• #1

Verliebt in einen Mann mit pflegebedürftiger Ehefrau

Liebe Forumsgemeinde,
nachdem ich hier schon länger still mitlese traue ich mich jetzt einfach mal, eine eigene Frage einzustellen.
Ich (45 J.) habe vor gut einem Jahr meinen Arbeitsplatz gewechselt. Relativ schnell haben meine Arbeitskollegin und ich bemerkt, dass ein anderer Kollege (49 J.) sich wohl mehr um mich bemüht, als er eigentlich müsste, bzw. als es arbeitstechnisch notwendig wäre. Ich fand es natürlich schön, so mit offenen Armen in die neue Firma integriert zu werden. Da der Kollege verheiratet ist und seine Frau seit ein paar Jahren durch Krebs und Schlaganfälle rund um die Uhr pflegebedürftig (sie wird Zuhause durch eine Pflegekraft betreut) ist, hatte ich ihn auch nie als "Mann" wahrgenommen.
Um nun auf den Punkt zu kommen: Im März habe ich mich von meinem Lebensgefährten nach 7 Jahren Beziehung aus verschiedenen Gründen getrennt. Während dessen wurde das Arbeitsverhältnis mit meinem Kollegen immer enger. Vor ein paar Monaten habe ich dann bemerkt, dass ich mich wohl in ihn verliebt habe und ich richtig Sehnsucht nach ihm habe, wenn er oder ich im Urlaub sind etc.
Er weiß das natürlich nicht. Ich gehe aber davon aus, dass er es genauso spürt, wie ich seine Verliebtheit gegenüber mir gespürt habe.
Mich würde jetzt mal eure Meinung interessieren. Wie fändet ihr es vom moralischen Standpunkt her, wenn mein Kollege und ich eine Beziehung beginnen würden? Die Frage ist im Moment rein hypothetisch, da ich nicht weiss, ob er oder ich das auch tatsächlich wollen würde, bzw. jeder von uns bis jetzt die berufliche Distanz gewahrt haben.
Bin gespannt auf eure Meinungen.
 
  • #2
Interessante moralische Frage. Nehmen wir mal, ein Mann wäre mit einer Frau verheiratet, die im Wachkoma liegt. Jahrelang. Hätte er dann niemals das Recht, sich einer anderen Frau zuzuwenden?

Man müsste wohl mehr über die Beziehung der beiden und die konkrete Erkrankung wissen.
 
  • #3
Liebe Neneh
Also vom moralischen Standpunkt müsste man sagen: Die beiden haben einander gegenüber ein Ehegelübde abgelegt, in guten wie schlechten Tagen, das ist sehr eindeutig geregelt. Die Ehe soll ja keine Schönwetterverbindung sein, sondern ein Bund fürs Leben, wo Krankheit bekannterweise vorkommen kann. Eine Ehe kann geöffnet werden, wenn beide Parteien dem zustimmen, ansonsten ist es Betrug. Ebenso kann man sich offiziell trennen, bevor man sich neu orientiert.
Vom vernunftstechnischen Standpunkt müsste man sagen, warum ausgerechnet mit dem Arbeitskollegen, der verheiratet und privat extrem eingespannt ist? Zudem hast du ihn erst als "Mann" wahrgenommen, nachdem du eine Trennung durchgemacht hast, also es hat auch nicht von Anfang an "Klick" gemacht zwischen euch.
Dies also ein Standpunkt bezüglich des hypothetischen Szenarios. Hieraus erfolgt der Rat, dich umzuorientieren.
 
  • #4
Das wäre eine Affäre mit den üblichen Problemen.

Wenn du dazu bereit bist, insbesondere auf Grund der Ehekonstellation deines Kollegen, würde ich erst einmal versuchen seine Lebensumstände und seine Frau persönlich kennenzulernen.

Wenn sich dann deine Informationen bestätigen und du nach einem Kennenlernen keine Bedenken hast bezüglich der Ehefrau und der Erfüllung deiner eigenen Bedürfnisse hast ... ?

Wenn er dies nicht will oder es für dich nicht in Frage kommt läuft es ohnehin in ein Drama.
 
  • #5
Wie empathielos müsste man sein, um sein Glück auf dem Unglück so einer kranken Person aufzubauen? Gerade aus der Sicht deines Kollegen?

Ich kenne die Situation, allerdings aus der anderen Perspektive. Mein Mann wurde nach 6 Jahren Ehe querschnittsgelähmt. Er hat sich vom Charakter her nicht geändert, war immer noch sehr optimistisch und hat Witzchen gerissen. Trotzdem war natürlich auf einmal alles kompliziert und der Alltag war von der Krankheit geprägt.

In dieser Zeit kam ein neuer Kollege und es funkte sofort zwischen uns. Aber um nichts in der Welt hätte ich etwas mit ihm angefangen oder gar meinen Mann verlassen. Das mit dem Kollegen war letztlich nur ein Strohfeuer. War neu, war spannend, und am Anfang denkt man ja auch noch, der Andere ist perfekt. Als mein Mann 5 Jahre später starb, wußte ich längst, dass der ach so tolle Kollege schwerer Alkoholiker war.

Ich hoffe für die kranke Ehefrau, dass dein Kollege weiß, wo er hingehört. Und was dich betrifft: Es gibt genug andere Männer. Man ist kein Opfer seiner Gefühle und Triebe, sondern darf auch mal gern den Verstand einschalten und "No-Go"s erkennen.
 
  • #6
MEINEN Segen hast du, von ganzem Herzen. Alle Moralapostel mögen sich bitte stante pede in die Situation des Pflegenden begeben, das ist gar nicht lustig. Immer nur geben, arbeiten, Pflege, bereit stehen, selber nicht mehr existieren . Kurz gesagt:die Hölle. Wenn ihr euch annähert wirst du mehr von den Problemen erfahren, eventuell ist seine Frau auch einverstanden. Lass dich bitte nicht abhalten.
 
  • #7
Naja, in der Ehe sagt man "in guten wie in schlechten Zeiten". Ich weiß ganz genau bei mir, dass ich es nicht könnte. Ich schlage niemanden, der schon am Boden ist. Seine Frau hat Krebs und wird rund um die Uhr betreut und moralisch fände ich es absolut unterste Schublade so eine Frau den Mann auszuspannen. Das macht man nicht (moralisch gesehen).

Vor einigen Jahren habe ich auch ein wenig nach einen neuen Partnern geschaut und viele solchen Lebensgeschichten mir angehört. Ganz ehrlich, ich habe sehr oft diese Geschichten nicht geglaubt. Es kann doch nicht wahr sein, dass dadraußen so viele behinderte und Pflegebedürftige, Psychisch kranke Frauen rumlaufen. Es gab Leute, die behaupteten, sie hätten kein Handy und kein Internet aber dann fragt man sich wie schreibt der gute Mann seine Emails? Es gab Leute, sie behaupteten sie wären Hals abwärts gelähmt und würden nur mit Mund ihren Tatstatur betätigen. Bei fast allen Männern gab es eine kranke und pflegebedürftige Frau daheim. Ich habe mich immer gefragt, ob es eine Masche der Männer ist oder ob ich so viel Pech hatte nur solchen Männer kennenzulernen.
Ich will nicht sagen, dass er lügt. Das ist eine gewaltige Unterstellung aber ehrlich gesagt, würde mich auch nicht wundern, wenn es mit der pflegebedürftigen Frau nicht stimmt. Not macht erfinderisch ;-).
 
  • #8
Wie fändet ihr es vom moralischen Standpunkt her, wenn mein Kollege und ich eine Beziehung beginnen würden?

Für mich ist "Moral" etwas, das in Teilen gesellschaftlicher Konvention entspricht (im Regelfall in Form eines Gesetzes festgehalten), zum Teil auch nicht. Für die von Dir beschriebene Situation gibt es aus meiner Sicht keine gesellschaftliche Konvention.

Ihren moralischen Standpunkt prüfen und mit ihrem Gewissen vereinbaren müssten aus meiner Sicht alle Beteiligten. Das bist zunächst Du. Wenn Du zu dem Schluss kommst, dass es für Dich moralisch vertretbar ist, mit ihm eine Beziehung einzugehen, könntest Du auf ihn zugehen. Wenn es für ihn auch vertretbar ist, müsste er wiederum eine Entscheidung treffen und dann ggf. auf seine Frau zugehen. Die müsste wiederum überlegen, wie sie moralisch mit der Situation umgeht.

Wenn Dir hier das halbe Forum mitteilt, es sei moralisch völlig abscheulich, einer kranken Frau den Mann auszuspannen und die andere Hälfte, es sei von ihr moralisch völlig abscheulich, wenn sie ihn an eine Ehe bindet, obwohl sie schwer erkrankt ist oder aber von ihm völlig abscheulich, sie zu vernachlässigen, dann nützt Dich das doch relativ wenig. Letztlich würde ich mich um das Geschwätz "der Leute" relativ wenig scheren.

Wie also schaut es moralisch mit Deinem Gewissen aus? Letztlich musst Du unter Berücksichtigung der Gesamtsituation (incl. Liebe am Arbeitsplatz) abwägen.
 
  • #9
Hallo, vielen lieben Dank für eure ersten Meinungen.
Man müsste wohl mehr über die Beziehung der beiden und die konkrete Erkrankung wissen.
Durch die Schlaganfälle ist seine Frau komplett auf fremde Hilfe angewiesen. Sie sitzt im Rollstuhl und kann nicht mal mehr selbständig zur Toilette. Den Gesprächen habe ich entnommen, dass kleinere Ausflüge wohl noch möglich sind, wenn entsprechende örtliche Voraussetzungen erfüllt sind.
Wie die Beziehung der beiden vor der Krankheit war, kann ich überhaupt nicht beurteilen, da wir nie über derartig intime Details gesprochen haben. Ich persönlich habe aber den Eindruck, dass die Beziehung sich inzwischen auf rein freundschaftlicher Basis bewegt - evtl. auch wie ein Verhältnis zwischen Pfleger und Kranker. Ich denke, dass es seinerseits wahrscheinlich eine Mischung aus Verantwortungs- und Pflichtgefühl wie auch dem gegebenen Ehegelübde ist. Und genau das ist das Paradoxe daran.
also es hat auch nicht von Anfang an "Klick" gemacht zwischen euch.
Zumindest nicht bei mir.
Da ich persönlich nie einen solchen Mann kennengelernt habe, und ihn dafür wirklich sehr zu schätzen gelernt habe, habe ich mich wahrscheinlich genau deshalb in ihn verliebt.. Mir ist natürlich bewusst, dass er mir keine "normale" Beziehung bieten könnte und ich auf sehr viel verzichten müsste.
 
  • #10
Wer sagt den das er seine Frau nicht mehr liebt.
Versetzt dich mal in seine Lage. Würdest du aufhören deinen Mann zu lieben weil er krank wird. Vermutlich nicht.

Er sehnt sich vielleicht nach einer sexuellen Beziehung oder sowas.

Seine Frau hatte einen Schlaganfall und braucht Betreuung das heißt ja nicht das sie keine Beziehung mehr haben.
 
  • #11
So ein Fall wie dieser hier ist die einzige Situation in der ich mir so etwas wie polyamore Liebe vorstellen kann.

Er versorgt seine Frau nicht nur aus Pflicht sondern auch aus Liebe. Sie gibt ihm aus Liebe Freiraum auch die schöneren Seiten einer Beziehung zu leben. Die Dritte akzeptiert aus Liebe den Vorrang der Pflege vor anderen Dingen. Alle respektieren sich gegenseitig.

Keine Ahnung ob das real möglich ist. Soll es aber auch unter umgekehrten Vorzeichen geben.

Sofern die Ehefrau nicht im Wachkoma o.ä. liegt setzt dies aber auch voraus, dass alle Beteiligten voneinander wissen und, dass geklärt ist, dass keine Lügen den Raum vernebeln. Z.B., dass die Frau überraschend überhaupt nicht pflegebedürftig ist.
 
  • #12
Ich persönlich habe aber den Eindruck, dass die Beziehung sich inzwischen auf rein freundschaftlicher Basis bewegt - evtl. auch wie ein Verhältnis zwischen Pfleger und Kranker. Ich denke, dass es seinerseits wahrscheinlich eine Mischung aus Verantwortungs- und Pflichtgefühl wie auch dem gegebenen Ehegelübde ist.

Ich würde an Deiner Stelle die Initiative ihm überlassen.
 
  • #13
Wie also schaut es moralisch mit Deinem Gewissen aus?
Solche Szenarien kannte ich bisher nur aus dem weiteren Bekanntenkreis. Hier habe ich durchaus Verständnis gehabt und es moralisch nicht verwerflich gefunden, wenn der pflegende Partner eine neue Partnerin/Partner gefunden hat. Natürlich nur insofern, dass er/sie den zu pflegenden Partner nicht alleine gelassen bzw. nicht verlassen hat.
Durch die Gefühle die ich inzwischen für den Mann entwickelt habe, bin ich allerdings ziemlich ambivalent geworden. Erstens weiß ich nicht, ob ich eine solche Beziehung mit meinem Gewissen vereinbaren könnte und zweitens würde es für mich natürlich bedeuten, meine Bedürfnisse oftmals zugunsten der pflegebedürftigen Frau hinten anzustellen.
Auf der anderen Seite denke ich dann wieder, eine neue Liebe könnte ihm unheimlich viel Kraft und Freude auf seinem schweren Weg geben.
Beruflich wäre es kein Problem, mit dem Kollegen eine private Beziehung zu führen, solange es unsere Arbeit nicht negativ beeinflusst.
 
  • #14
Hallo Neneh,
ich hatte so etwas Ähnliches im Verwandtenkreis. Sie ist leider erkrankt (MS) und es wurde mit der Zeit halt schlimmer. Ein Eheleben wurde immer schwieriger - nicht nur körperlich sondern auch psychisch. Irgendwann wurde aus der begehrten Frau die zu pflegende Freundin. Er hätte sie verlassen können - damit hätte sie ins Pflegeheim gemusst. Er hat sie nicht verlassen, sondern nebenbei was laufen gehabt. Wie es jetzt moralisch zu bewerten ist... Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Moral halt einen "idealisierten" Schwarz/Weiß Zustand beschreibt, während die Welt real aus Graustufen besteht...
M/46
 
  • #15
Guten Abend,

liebe FS, letztendlich ist entscheidend, wie du damit zurecht kommst. Wenn du gedanklich mal alles durchspielst, bleibt nicht viel Raum und nicht viel Erfreuliches, um eine Beziehung aufbauen zu können, oder würde dir eine Affäre reichen? Könntest du teilen und verzichten und das vielleicht über viele Jahre hinweg. Es wäre ein Spagat und jonglieren von Gefühlen sondergleichen, den beide hinlegen müssten.
Was würde übrig bleiben, ein sexuelles Miteinander und das, was sich mehr entwickelt, müsste im Keim erstickt werden.

Du könntest auch mental die Variante von Ejscheff durchspielen und in dich hineinhorchen, ob du dazu beschwerdefrei in der Lage wärst.
Nicht nur du, dieser Mann müsste sich das gleiche fragen.

Er hat sich bisher zurückgehalten, sicher nicht ohne Grund.
 
  • #16
dass keine Lügen den Raum vernebeln. Z.B., dass die Frau überraschend überhaupt nicht pflegebedürftig ist.
Ich will nicht sagen, dass er lügt. Das ist eine gewaltige Unterstellung aber ehrlich gesagt, würde mich auch nicht wundern, wenn es mit der pflegebedürftigen Frau nicht stimmt. Not macht erfinderisch ;-).
Also dass die Frau rund um Betreuung braucht ist ein Faktum. Wir arbeiten in einer relativ kleinen Firma und gefühlt die "halbe" Firma weiß darüber Bescheid. Mein Kollege muss sich ja auch bei Urlaubsplanung mit seinen Pflegekräften abstimmen, bzw. hin und wieder mit der Frau ins Krankenhaus fahren etc. Gelegentlich fällt eine Pflegekraft aus, dann muss er kurzfristig in der Firma frei nehmen. Es ist also offiziell.
Er hat mich auch niemals körperlich angetatscht oder verbal angebaggert. Das alles findet irgendwie sehr subtil statt. Wir verbringen einfach viel mehr Zeit zusammen, als wir müssten. Jeder sucht irgendwie ständig den Kontakt zum Anderen usw.
Ich will auch keiner wehrlosen Frau den Mann ausspannen.
Ich bin euch wirklich dankbar, für das Feedback. Es tut mir gut, hier meine Gedanken und Gefühle mal nieder zu schreiben und von außen betrachten zu lassen.
 
  • #17
Nach der Moral zu fragen, finde ich ganz schlecht. Ist es verwerflich, zwei Muffins zu essen? Wen geht es was an? Und beschließt du deine Taten aus dem allgemeingeültigen Moralkodex? Ich hoffe doch nicht!

Trotzdessen, ich würde eher nicht zu viel Euphorie hineininterpretieren. Ich sehe da erstmal nur eine sexuelle Anziehung. Ihr wisst charakterlich und privat nicht genug von euren gegenseitigen Problemen, um darauf auf eine Beziehung zu schließen.

Dass er sich um dich bemüht, finde ich normal. Er ist ein Mann, der Aufmerksamkeit braucht, sich nicht mehr als sexuellen Mann sieht, sondern als Pflegekraft. Nur logisch, dass er bei anderen Frauen "bettelt". Vor allem jenen, die anfangs kein Auto für ihn hatten.

Ich würde den Mann ablehnen, eben wie schon geschrieben, weil er zeitlich belegt ist. Du wirst mit keinem Mann glücklich, der daheim eine Frau pflegen muss und du wirst bald Forderungen stellen, dass du mehr in der Beziehung brauchst.

Überhaupt scheint er seit über einem Jahr Augen für dich zu haben, aber nichts Näheres zu unternehmen. Was wiederum dafür spricht, dass er es auch mit einer potentiellen Beziehung äußerst schleppend angehen lassen würde. Bis dahin hat man einige Jahre seines Lebens verschwendet und ist immer noch nicht am Ziel seiner Wunschbeziehung. Glaub mir, keine Liebe und Leidenschaft hält so lange so viel Negatives durch.
 
  • #18
Puh ... ich finde, das ist wirklich ein klassisches moralisches Dilemma.

Ich glaube, ich würde an deiner Stelle zunächst möglichst noch viel mehr und genauer herausbekommen wollen, wie die Beeinträchtigungen der Frau sind, also, welchen Umfang und welche Auswirkungen sie im einzelnen im Leben haben, wie ihre gesundheitliche Perspektive/ Prognose ist.
Ich meine, es kann ja sein, dass sich ihr Zustand durch Therapien nochmal sehr verbessert. So alt ist ja die Frau noch nicht.

Außerdem würde ich sehr viel mehr darüber wissen wollen, wie die Beziehung der beiden zueinander ist. Das wird für dich natürlich schwierig, ist klar ... du kannst ja die Frau nicht persönlich fragen.

Du redest dir ein, dass eine neue Liebe dem Mann Kraft geben würde, wovon auch seinen Ehefrau profitieren würde.
Hm ... ich kenne ein Paar, dort war die Ehefrau Mitte 30 an Krebs erkrankt. Das Paar hatte noch recht kleine Kinder. Es war ein Drama. Nach Jahren, während derer sich natürlich die ganze Familie, die Paarbeziehung und alles immer um die Erkrankung der Frau gedreht hat, hat sich der Mann ebenfalls in eine Kollegin verliebt und diese in ihn. Er fing eine Affaire mit ihr an.
Zu der Zeit hatte die krebskranke Ehefrau gerade eine ganz gute Phase, der Krebs war zum Stillstand gekommen.
Als sie dann von der Affaire ihres Mannes erfuhr, empfand sie das wie einen Verrat und es war eine zutiefste Verletzung für sie - so, wie es verständlicherweise auch für jede gesunde Frau wäre. Sie schmiss den Mann raus, wollte sich scheiden lassen.
Das Ende vom Lied war, dass der Krebs bei der Ehefrau wieder zurückkam. Aus Liebe und schlechtem Gewissen kam der Mann wieder zu ihr zurück, durfte dann auch wieder einziehen, aber der Krebs ließ sich nun nicht mehr heilen, sie starb mit 42 Jahren, und irgendwie blieb so ein schales Gefühl zurück, ob er sie vielleicht mit seinem Verrat und seinem emotionalen Im-Stick-Lassen (Affaire) ins Grab gebracht hat.
Ich kannte alles Beteiligten gut und konnte auch den Mann verstehen, der übrigens auch so ein ganz toller, sympathischer, bescheidener Mann war, der sich eigentlich im Leben immer zurücknahm und offenbar einfach noch mal ein Liebesglück erleben wollte. Er tat mir echt leid, auch wegen des schlechten Gewissens, was er wahrscheinlich nun sein Leben lang haben wird.
Die gemeinsamen Kinder verloren sehr jung ihre Mutter.


w54
 
  • #19
Hallo Neneh,
in meinem Bekanntenkreis gab es einen ähnlichen Fall nur das die Partnerin an MS erkrankt ist.
Beide sind zusammen gekommen und habe die kranke Frau darüber zeitnag informiert. Die war natürlich nicht begeistert und brauchte Zeit um dies zu verarbeiten.

In meinem Fall war es sogar so, dass die neue Partnerin eine gelernte Krankenschwester war - der Mann (toller Mann fühlt sich seiner kranken Ex-Partnerin verpflichtet, obgleich nicht verheiratet waren) zog mit der kranken Frau in das Haus meiner Bekannten ein und beide haben sich eine zeitlang, um die Kranke gekümmert bis sie es auch nicht mehr konnten, neben Job, Familie, etc.

Auf jeden Fall in meinem Fall haben die beiden sehr schnell geheiratet (glaube nach nur einem Jahr) und sind bis heute sehr glücklich zusammen.

Euch wünsche ich auch viel Erfolg die Liebe zu finden und eine Lösung für alle zu finden.
Kerry
 
  • #20
Hier die Moralkeule zu schwingen, waere in meinen Augen heuchlerisch. Natuerlich gilt nach wie vor: in guten wie in schlechten Tagen. Ich habe meinen Mann 5 Jahre lang Tag und Nacht gepflegt, aber ich war 70 und nicht 49. Jeder hat nur
e I n Leben.

Die Fragen, die sich die FS stellen muss, sind:
1) Ist mir dieser Mann so wichtig, dass ich eventuell 20 Jahre lang die Frau in der zweiten Reihe machen kann?
2) Werde ich es schaffen, die meisten meiner Wuensche zurueckzustellen und der kranken Frau immer den Vortritt zu lassen?
3) Wird es mir nie zu viel werden, immer die Starke, die Gebende, die Troestende sein zu muessen?
4) Wird es mir nichts ausmachen, von Verwandten und Freunden als bescheuert angesehen zu werden, weil ich, anstatt mein Leben zu geniessen, mich an einen gebundenen Mann ohne Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft haenge?

Wenn die FS nach ersthaftem Nachdenken alle diese Fragen mit Ja beantworten kann, dann soll s ie es probieren. Niemals wuerde ich jedoch die Ehefrau einbeziehen. Das waere doch eine unnuetze Demuetigung. Es gibt auch gnaedige Luegen.
 
  • #21
Moralisch kommt es für mich auf den gesundheitlichen Zustand der Ehefrau an.

Angenommen sie ist so pflegebedürftig, dass sie ihn nicht mehr erkennt, oder dass mit ihr nur einfachste Kommunikation zu körperlichen Bedürfnissen, Anweisungen etc möglich ist, da fände ich es nicht schlimm, wenn er eine Affäre beginnt.

Liebe, Fürsorge etc gibt er seiner Frau durch die Versorgung zuhause. Sex hat er hoffentlich nicht mit einer Frau, die nicht mehr einwilligen könnte.

Für die Fs ist die Frage, ob sie die schwere Zeit mit den Ausnahmesituationen zusammen als Geliebte mit einem Fremden Ehepaar durchstehen will.
 
  • #22
Möchtest Du vom Forum die Absolution erteilt bekommen, um nicht die Verantwortung für Dein Tun zu tragen? ;-)
Das musst Du ganz allein für Dich entscheiden, egal wie Du das für Dich bemäntelst.

Meine Schwägerin pflegt ihren durch einen Schlaganfall gefällten Mann seit 16 Jahren. Er ist auch komplett pflegebedürftig, kann kaum kommunizieren und ist alles andere als pflegeleicht. Trotzdem spüre ich, dass sie ihn noch liebt, um sein Wohl besorgt ist und versucht ihm das Leben so gut es geht zu erleichtern. Auch er kann unter gewissen Umständen kleine Ausflüge machen. Wenn Besuch da ist, kann er Unterhaltungen folgen. Also kein Stück Holz, da das im Rollstuhl im Wohnzimmer rumsteht.
Obwohl sie mitunter überfordert, frustriert und auch mal am Ende ist oder auch mal selbst krank ist, hat sie keine Affären.

Die Frau Deines Kollegen ist vermutlich auch kein Stück Holz, das da irgendwo im Zimmer rumsteht, sondern ein kranker auf Hilfe angewiesener Mensch mit Sehnsüchten, Frustrationen, Gefühlen, Wünschen, Ängsten... allem was uns relativ Gesunde auch bewegt. Sicher ist sie nicht glücklich, dass sie ihrem Mann nicht die Frau sein kann, die sie gern wäre.

Durch Deinen Text gewinne ich etwas den Eindruck, dass Du sie etwas auf eine Sachebene stellst. Das finde ich nicht so gut. So suchst Du Dir bereits das moralische Schlupfloch. Kannst Du ja alles machen. Verantworten musst Du das nur vor Dir selbst.

Mir hilft manchmal bei Entscheidungen der Perspektivwechsel. Wie ginge es mir als schwer kranke Ehefrau an der Seite dieses Mannes? Wie würde ich mich fühlen, wenn da schon die evtl Nachfolgerin in der Wohnung z.B. das Essen kocht oder mit meinem Mann im Nebenzimmer schläft....
Was wäre, wenn Dir das gleiche passiert und Du weißt, was auf dich zukommt?

Aber ganz vor allem würde ich mich an Deiner Stelle hinterfragen, warum ich mich in einen de facto nicht verfügbaren Mann verliebe?
Mit ihm kannst du nicht in den Urlaub fahren, nicht mal eben was unternehmen, kein Wochenende verbringen usw. Ganz im Gegenteil, Eure Beziehung wird eher sogar geheim bleiben müssen, eine Affäre wäre das.

Ich glaube, das ist die zentrale Frage, die Du dir stellen müßtest.
Wir tricksen uns da selbst wunderbar aus. Ich muste mir in einem anderen Zusammenhang selbst diese Frage stellen. Fand die Antwort, die ich mir geben musste, interessant. Das hat mir Klarheit gegeben.
 
  • #23
Liebe TE,

da Du ja nach Meinungen fragst, möchte ich mal meine schildern.

Ich würde ziemliche Probleme mit der Situation haben, gerade was eine mögliche gelebte Beziehung angeht.

Du schilderst die Frau ist rundum die Uhr pflegebedürftig. Wie wird die Pflege realisiert, wenn sie rund um die Uhr zu betreuen ist? Da muss ja jemand oder mehrere Kräfte diese Zeit abdecken. Wenn der Mann nachts immer parat sein muss und auch in seiner Freizeit, geht er körperlich und seelisch am Krückstock.

Wie soll ich es mir als Frau vorstellen, mit so einem belasteten Mann eine schöne, erfüllende Beziehung zu führen?
Auf der anderen Seite denke ich dann wieder, eine neue Liebe könnte ihm unheimlich viel Kraft und Freude auf seinem schweren Weg geben.
Das bereitet mir dabei Bauschmerzen, es hört sich ein wenig nach Helfersyndrom und etwas gönnerhaft an. Als wenn Du nach Deiner Trennung ein neues Projekt zum beglucken brauchst.

Von einer eventuell pflegenden Seite kann ich es kaum betrachten, ist für mich nicht vorstellbar.

w/36
 
  • #24
Liebe FS, stell dir mal vor, du wärst in der Rolle der kranken Ehefrau und dein Mann hat nebenbei eine Affäre.
Aus dieser Perspektive kannst du dir deine Frage am besten selber beantworten.
 
  • #25
Liebe FS,
ich kann mich sehr gut in deine Situation hinein versetzen. Ich habe zusammen mit meinem Schwager, sieben Jahre meine Schwester gepflegt. Die Beiden waren am Anfang der Pflegebedürftigkeit 47 und 48 Jahre. Ich habe meine Schwester geliebt und mein Schwager hat seine Frau auch sehr geliebt, sie hatten mit 23 geheiratet und einen Sohn. Ich habe es jeden Tag mit erlebt was da passiert. Wenn ich dann hier die meisten Beiträge lese, kann ich mich nur wundern und es zeigt mir, dass sie keine Ahnung haben. Es ist die Hölle, kein Mensch der es selbst erlebt hat sollte sich so äußern. Ich hatte damals meinem Schwager vorgeschlagen, wenn er eine andere Frau kennen lernt.... meinen Segen hat er, weil ich der Meinung war, jeder hat nur ein Leben. Wir haben meine Schwester bis zum Tod gepflegt. Es war eine sehr harte Zeit für uns beide. Mein Schwager hat keine andere Frau kennen gelernt, weil es in dem Alter gar nicht so einfach ist. Ich würde euch raten öffnen und ehrlich zu unterhalten und alle Bedenken offen anzusprechen. Ich wünsche euch viel Glück.
 
  • #26
Moralisch ist das wahrscheinlich falsch. Menschlich ist es verständlich für mich. Wenn man jahrelang pflegt, dann ändert sich die Beziehung und viele Bedürfnisse können vom Partner nicht mehr erfüllt werden. Ich glaube aber kaum, dass man dann mit dem Partner eine offene Beziehung diskutiert und vereinbart; das ist wohl eher seltener so offen der Fall. Meist wird es dann heimlich ausgelebt. Meine Frage wäre also eher: Willst du keine wirklich unbelastete neue Beziehung? Wahrscheinlich wärst du dann trotzdem die versteckte Geliebte und er hat sehr wenig Zeit für dich, da er die Frau pflegt? Das ist doch keine Konstellation, die dich glücklich machen wird auf Dauer? Den moralischen Aspekt lasse ich mal außen vor.

w, 36
 
  • #27
Moral... ich denke, sowas muss man vor allem mit sich selbst ausmachen.
Ich würde es eher praktisch pragmatisch betrachten:

Wie könnte die Beziehung praktisch gelebt aussehen?

Könntest du je mehr als die heimliche Geliebte sein?

Wo und mit wem feiert er Weihnachten, Geburtstage, kann er in Urlaub fahren?

Wöllte ich für jemanden die seelisch moralische Stütze sein, der eine schwere Pflege absolvieren muss, hätte ich Lust mir alle damit zusammenhängenden Probleme anzuhören und andererseits aber eben kaum schönen Momente aufgrund des besonderen Verhältnisses / Heimlichkeit haben zu können?

Ist ein Ende absehbar? Glorifiziert er dann die Frau?

Wie wäre dein Verhältnis zu seinen anderen Verwandten, wenn sie von dieser Beziehung erfahren?

Also kurz und knapp: das wäre für mich nichts. Die vielen Probleme sind absehbar, so eine Beziehung würde ich mir nicht sehenden Auges ans Bein binden.

Moral hin oder her... meine Frage wäre: Was hab ich davon ? Kosten/Nutzen Vergleich?

Es gibt viele tolle Männer. Man muss sich nicht die Probleme aussuchen und sich selbst das Leben schwer machen.
 
  • #28
Hier habe ich durchaus Verständnis gehabt und es moralisch nicht verwerflich gefunden, wenn der pflegende Partner eine neue Partnerin/Partner gefunden hat. Natürlich nur insofern, dass er/sie den zu pflegenden Partner nicht alleine gelassen bzw. nicht verlassen hat.

Dann würde ich das basierend auf diesem persönlichen Kompass entscheiden und danach handeln. So hast Du ein ruhiges Gewissen und das ist doch letztlich entscheidend. Wenn andere Menschen das, wie Du es ja hier auch lesen kannst, anders sehen, dann sollte Dich das nicht weiter stören. So wie sie sich nicht ernsthaft einmischen sollten, weil es eben Deine Angelegenheit ist.
 
  • #29
Am wichtigsten finde ich, dass die Beziehung zu dritt nicht über den Kopf der kranken Ehefrau hinweg entschieden wird. Sonst behandelt ihr sie beide als belastendes Ding, das man nicht für voll nehmen muss, das durch seine Krankheit alle Rechte verwirkt hat mitzubestimmen, was in der eigenen Beziehung geschieht. Allerdings haben wir auch gerade einen Thread, in dem diskutiert wird, dass es besser ist, als Affärenfrau die Ehefrau nicht aufzuklären, weil es ihre heile Welt kaputt macht. Also ob es der Ehefrau lieber wäre, es nicht zu wissen, sie es aber okay fänd, muss der Mann wissen und es ggf. einfädeln.
Vorausgesetzt natürlich, der Mann kann Dich zusätzlich lieben.

Ich frage mich, ob er UNBEWUSST (nicht böse berechnend) versucht, sich eine Insel zu schaffen. Er pflegt seine Frau nun nicht selbst, allerdings kommt er jeden Tag in ein Zuhause, in dem es nicht unbeschwert, locker, frei von Einschränkungen zugeht und in dem viele Beziehungserwartungen nicht erfüllt werden.
Also dass sich hier eine Verbindung anbahnen wird, in der er sich auf die Bedürfnisse NOCH EINER FRAU einstellen kann, glaube ich nicht, weil er jetzt so lange verzichtet hat darauf, dass sich mal einer auf ihn einstellt. Ich denke, dass eine neue Frau erstmal nur Entspannung für ihn sein soll. Deswegen denke ich, dass Du (offen zu dritt) keine schöne Bez. haben wirst, erst recht nicht, wenn Du die klassische, hier heimliche (Zweier)bez. haben willst. Schon gar nicht, wenn hier was verheimlicht wird, weil Du dann z.B. an den Feiertagen immer allein dasitzen wirst.

Vielleicht könntest Du nur Sexaffäre werden, weil er seine Frau liebt und aus der Not heraus Sex woanders holt, weil er sich weder traut, seine Bedürfnisse nach außerhäusigen Sex anzusprechen noch in der Lage ist, sie einfach zu verlassen.

Auf der anderen Seite denke ich dann wieder, eine neue Liebe könnte ihm unheimlich viel Kraft und Freude auf seinem schweren Weg geben.
^^ wie selbstlos :)
Tut mir leid, aber Du willst ihn doch "haben". Du denkst doch nicht, dass Du es ihm therapeutenmäßig leichter machen willst. Das kannst Du als Rechtfertigung nehmen, um Dich dabei besser zu fühlen, FALLS Du irgendwas wirklich umsetzen willst. Aber dabei machst Du seine kranke Frau zu einem belastenden Ding, von dem er sich dauerhaft erholen muss und Freude und Kraft von einer anderen Frau braucht. Vielleicht braucht er nur einmal die Woche Sex, liebt seine Frau und guckt verliebt, weil er Dich sexuell anziehend findet.

Die Frau ist nun pflegebedürftig, aber was ist mit den Männern in Beziehungen, wo die Frau dauerhaft keinen Sex und keine sonstigen Körperlichkeiten mehr will, weil sie z.B. ein Kind bekommen hat (solche Fälle soll es geben).

Wie "muss" der Zustand der Partnerin sein, dass Fremdgehen des Mannes oder sogar eine Schattenfrau "eigentlich okay" wäre?
 
  • #30
Am wichtigsten finde ich, dass die Beziehung zu dritt nicht über den Kopf der kranken Ehefrau hinweg entschieden wird.

Es wäre Sache des Mannes das zu klären. Sache der FS ist zunächst mal, ob sie mit einer Beziehung klarkommen würde, in der so klare Einschränkungen erforderlich sind, dass es wahrscheinlich wirklich eher eine Affäre ist. Pflegebedürftige Frau bedeutet doch letztlich, er kommt ab und an mal vorbei, wenn das Pflegepersonal nach seiner Frau schau. Gerade nachts wird er zu Hause sein, mit dem Kopf wird er auch immer zum Teil bei seiner Frau sein.

"Eigentlich ok" ist es natürlich nur dann, wenn alle Beteiligten den Daumen heben. Ich vermute, das funktioniert nicht einfach und es ist auch kein guter Start für eine Beziehung. Das ist aber hier nicht die Frage gewesen. Die Frage war die nach moralischer Beurteilung. Und da ist immer leicht verurteilen, wenn man selbst nicht in der Situation ist.
 
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