrer Praxis sicher viele solche Fälle kennengelernt. Allein in diesem Forum und in anderen Foren beklagen sich Geliebte, dass ihr Geliebter sich letztlich für seine Ehefrau entscheidet, besonders wenn noch Kinder im Spiel sind.

Diese Zahlen decken sich zusammen, mit dem E-Mail Austausch, welchen ich mit den gebundenen/verheirateten Männern hatte. So z.B. weiss ich von einem Mann, welcher neben seiner 11 jährigen Ehe eine Parallelbeziehung 10 Jahre lang mit seiner Arbeitskollegin geführt hatte. Während dieser Zeit ist er auch zweifacher Vater geworden. Als seine Affäre aufflog liess er seine Geliebte wie eine heisse Kartoffel fallen, weil sich seine Ehefrau scheiden lassen wollte. Mit mir wollte er auch eine Affäre beginnen und fragte mich, ob ich dazu bereit wäre, als ich mich aus Neugierde für seine Motivation auf einen Kaffe getroffen habe.

Ein anderer Mann beschwerte sich über seine Frau, wie sehr sie von ihr genervt war und keine Lust hätte mit ihr zu schlafen, aber wegen der Kinder wolle er sich nie scheiden lassen. So suchte er später online immer wieder ein Betthäschen, ohne Schuldgefühle oder schlechtes Gewissen zu haben.

Kaum ein Mann würde die Ehefrau für seine Geliebte verlassen, um mit ihr eine gleichwertige Partnerschaft einzugehen. Die meisten Single Frauen - wie ich auch - wollen aber nicht nur eine Affäre, daher ist mir bewusst, dass ich, sollte ich mich in einen verheirateten/gebundenen Mann verlieben immer die Verliererin sein würde.
 
  • #200
Probleme gibt es nur , wenn zwei aus dem Birnen-Verein unbedingt jemanden aus dem Apfel-Club als Mitglied werben wollen.
Alle Reklame hilft nichts. Jedes Argument für den Konsum von Birnen verpufft.
Der Apfel-Mensch mag einfach keine Birnen. Um´s Verrecken nicht. Nicht mal mit Schokostreuseln. Igittigitt.
Da gibt es nichts zu diskutieren, denn das ist nicht zu ändern.

Stellen Sie sich bitte vor, dass „die zwei“ gar nicht aus dem Birnen-Verein sind... die beiden, die das Thema zur Sprache bringen tun das auch nicht als Reklame für Birnen-Beitritte im Sinne von „Birnen (Mehrfachbeziehungen) sind das bessere Obst“. Die beiden Obst-Vergleicher (!) beobachten bloß seit Jahren, dass ein riesiger Prozentsatz der „Nur-Äpfler“ immer wieder heimlich zu Birnen greift (Fremdgehen – in dem Sinne, dass dies eine unschöne Form der Mehrfachbeziehung ist...natürlich keine einvernehmliche, hier hinkt das Beispiel etwas, weil es „Birnen“ und „Birnen“ in einen Topf werfen muss).

Da Birnengenuss von Nur-Äpflern aber nicht akzeptiert und als Verrat gedeutet wird, kommt es zu so vielen schmerzlichen Szenen, dass die beiden Obst-Fachleute zum Schluss kommen, dass es sehr viel Sinn macht, den angeblichen Nur-Äpflern darzulegen, wie viele von ihnen bereits Birnen genascht haben. Der überwiegende Teil hat die Birnen genossen, darf das aber nicht laut sagen, wenn er noch Kontakt zu Nur-Äpflern haben möchte.

Das große (!!!) Problem an Nur-Äpflern ist leider, dass sie „Igitt“ sagen, ohne je eine Birne gekostet zu haben... oder – noch perfider – WEIL sie bereits heimlich eine Birne gekostet haben, aber das nicht auffallen soll (im Sinne von: „ICH bin ein Äpfler!!!“).

Es wäre schon sehr schön, wenn das Nebeneinander von Äpfel- und Birnenfans so liefe wie Sie es schreiben, aber wie wir auch in dieser Diskussion gesehen haben, werden Birnisten oft sehr abfällig und ungleichwertig betrachtet – in diesem Sinne sind sie auch alles andere als elitär.

Und wenn wir das Beispiel noch mal bemühen:
Jede neue Südfrucht (in meiner Kindheit war es die Kiwi) wird zunächst skeptisch betrachtet, dann vorsichtig gekostet und findet dann ihren Weg in die Gemeinde... Dazu braucht es aber x-Ratgeber, Kochshows etc., damit Otto-Normaläpfler glauben kann, dass es einem nicht das Essen versaut, wenn man Birnen, Kiwis oder gar Drachenfrüchte klug kombiniert.

Obstsalat kann köstlich sein und er tut wirklich niemandem weh!

Ihre Obstsalatler
Holger Lendt
 
  • #201
Warum muss man dann bitte alle aufscheuchen, sich ihr Monogamieverständnis ...unter die Lupe zu nehmen...

Der Kummer entsteht doch nur, wenn der Mehrfachbezieher einen Einfachbezieher täuscht und dieser dann später aus allen Wolken fällt, genauos wie früher Homosexuelle gezwungen waren, doch eine heterosexuelle Beziehung oder gar Ehe einzugehen.

Aber niemand käme doch nun auf die Idee allen Paaren zu bedenken zu geben, ob sie nicht doch lieber homosexuell sein wollen.....

Recht haben Sie... vollkommen!

Trotzdem stiften wir bewusst Unruhe – so wir das überhaupt können!

Der Unterschied zu den Homosexuellen ist einfach die Vielzahl derer, die verdeckt nicht-monogam sind! Je nach Maßstab sind das bis zu 100% der Monogamen (geistig treu ist wohl niemand im Sinne der Exklusivität).

Zu Strichjungen und Callboys kommen unglaublich viele, scheinbar kreuzbrave, Hetero-Familienväter und wenn man diese Diskussion eröffnen wollte, würde es sicherlich auch sehr spannend... aber wir glauben, dass der Wunsch nach gelebter Homosexualität und die Zahl der tatsächlichen Hetero-„Fremdgänger“ vergleichsweise gering sind zur Zahl der Nicht-Monogamen, die so tun, als seien sie monogam, oder die das auch von sich glauben.

Da wir uns unserer Monogamie so sicher sind, fallen in sehr, sehr vielen Beziehungen sogar die Fremdgänger selber aus allen Wolken! Sie sind blind für eigene Sehnsüchte gewesen, weil sie in einer „selbstverständlich monogamen Kultur“ aufwuchsen und sehen diese erst, wenn sie schon gelebt wurden. DAS ist das Drama, um das sich unser Buch dreht (unter anderem, denn viele Teile lassen wir hier völlig außen vor, um es nicht noch komplizierter zu machen).

Würden monogame Menschen ihre Beziehungsform als bewusste Bemühung sehen, die instinktiveren Teile ihrer Selbst zu kontrollieren und würden sie berücksichtigen, wie schwierig das ist (weil der Wille nachweislich nicht frei ist), dann könnten sie sich nicht-monogame „Ausrutscher“ vielleicht eher verzeihen, weil nicht ein Beziehungsmodell die höchste Priorität hätte, sondern die Beziehung zum Partner.
Damit wäre schon alles erreicht. Beziehungen, ja Liebe(n) würden dem nicht mehr geopfert werden müssen, Gewalttaten aus Eifersucht könnten abnehmen, tausende von Scheidungskindern hätten noch Eltern, die sich liebevoll gegenüber stünden.

Dazu wollen wir anregen... wir finden dieses hehre Ziel ist ein wenig Unruhe wert!
 
  • #202
Das große (!!!) Problem an Nur-Äpflern ist leider, dass sie „Igitt“ sagen, ohne je eine Birne gekostet zu haben... oder – noch perfider – WEIL sie bereits heimlich eine Birne gekostet haben, aber das nicht auffallen soll (im Sinne von: „ICH bin ein Äpfler!!!“).
Vielleicht ist es viel eher so, dass jene, die gerne mal eine Birne kosten, einfach erkannt haben, dass Birnen und Äpfel einfach gar nicht miteinander harmonieren. So schön Birnen auch sind, sie schmecken einfach nicht in Kombination mit Äpfeln.

Also erkennt der pfiffige Birnenesser: So lecker die Dinger auch sind, aber ich werde mich entscheiden müssen zwischen Birnen und Äpfeln. Dann wägt er alle Nachteile ab und sagt sich vielleicht, mit Äpfeln kann man viel mehr tolle Gerichte zaubern (Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft, Familiengründung), Birnen aber nur einfach naschen (Sex und Spaß) und erkennt dann, es man im Leben eben nicht alles gleichzeitig haben kann.

Man kann einfach nicht mit einem Menschen sämtliche Ressourcen vereinen, eine Lebens-, Wirtschafts- und Risikogemeinschaft bilden, gemeinsam für Kinder Liebe und Verantwortung übernehmen, loyal zueinanderstehen und Seit an Seit durchs Leben gehen, wenn gesundheitliche, finanzielle, fortpflanzungstechnische Risiken nebenbei eingegangen werden, die all diese Konzepte grundlegend in Frage stellen.

Es geht eben nicht nur um Liebe, Eifersucht und Sex, um ein wenig naschen nebenbei, sondern um weitaus größere menschliche Werte.

Ihre Überhöhung der Liebe, Herr Lendt, klingt zwar so schön ewig zeitlos und romantisch anmutend, aber Liebe ist eben nicht alles im Leben. Es ist eher ein Zeichen von Dekadenz, dass Überleben, Sicherheit, Fortpflanzung, Wirtschafts- und Risikogemeinschaft als sekundär wahrgenommen werden, nur weil diese Primärinteressen hete ausreichend gut durch die Gemeinschaft abgedeckt werden: Sozial ist, wenn andere es zahlen.
 
  • #203
Es hat sich ja nun offensichtlich ausdiskutiert hier, deshalb noch ein abschließendes Wort zum letzten Beitrag:

Liebe Frederika,
wir und andere sind bereits auf jeden Ihrer Einwände mehrfach gründlich eingegangen - der letzte sei aber noch beantwortet.

Wir können durch unsere Wahrnehmung die Welt verändern! Die Welt an sich gibt es nämlich gar nicht, oder wie der große Denker Heinz v. Förster sagte: "Die Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners!"

Man kann das alles genau so sehen wie Sie es tun.

Unser Angebot ist, es probeweise mal so zu sehen wie es einige Mystiker taten (nun spreche ich doch kurz noch über unsere Sichtweise der Liebe):
Alles ist Liebe - es gibt gar nichts anderes!

Wir tun alles, was wir tun, entweder aus Selbstliebe (die durchaus zum kurzsichtigen Egoismus "verkommen" kann), aus Liebe zum anderen (die erdrückender Besitzanspruch oder Selbstaufgabe werden kann) oder aus Liebe zu höheren Werten, Idealen etc. (die moralisch-idealistische Borniertheit werden kann).
Uns ist noch Nichts begegnet, was sich nicht in diese drei Formen der Liebe einordnen ließe.

Selbst die furchtbarsten Dinge passieren nur deshalb, weil Menschen etwas wollen/lieben, von dem sie glauben, dass es "das wert ist". Nur Liebe treibt uns voran - nichts sonst! In all ihren bunten Variationen...

Das ist mit reiner Vernunft betrachtet eher romantischer Blödsinn, man kann es aber gut und vernünftig begründen und es macht ein anderes Lebensgefühl:
Sie lieben vermutlich die Sicherheit, die Moral, die Stabilität.

Die Frage ist immer, wie sehr wir das Eine lieben und ob das auf Kosten des anderen geht... Sie sprechen es selber in anderem Zusammenhang an. Eine Ethik der Liebe müsste die drei Arten der Liebe balanciert bekommen - ein großer Anspruch! Herr Bush hätte keinen Krieg führen können, wenn seine Nächstenliebe größer und seine Liebe zu Macht und Geld kleiner gewesen wäre. Viele Menschen würden sich nicht so lange in furchtbar gewalttätigen Beziehungen aufhalten, wenn sie mehr Selbstliebe hätten usw.

Wenn aber eine bestimmte Form der Liebe weder uns, noch anderen, noch unseren Idealen gegenüber lieblos ist, dann sollten wir sie leben dürfen - vollkommen egal, wie normal es anderen erscheint. Die Liebe zur Normalität ist ebenso legitim wie die Liebe zu etwas Besonderem - solange es Kants kategorischem Imperativ genügt (der natürlich auch seine Tücken hat, wenn nämlich jemand sagt: "JA - schlagt mir bitte die Hand ab, wenn ich stehlen sollte!").

Deshalb: Freiheit und Liebe brauchen einander und beide sollten sich begrenzen lassen durch die Freiheiten und die Liebe(n) der anderen!

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen und allen anderen, die hier wacker mit diskutierten ein möglichst Liebe-volles Leben

Ihr Holger Lendt
 
  • #204
Unser Angebot ist, es probeweise mal so zu sehen wie es einige Mystiker taten [...]: Alles ist Liebe - es gibt gar nichts anderes! [...] Selbst die furchtbarsten Dinge passieren nur deshalb, weil Menschen etwas wollen/lieben, von dem sie glauben, dass es "das wert ist". Nur Liebe treibt uns voran - nichts sonst! In all ihren bunten Variationen... Das ist mit reiner Vernunft betrachtet eher romantischer Blödsinn, man kann es aber gut und vernünftig begründen
Ja, aus der Sicht der Vernunft ist es in der Tat so, wie sie sagen... ;-) Hätte ich jetzt ohne den mir zugespielten Ball nicht gewagt, so deutlich zu formulieren, aber so ist es.

Mein grundsätzlicher Kritikpunkt daran ist, dass hier der Begriff der Liebe zu weit ausgedehnt wird, bis er schließlich zwar alles erfasst, aber durch diese Beliebigkeit inhaltsleer wird. Mit den mittelalterlichen Gottesbeweisen war es ähnlich: Was sich bewegt, was eine Ursache hat, was das Größte ist, ... letztlich kann man mit einer solchen Argumentation allenfalls etwas Absolutes begründen, aber eben keinen interaktiven, denkenden, fühlenden, befehlenden, erlösenden Gott. Genau so verhält es sich hier mit dem Begriff Liebe.

Ist es Selbstliebe, wenn wir Gefahren ausweichen, uns fortpflanzen, uns ernähren, vor Erschöpfung einschlafen, sind Instinkte, Reflexe und angeborenes Verhalten wirklich auf Liebe beruhend? Sind nicht die allermeisten Verhaltensformen des Menschen in Wirklichkeit Überlebensstrategien? Empfinden Tiere, die so handeln, auch Liebe? Warum nennen Sie das Selbstliebe? Spielt bei solchem Verhalten, auch bei rationalem Selbstschutz, wirklich Liebe eine Rolle?

Verwässern wir nicht den Liebesbegriff, wenn wir Wegzucken vor Gewalteinwirkung mit Mutterliebe zu unserem Kind vergleichen? Oder wenn wir tiefe Partnerliebe mit Mundraub zwecks Selbsterhaltung vergleichen? Ich denke schon. Liebe hat eine andere Qualität, ist ein ganz besonderes Gefühl.

Damit zu meinem zweitem Kritikpunkt: Liebe ist zwar ein ganz besonderes Gefühl, weil sie sehr intensiv empfunden werden kann und dann in der Tat eine große Triebkraft darstellt, aber sind andere Gefühle deswegen weniger wert? Was erlaubt uns, die Liebe unter all den Gefühlen so hervorzuheben und andere Gefühle zu vernachlässigen? Angst -- Freude -- Trauer -- Rachsucht -- Habgier -- Hass: Ist es wirklich richtig, alles der Liebe zu subsummieren, notfalls all das als Selbstliebe zu karikieren? Fühlen wir diese anderen Gefühle nicht ganz klar als von der Liebe unterscheidbar? Ist nicht auch Hass oftmals wichtiger Beweggrund, bin hin zur Selbstaufgabe?
 
  • #205
Sie lieben vermutlich die Sicherheit, die Moral, die Stabilität.
Nein, Liebe ist das nicht, sondern ich schätze Sicherheit und Moral. Natürlich kann man sämtlich positiv besetzen Begriffe durch Liebe ersetzen und dann sagen: q.e.d

Wenn aber eine bestimmte Form der Liebe weder uns, noch anderen, noch unseren Idealen gegenüber lieblos ist, dann sollten wir sie leben dürfen - vollkommen egal, wie normal es anderen erscheint.
Ich denke, dieser These hat ja auch niemand widersprochen. Wenn sich alle Beteiligten einig sind, dann steht es jedem frei, solche bunten Konstellationen zu leben. Es wurde hier nur bezweifelt, dass dies auf Dauer für alle Beteiligten der Fall sein wird.

Deshalb: Freiheit und Liebe brauchen einander und beide sollten sich begrenzen lassen durch die Freiheiten und die Liebe(n) der anderen!
Da stimme ich Ihnen zu!

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen und allen anderen, die hier wacker mit diskutierten ein möglichst Liebe-volles Leben
Vielen Dank und das wünsche ich Ihnen auch!
 
G

Gast

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  • #206
Es gab eine Zeit, da sagte ich mir, wenn mein Partner fremdgeht, mache ich sofort Schluss. Dann kam mein Kind zur Welt und ich dachte anders. Nach 7jähriger Ehe wurden wir "freundschaftlich" geschieden. Auf einmal war ich wieder Single und hatte meinen Sohn jede 2. Woche bei mir. Ich lernte nach ca. 1/2 Jahr meinen jetzigen Lebensgefährten kennen. Gleich am Anfang betrog/belog er mich. Ich stand unter Schock, als wenn mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde - wurde ich mit einem Schlag der Basis unserer Beziehung beraubt. Was nun?

Tja was nun? Ein paar Tage konnte ich nur weinen, mich verkriechen, mit niemanden reden. Auf Arbeit die bohrenden Fragen, ich wurde heim geschickt. Aber war das noch mein Zuhause? Die erste Wut verflog und was blieb, waren Traurigkeit und maßlose Enttäuschung! Gerade am Anfang, wo man doch eigentlich auf Rosaroten Wolken schwebt...hab ich etwas falsch gemacht?

Ich entschloss mich zu bleiben. Warum? Weil ich ihn unendlich liebe, er ebenso ein lieber Mensch ist, wir gut zusammenpassen und so vieles gemeinsam haben. Ich habe ihn genervt und unendlich viel gefragt. Wir haben sehr viel drüber diskutiert und ich habe ihm im Lauf der Zeit verziehen. Ich habe es nicht vergessen, wie kann man das auch. Aber ich denke, unser Vertrauen ist fast vollständig wieder hergestellt. Dieser Weg war lang und schwer. Ich musste aufpassen.....
 
G

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  • #207
.....dass meine neue Eigenschaft "eifersüchtig" nicht überhand nimmt. Das ist mir gut gelungen. Denn ich bin ein optimistischer Mensch. Mein Partner hat sich während der ganzen Zeit sehr bemüht und bemüht sich immer noch. Nach 2,5 Jahren nun ist unsere Liebe stark. Ich liebe ihn sehr und möchgte ihn niemals missen. Es helfen gemeinsame Ziele und Hobbys. Man muss genießen und sich ab und zu ganz auf sich besinnen.

Man sollte nicht stur gerade ausblicken, wenn der Partner einen Fehler begeht. Ich weiß, nicht jeder kann verzeihen und oft sind es die Umstände, die die Beziehung nicht mehr retten können.

Nächste Woche werden wir heiraten....:eek:)

Ich habe in dieser Zeit auch viel Erfahrung dazu gesammelt.

PS: Eine schmerzliche Wahrheit ist besser als eine Lüge. Thomas Mann
 
G

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  • #208
Ich finde, wenn beide sich zu einer monogamen Beziehung entschlossen haben, dann sollte man auch nicht mit anderen schlafen Punkt. Wenn mir mein Partner nicht mehr reicht, dann ist Schluss machen meiner Meinung nach die beste Lösung, wie soeht das sonst aus? Schatz, ich liebe dich über alles, aber zum vögeln nehme ich lieber 'ne andere.
 
G

Gast

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  • #209
Ich finde, wenn beide sich zu einer monogamen Beziehung entschlossen haben, dann sollte man auch nicht mit anderen schlafen

Richtig. Und wenn er's doch tut oder verschiedene andere antestet - dann kann er meinetwegen mit seiner "Eule" bleiben, wo der Pfeffer wächst.
Ich bin überzeugt, dass man treu sein kann, wenn man es will. Auch wenn "die Liebe" mal nicht so groß ist: Wenn man sofort die Schwierigkeiten miteinander klärt, sollte das doch möglich sein, treu zu bleiben.

Allerdings ist bekannt, daß es das sog. "Fremdgeher-Gen" gibt - was manchmal auch in verschiedenen Familien durch Generationen hinweg beobachtet werden kann.
Also, Frauen: Beobachtet die Familien und die Geschichten, die hinter vorgehaltener Hand erzählt werden über die Verwandtschaft!
 
G

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  • #210
Liebe Autoren, ich finde Eure Gedanken/Hypothesen zur menschlichen Treue und Untreue sehr wertvoll und anregend - letztlich stehen fast alle Menschen (Partner) in einem Dilemma zwischen Verbindlichkeit und Freiheit, zwischen Nähe und Distanz, zwischen Sicherheit und Weite/Offenheit. Dieses Dilemma können Mann und Frau (fast) nicht lösen, denn sonst würden die monogamen Ehen viel besser funktionieren, aber auch die sog. offenen Partnerschaften und (meist verdeckten) Seitensprünge wären kein so dramatisches Kapitel.

Es gibt auf beiden Seiten natürlich immer Menschen, welche das romantische Ideal einer lebenslangen und treue Ehe auf gute und vorbildliche Art schaffen (Hut ab), ebenso gibt es wohl Menschen, welche die Flexibilität einer von Liebe geleiteten Partnerschaft umsetzen können (auch denen gebührt Respekt, weil das ein ganz schwieriges Unterfangen ist und viel Menschenkenntnis und Reflexivität voraussetzt). Aber wie gesagt: Das Tragische an der ganzen Geschichte ist, dass die meisten Menschen weder das Eine noch das Andere Ideal schaffen. Weil es letztlich einfach nicht aufgeht, ob man das wahrhaben will oder nicht; es ist gleichsam eine condition humaine, die eine komplizierte Geschichte von freiem Willen und gesteuerten Trieben ist.

Und dieses Dilemma ausserhalb von moralischen Normorientierten Betrachtungen und Verurteilungen habt Ihr, Lisa und Holger,sehr gut auf den Punkt gebracht: Untreue ist keine Lösung, Treue aber auch nicht!

Leider haben viele Diskukssionsteilnehmer/innen (vorab Frederike und Angelina) Eure Botschaft nicht wirklich verstanden und argumentieren sehr moralisch. Schade.

P.S. Ich war selber auf EP und habe eine wunderbare Partnerin gefunden, mit der tiefe Liebe und aufregender Sex möglich sind. Dennoch finde ich es völlig o.k. und legitim, einen solchen Artikel auf EP zu veröffentlichen (auch hier das Bibelzitat gilt: wer den ersten Stein wirft....)
 
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