Ich kann dich gut verstehen. Gefühlsmässig ist es eine schwierige Zeit für alle Eltern, aber sicher ganz besonders für Dich als allein erziehende Mutter, die Zeit in der unser Kind immer selbständiger wird, vielleicht gerade auch übers Wochenende viel unternimmt und wir uns nicht mehr so "gebraucht" fühlen. Doch vermutlich brauchen unsere Kinder uns auch in diesem Alter mehr als wir ahnen, weniger unsere beständige Verfügbarkeit, aber doch den Rahmen den wir über die Jahre geschaffen haben, die familiären Bräuche, vielleicht das gemeinsame später Frühstück oder ein Abendessen, und einfach die Gewissheit meine Mama ist da, ich kann sie fragen was ich tun soll, oder sie ist da und bemerkt wenn es mir nicht gut geht, sie interessiert sich für mich - und dies auch wenn uns die Jugendlichen manches mal abwehrend oder etwas "rotzig" begegnen... - ja, ich verstehe gut, wenn Du sagst, eigentlich müssten die Jungen ausfliegen. Und auch wenn Du Dich fragst, darf ich mich entfernen, darf ich meinen Wünschen nachgeben... ja, ich kenne eine ähnliche Situation gut: Darf ich mir einen Partner suchen der etwas weiter entfernt lebt und ich dann in ein oder zwei Jahren, vielleicht dort hin ziehe - darf ich das? Darf ich ausfliegen aus dem Nest, das ich über Jahre gebaut und "behütet" habe? Darf ich das? - oder muss ich meine immer stärker werdenden Wünsche unterdrücken, wegdrücken, und noch ausharren?
Schwierig ist es für Kinder und Jugendliche - und wäre es wohl auch für uns, wenn jemand anderes unseren Umzug planen würde, wenn wir nicht wüssten, wohin es geht, wenn wir nur wüssten, dass wir Bekanntes, Vertrautes, Liebgewonnenes, vielleicht auch nahe Freunde zurücklassen müssen und noch nicht wissen wie der neue Ort aussieht, die Wohnung, die Umgebung, die Nachbarn, was uns dort erwarten würde... wir vielleicht auch Sorge hätten, ob wir dort wieder Freunde und Freundinnen finden würden. Für Kinder ist es leichter, wenn der Ort an den umgezogen wird bereits bekannt ist, wenn es sich ein Bild der Wohnung machen kann, weiss wo sein Bett stehen wird und wo sich auch der Teddybär unter die Decke kuschelt, wo die neue Schule ist und es vielleicht bei den Wohnungsbesichtigung bereits einige Nachbarskinder getroffen hat... aber wie ist es für Jugendliche? Die sich ausserhalb der Familie zu orientieren beginnen, was beschäftigt sie? Wo stehen sie in ihrer Ausbildung? Hat Dein Sohn eine Lehre begonnen und wann wird er sie abschliessen oder besucht er noch die Schule, und wann wird er sie beenden? Einen 17-jährigen zurück lassen? Schwierig, noch ist ER nicht flügge...
Doch Deine Wünsche: Was beinhalten sie genau? Willst Du beginnen nach einer Arbeit in der Stadt Ausschau zu halten, oder vermehrt einmal übers Wochenende dorthin fahren, oder einmal für eine Ferienwoche... beginnen die Fühler Richtung Stadt auszustrecken, könnte dies Dich etwas erleichtern? Man ( frau und mann) kann in einer Grossstadt auch einsam sein... und sich einleben an einem neuen Ort braucht oft mehr als zwei Jahre, bis neue Freunde gefunden sind... gäbe es da vielleicht einen Weg wie Du den geplanten Umzug langsam vorbereiten könntest... teils auch gemeinsam mit Deinem Sohn? In der grösseren Stadt besichtigen was ihn interessieren könnte. Wäre dies ein Weg Richtung Erfüllung Deiner Wünsche?
Ich wünsche Dir und Deinem Sohn alles Gute!