@ ThomasHH
Nun, Schönheitsoperationen sind ja nicht nur dazu da, um gegen die natürliche Alterung vorzugehen. Es gibt eben auch Operationen, in denen eine überdimensionierte Nase verkleinert, ein Höcker abgetragen wird usw. Abstehende Ohren werden angelegt. Verschieden große Brüste können auf gleiche Höhe "getrimmt" werden usw. Leute, die eher Frankenstein als dem Durchschnittsmenschen ähneln, kann quasi ein komplett neues Leben geschenkt werden...
Natürlich ziehe auch ich das Maß der Eitelkeit, das als Motivation hinter einer OP steckt, in Betracht. Aber manchmal geht es nicht nur um Eitelkeit. Manche Menschen haben einen mehr oder minder großen psychischen Schaden und echte Minderwertigkeitskomplexe durch ihren Makel. Ich finde, man sollte sich erst mal anhören, ob und welche Sprüche derjenige schon in seinem Leben von anderen kassiert hat und inwiefern er darunter leidet.
Natürlich finde ich es nicht gut wenn eine Frau mit Körbchengröße B - also das, was ich als guten Durchschnitt ansehen würde - nun auf einmal Körbchengröße Doppel D haben will, um auszusehen wie Pamela Anderson. Wenn aber eine Frau, die nicht mal Körbchengröße 70 AA füllt und deren Brust so flach ist wie die eines Mannes, dann verstehe ich, daß sie enorm darunter leidet und sich nicht als "richtige" Frau fühlt. Daß man dann die Möglichkeiten der Medizin nutzt, finde ich verständlich und nicht verwerflich.
Dazu mal wieder ein Beispiel aus meinem eigenen Leben: Ich habe - ich denke, das darf ich, ohne als übermäßig arrogant zu gelten, sagen - heute ganz gerade, schöne Zähne, um die mich sogar schon einige Leute beneidet haben. In meiner Jugend war es jedoch genau andersrum. Ich hatte einen starken Überbiß und die Zähne an sich standen krumm und schief. Das war wirklich kein schöner Anblick und ich war deswegen voller Minderwertigkeitskomplexe. Ich hatte Angst, zu lachen und ich hatte manchmal Angst, neue Leute kennenzulernen, weil ich befürchtete, von diesen neuen Leuten Beleidigungen wegen meiner Zähne zu bekommen. Und diese Angst war leider nicht unbegründet. Im Laufe der Jahre habe ich einige ganz fiese Sprüche reingedrückt bekommen, die mich zutiefst verletzt haben und die ich nie vergessen habe. Als ich dann 14 oder 15 war, bekam ich dann endlich eine feste Klammer, um meine Zähne gerade zu richten. Dies war nicht nur aus ästethischen Gründen notwendig, sondern eben auch, um richtig kauen zu können. Aber auch wenn es keinen medizinischen Grund, sondern nur den kosmetischen gegeben hätte - ich hätte alles, was mir möglich gewesen wäre, getan, um gerade Zähne zu bekommen. Mein Selbstwertgefühl war damals total beschädigt. Durch die durchgeführte Zahnkorrektur hat sich mein Leben damals wesentlich verändert. Ich konnte nun unbefangen auf fremde Leute zugehen - wie es meinem eigentlichen Naturell entspricht. Statt Beleidigungen bzgl. meiner Zähne, habe ich im Laufe der Zeit einige nette Komplimente bekommen wegen meiner geraden, recht weißen Zähne.
Aus meiner Vergangenheit habe ich gelernt, daß es enorm wichtig für die eigene Psyche und damit die gesamte Entwicklung sein kann, Dinge zu ändern mit den heutigen technischen und medizinischen Möglichkeiten. Man muß sich nur ernsthaft fragen, ob es pure, schnöde Eitelkeit ist oder ob man wirklich einen gewissen Leidensdruck hat. Jemand, der zwar keine Schönheit, jedoch durchschnittlich genug ist, um nicht mit irgendeinem Körperteil aus dem Rahmen zu fallen, kann sich das wahrscheinlich gar nicht vorstellen. Ich bin deshalb uneingeschränkt dafür, daß Leute, die wahre Nachteile im Leben erleiden wegen eines körperlichen Mangels, die Gelegenheiten nutzen dürfen sollten, ohne dafür an den moralischen Pranger gestellt zu werden.
Ich habe gerade heute ein Interview von dem berühmten Prof. Mang gelesen, der es schade fand, daß so wenige seiner Patienten zu dem von ihm durchgeführten Eingriffen in der Öffentlichkeit stehen. Er sagte, solange nur irgendwelche durchgeknallten D-Promis dazu stehen, daß sie "was haben machen lassen", bliebe das Image der Schönheits-OPs schlecht. Wenn man aber wüßte, wie viele attraktive, intelligente und angesehende Schauspieler, Nachrichtensprecher usw. eine Schönheits-OP hatten, wäre das sicherlich anders.
Ich finde meinen Vergleich von Schönheits-OPs und sich hübscher machen durch Kleidung nach wie vor nicht so falsch. Natürlich kann ich Kleidung jederzeit ablegen und andere tragen und so gut wie jeder versucht, sich durch Kleidung hübscher zu machen. OPs sind dauerhaft und manchmal irreversibel. Aber das ist eben nur ein Unterschied in der Dauer und der Intensität der Veränderung. Aber die Motivation ist doch dieselbe - möglichst gut auszusehen und möglichst viel aus sich zu machen. Für sich selbst und um vor den anderen zu bestehen. Denn wirklich notwendig sind die wenigsten Dinge in unserem Leben...