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  • #1

Urvertrauen! Wie wirkt es sich in der heutigen Zeit auf die spätere Bindungsfähigkeit aus?

Ich habe dieses Wort hier schon oft gelesen und frage mich, wie man es Kindern heute noch vermitteln kann, deren zB. vollzeitberufstätige Eltern auf Babykrippen, Tagesmütter und Kinderhorte angewiesen sind, somit also Kinder ständig neue Bezugspersonen um sich haben. Warum kämpfen immer mehr Menschen mit Bindungs/Beziehungs- und Verlassenheitsängsten? Kann es sein, dass es an mangelndem "Urvertrauen" liegt? Haltet ihr die heutige gesellschaftliche Entwicklung in Bezug zu diesem Thema für gut?
 
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  • #2
ICH KANN ES NICHT MEHR HÖREN. Die Fragestellung schrammt haarscharf am Sozialkitsch vorbei.
Im Osten waren die Frauen auch fast alle berufstätig und es gab deutlich weniger Probleme als heute. Macht doch bitte nicht aus allem gleich eine Religion! Eine gute Beziehung zum Kind, ein verantwortungsvolles Beschäftigen mit dem Kind wird doch nicht nur nach der Länge abgerechnet! Natürlich möchten Kinder oft rund-um-die-Uhr bespaßt werden, allerdings ist Mama abgemeldet, sobald ein anderes Kind in der Nähe ist.
Kinder, welche zur Tagesmutter oder in die Krippe gehen, haben in der Regel EINE feste Bezugsperson neben den Eltern. Mein Kind ging auch ab 2 Jahren in die Krippe (er war ganz wild auf die anderen Kinder) und hatte neben mir noch meine Mutter und die Kindergärtnerin als Bezugspersonen. Kinder wissen immer genau, wer ihre Eltern sind.

Mangelndes Urvertrauen? Es soll Leute geben, die ihren Kindern nichts zu Essen / Trinken geben, die sie aus einer Laune heraus grundlos schlagen, die Abmachungen mit den Kindern nicht einhalten, die zeitliche Abhol-Vereinbarungen nicht einhalten, die Ihr Kind nicht lieben und keine liebevolle körperliche Beziehung zu ihm aufbauen können... usw. usf. --- aber das sind doch eher asoziale Ausnahmefälle!!! Was bitte schön hat das mit berufstätigen Eltern zu tun?
Sollen wir alle ab dem 25. Lebensjahr auf Hartz IV leben, um rund um die Uhr für unsere Kinder da zu sein??? Wie viele Millionen Eltern in diesem Land müssen arbeiten gehen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen??? Was nehmt ihr hier als Maßstab? Jene fünf Prozent, deren Ehemann Abteilungsleiter oder Vorstandsvorsitzender in Firma X ist?
Ich jedenfalls hatte keine Lust, mein Studium, meine berufliche Selbständigkeit von über 7 Jahren an den Nagel zu hängen, mein Haus zu verkaufen .... warum sollte ich mir das alles vorher aufgebaut haben???

Leute, wenn ihr solche Fragen und Probleme habt, dann laßt doch konsequenterweise die Frauen gar nicht erst Abitur machen oder gar studieren - ist eh sinnlos und viel zu teuer. Eine gute Hauswirtschaftsschule, wo man Kochen, Backen und Stopfen lernt, reicht doch völlig.

Wie ging doch der eine Spruch... (ich weiß leider nicht, wer ihn rausgehauen hat aber ich finde ihn klasse): "... dann wären die Kinder der Vollzeit-Hausfrauen in Westeuropa die ersten normalen Menschen auf Erden" (sinngemäß)

Würgend, Constanze
 
  • #3
Zu Titelfrage: Nein, ich halte die aktuelle Entwicklung nicht für gut. Urvertrauen und feste Bezugspersonen sind sehr wichtig. Kinder haben auf jeden Fall eine glücklichere Kindheit und bessere Chancen, wenn sie in einer stabilen, liebevollen Umgebung mit festen Bezugspersonen aufwachsen.
 
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  • #4
@2
Aber ist es nicht so, dass Frauen lieber Geld verdienen sollten? Gerade bei dem heutigen Trennungsrecht....Was, wenn die Beziehung nicht hält und die Frau wegen der Kinder aus bem Beruf ausgestiegen ist. Ich habe hier von Personen gelesen, die dann genau von diesen Frauen erwarten von heute auf morgen wieder für sich selbst zu sorgen..
Wie passt das denn jetzt zusammen?
Hast Du Kinder? Bist Du verheiratet?
 
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  • #5
#3
ja, natürlich macht das neue Scheidungsrecht diesen Schritt notwendig! Ich beobachte in der Grundschule meiner Tochter immer häufiger auffällige Kinder mit sogenanntem ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom) oder Hyperaktivität, genauso wie Renitenz. Deren Eltern sind neben dem beruflichen, auch im privaten Dauerstress, keine Einladung/Veranstaltung wird ausgelassen und die Kinder abends noch Babysittern überlassen. Natürlich will man als Eltern auch gerne mal alleine verreisen und gibt die Kinder dann zu Freunden, Oma o.ä.
Ich sehe täglich Kleinkinder, die sich mit ängstlichen Augen an ihre Eltern krallen, weil sie glauben, die Eltern wieder Ewigkeiten nicht zu sehen. Das macht nunmal Verlustängste und sie lernen frühzeitig Ablösung!

Wenn schon Kleinstkinder immer wieder auf sich alleine gestellt sind, kann ich mir durchaus vorstellen, das genau das dazu führt, dass sich die Beziehungsfähigkeit als Erwachsener zwangsweise verändert. Dahingehend, dass sie Schwierigkeiten haben werden, sich vollkommen auf einen anderen Menschen einzulassen...und sich wahrscheinlich auch schneller lösen, wenn es Probleme gibt. Sie haben es ja nicht anders gelernt.
 
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  • #6
Nicht alles kann man auf fehlendes Urvertauen zurückführen.
Manchmal ist es das fehlende Gefühl für Verantwortung bei instabilen Beziehungen oder die heutzutage überbordenden Möglichkeiten, die Wünsche wecken, was übrigens voll ok ist.
Man braucht heute keinen Partner mehr. Man kann sich kinderlos wunderbar durchs leben bewegen, ebenso als single - die Möglichkeiten sind grenzenlos. Wer mit 45 gerne couch-surfend durch die Welt tingelt und von einem Studentenlohn lebt, dann ist das so. Das hat mit der Ergreifung anderer, "besserer" Möglichkeiten zu tun. Ich bin froh, in einer Gesellschaft zu leben, wo jeder machen kann, was er will - machmal nicht optimal, wenn "Unschuldige" beteiligt sind, aber Teil einer guten Entwicklung.
Ich stamme aus einem Scheidungshaushalt. Der Vater glänzte durch Abwesenheit. Meine Mutter war meist vollzeit berufstätig und ich oft allein. So, und jetzt kommt´s: ich habe zwar ein paar Miniknackse (wer keine macke hat, werfe den ersten stein...). aber ich habe einen exzellenten Studienabschluss und verdiene gut, bin seit Jahrzehnten in meiner Beziehung glücklich und zufrieden. Intelligenz und Reflektionsfähigkeit helfen, Zweifel zu korrigieren, und da bin ich mächtig stolz drauf, weil das eine Ressorce ist, die ich allein erschlossen habe. Ich frage mich oft, wie ich durchs Leben ginge, wenn ich einen anderen "Psychobaukasten" auf den Weg bekommen hätte. Wäre es einfacher, wäre ich glücklicher? Diese Gedanken bringen einfach nix! Ich denke, es gibt fast keine Kinder ohne Erfahrungen von Enttäuschung, Einsamkeit oder gar Trauma. Irgendwann machen Eltern Fehler und gehen damit einmal falsch um. Die Katastrophisierung von fehlendem Urvertrauen finde ich übertrieben. Sicherlich hat es Auswirkungen, aber die stehen bis heute im Kreuzfeuer der Psychologischen Wissenschaft - Stichwort Resilienzforschung. Mit kostenlosen Psychotherapiestunden für jeden mit diesem Problem gäbe es viele glücklichere Meschen - das Problem ernst zu nehmen ist ok. Aber sich als Kind fehlenden Urvertrauens oder gar als Eltern so unter Druck zu setzen und die Sache zu dramatisieren halte ich für grundfalsch. Sollen Frauen jetzt zu Glucken werden und von Hartz IV leben oder was? Unsere Großeltern (meine haben alle mit 3-4 Kindern vollzeit gearbeitet) hatten das soziale Stützkorsett einer rigiden Gesellschaft - wir lassen uns halt was neues einfallen, um unseren Bedürfnissen und denen unserer Kinder gerecht zu werden! Außerdem - wollen Kinder ständig von den Eltern bespaßt und bindungsgestärkt werden?! Ich halte das für Humbug - es gibt Situationen wo es nötig ist - aber wenn Kinder unter sich sind oder spielen, ist Mama eh aus dem Blickfeld, da stimme ich einer Vorrednerin zu.
 
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  • #7
Ich kann gut vergleichen:

Ich, Ostfrau, Krippe zu früh, war damals normal, dafür gute Bindung an andere Kinder, Pionierzeit usw. gute Lehrer, wir waren rundum gut betreut. Schul- bzw. Stundenausfall gab es selten bei mir.

Meine Familie ist eine destrukitve, zu meiner Mutter habe ich seid Jahren keinen Kontakt mehr, weil sie mich immer wieder beleidigt, sie ist krank.

Mein Urvertrauen, so sage ich es heute mit fast 50zig, war immer gut. Ich denke, das lag auch mit an dem System, an der guten Kinderbetreuung, dem damaligen Zusammenhalt. Es gab auch gutes in der DDR. Daher bin ich auch so gut durch das Leben, die Wende und die mehr als zwei Jahrzehnte danach gekommen. Meine Schul- und Ausbildung-Studium in der ehem. DDR waren sehr gut.

Meine Tochter, ein echtes Westkind, Krippe viel später, Mama nur Teilzeit gearbeitet, ich habe mir viel Zeit für Kuscheln, Singen, Sport schon ab Geburt genommen, aber sie hat nicht den Mumm wie ich, die Schule (Gymnasium) ist vom Klima her angenehm, aber das Anforderungsprofil ist nicht gut, wie ich es von meiner Schulzeit kenne.

Sie wird dieses Jahr 18 und ist lange nicht soweit, wie ich mit 18 damals war. Ihr Urvertrauen ist nicht so hoch, wie meins damals war, als ich so alt war sie sie.

Ich denke, eine gesunden Portion Urvertrauen wird auch angeboren bzw. auch durch den Vater geprägt bzw. durch Gene mitgegeben. Es gibt Kinder, sicherlich nicht oft, die wachsen unter schlimmen Verhältnissen auf und haben ein gutes Urvertrauen. Dagegen gibt es Kinder, die unter sehr guten Bedingungen geboren werden und aufwachsen, aber wenig Urvertrauen haben.
 
  • #8
Mangelhaftes Urvertrauen liegt nicht an -viel- externe Kinderbetreuung.
Sondern wenn die Kinder darunter leiden müssen, daß ihre Eltern mit Kindern überfordert sind.

z.B. das Baby stundenlang alleine zuhause lassen = lange Babygeschrei, daß sich die Nachbarn wunderten.

Oder wenn der werdende Vater erst bei der Geburt merkt, daß er mit Kindern und Vaterschaft überfordert ist, und das Kind ohne Vater aufwachsen muß. Und eine Mutter erlebt, die fast immer schwierige Typen von Männern her bringt, unter Denen ihr Kind zusätzlich belastet wird.

Als ich mit 12 J. im staatl. Kinderheim war, traf ich auf gute Kinder. Deren Eltern waren die Ursache dafür, auch bei mir. Dieses Kinderheim war -fast- ok, aber ein "Abstellgleis" für diese Kinder.

Wer als Kind so im Stich gelassen wird, der lernt früh wie es ist, verlassen zu sein.
Wer dagegen durchgängig als Kind betreut wird, egal ob von den Eltern und dabei anderen vertrauten Personen, der wächst in einem stabilen Umfeld auf.

Wichtig: Das diese Erwachsenen starke Persönlichkeiten sind. Somit stark genug, um Kinder groß zu ziehen. Und als Vorbild für diese Kinder.
 
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