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  • #1

Warum fallen heute sehr viele Menschen in Tiefen?

Warum passiert es heute so vielen Menschen, egal ob Männern, Frauen, Bekannten, Partnern usw., dass sie in ein tiefes Loch fallen? Manchmal gibt es ein bestimmten Grund, manchmal auch keinen richtigen oder mehrere gleichzeitig. Ist es die heutige Gesellschaft, die zu hohen Erwartungen an das Leben, Beziehungen, Partnern, Freunden usw. stellt? Geht es uns zu gut, oder haben wir zu viel Zeit um uns Probleme zu suchen? Manche sprechen auch vom sogenannten Burnout-Syndrom.
 
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  • #2
Burnout Syndrom: chronische Überforderung. Häufig durch berufl. Stress gepaart mit Überforderung, Zeitnot, hohem Arbeitsaufkommen, wenig oder kein gutes Betriebsklima, unklare Arbeitsstrukturen und Hierachien und einem geringen Selbstwert/-selbstbeobachtung. Die eigenen Grenzen nicht mehr findend. Auslöser können auch soziale Brüche sein, wie Arbeitslosigkeit, erfolglose Arbeitsuche, Scheidung, finanzielle Nöte oder erfolglose Partnersuche sein.
Einsamkeit und Isolation spielen eine grosse Rolle. Eine Spirale, die sich nach unten dreht. Bis zur Handlungsunfaehigkeit.
Warum? Individuelle Gruende, individuelle Anhäufung von Zaesuren im Leben. Durch die Erziehung werden Wertevorstellungen der Eltern mitgegeben und an / auf das Kind projeziert. All das können Gründe sein.
Was nicht mehr funktioniert, besonders in Grossstädten ist das soziale Netzwerk/Nestwerk. Tausend Bekannte und "best friends", aber wenn man alleine ist und Hilfe braucht - keiner da, alle bissy.
Was nicht mehr funktioniert sind Familienkonstellationen: Splitfamilien, Patchworkfamilien, Familie / Partnerschaften/ Freundschaften via Telefon, Internet, weil räumlich wahnsinnig weit weg. Kaum persönlicher Kontakt. Nähe und Waerme, Vertrauen und Verbundenheit auf Distanz.
Was nicht mehr funktioniert: die Kirche, der Glaube als Auffangbecken für seelische Nöte.

Was heute funktioniert: der Coach, der Berater, der Personaltrainer, der Psychologe. Nothelfer der Jetztzeit.


Wir haben dieselben Problem wie alle Menschen, keiner hat besonders auffällige Tendenzen.
 
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  • #3
Das ist sehr schwierig zu beantworten, denn die Gründe und Ursachen sind sehr vielfältig und individuell unterschiedlich.

Ich selbst befinde mich zur Zeit auch in so einer "Krise" (was noch nett klingt) und bin in psychotherapeutischer Behandlung, was die Partnersuche nicht gerade einfacher macht.
Viele fühlen sich abgeschreckt und daher gehe ich sehr zurückhaltend mit vorzeitiger Offenheit gegenüber "Neuen Männern" um.
Dennoch möchte ich jemanden finden, der sich durch meine Situation nicht abgeschreckt fühlt, sondern Verständnis zeigt und die Reife hat sich in mich hineinzufühlen bzw. meine Situation zu verstehen.
Es wird immer "verlangt" man müsse zuerst sich selbst lieben um jemanden anderen lieben zu können. Das sehe ich nicht so. Mir würde es sehr helfen jemanden zu haben oder zu wissen, dass jemand die positiven Seiten in mir sieht und zu Tage bringen möchte, und ich bin mir sicher, dass ein Partner das auch kann.
Ich weiß ich muss zunächst an mr selbst arbeiten. Ich arbeite daran, aber Unterstützung (unabhängig von Freunden und Familie) würde mich einen großen Schritt nach vorne bringen.

Ok, ich bin jetzt zwar nicht unmittelbar auf die Frage eingegangen, aber wollte mich als "Betroffene" trotzdem zu Wort melden.

@ Fragesteller/in: Worauf willst Du hinaus? Ist Dir jemand begegnet mt dem/der Du nicht umzugehen weißt? Oder steckst Du selbst drin?

w, 25
 
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  • #4
Ich denke, das ist einfach die Kehrseite des munter gepflegten Materialismus?

Mensch kann, im wahrsten Worte des Sinnes, eben nicht alles HABEN... ;-)

Höher, schneller, weiter, allem voran das schier religiös anmutende Diktat der Effizienz, der maximalen Kapitalverzinsung (und die Mehrheit beugt sich und rennt munter mit, scheint also einverstanden und trägt zur weiteren Beschleunigung bei) - (die Finanzkrise ist schon protestlos "geschluckt") Da wird das Seil eben immer höher gehängt...

Entsprechend heikler wird es. Entsprechend tiefer der Fall. Wundert mich nicht.

Dabei haben wir es materiell im weltweiten Vergleich saugut! Viele merken es nur nicht mehr in ihrem blinden Geiern nach immer mehr.
 
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  • #5
@ # 1 fasst es sehr gut zusammen:

Es hapert insbesondere an der (verlässlichen und tragfähigen!) Mitmenschlichkeit.

Mitmenschlichkeit ist das, was sich alle wünschen, dafür selbst aber nicht ihr Ego hintenan stellen möchten.

Eben: 1000 "best friends". Alles easy und alle gaaanz buisy...

Zeit haben erscheint da geradezu verdächtig und obszön?

Ist allerdings alles nicht neu (vielleicht nur noch etwas weiter auf die Spitze getrieben). Wann hat Michael Ende "Momo" geschrieben?
 
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  • #6
Was zum burnout beiträgt ist eine Selbstverleugnung und Verdrängung der chron. Überbelastung. Das ist der wichtigste Punkt. Wer diesen erkennt ist auf dem besten Weg, aber erst am Anfang.

Was viel zum burnout beiträgt ist der Vergleich mit Anderen. Die anderen können mehr.., sind mehr.., haben mehr..., schaffen alles schneller..., schaffen alles leichter..., sind engagierter... etc.
Was viel zum burnout beiträgt ist die Selbstüberschätzung und natürlich, dass uns Medien vorgaukeln, was wir alles zu schaffen haben, zu tun haben, zu können haben, zu leisten haben, haben müssen.
Keiner traut sich mal halblang zu machen. Pausen sind verpöhnt.
 
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JoeRe

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  • #7
Hier darf man nicht monocausal argumentieren. Die moderne Welt unterscheidet sich in so vielen Aspekten -- Joberwartung, Familiensituation, persönliche Selbstverwirklichung, Wertekanon, Religion, Freundeskreis, etc -- von einer Welt, wie wir sie vor 50 Jahren kannten.
Ich versuche, auf ein paar einzugehen:

1. Job: Oftmals geprägt durch extrem hohe Erwartungen, alles muss hier, jetzt, sofort passieren; Firmen bieten immer weniger inneren Zusammenhalt, sondern sind darauf getrimmt, den Shareholder Value zu maximieren. Karriere machen erfordert nicht nur maximalen Einsatz, sondern auch das Agieren in einem firmenpolitischen Umfeld, und das ist nicht immer "sauber". Ist der Typ in der Kaffeeküche mein Kollege, mein Freund oder meine Konkurenz für die nächste Stufe? Ist die indisch klingende Stimme am Telefon ein Teamplayer oder jemand, der mich demnächst ersetzen soll?
Sowas verschleißt Leute.

2. Familie: Die traditionellen Rollen in der Familie zerfallen. Lebenslange Bindungen und das Bewusstsein, "für die Familie" da zu sein, wird durch Selbstverwirklichung und Lebensabschnittspartner ersetzt. Das ermöglicht zwar mehr Spielraum, aber gibt den Leuten weniger Halt, weil niemand mehr so richtig weiss, was die Erwartung "der Gesellschaft" ist, und jeder versucht, alle Rollen auf einmal auszufüllen. Geht häufig schief.

3. Wertekanon: Im Adenauer-Deutschland war noch sehr klar, was "gut, richtig und normal ist, was sich gehört, und was abnormal ist". Es gab einen übereinstimmenden grundlegenden Gesellschaftsvertrag. Das gab jedem eine grundsätzliche Ausrichtung, in die er sich eingefunden hat. Heutzutage ist Wertepluralismus angesagt. Ich bin sehr großer Fan davon (und finde den 50er-Jahre-Kanon zum Weglaufen), aber ich glaube auch, dass er zu einer Unsicherheit geführt hat, wer man ist, was man machen soll und wonach man sich richten soll. Es gibt immer weniger die "Roadmap fürs Leben", sondern viele Wege. Versucht man alle gleichzeitig zu gehen, verläuft man sich im Gestrüpp.

Über die Frage kann man sicher ein Buch schreiben, ein so kurzer Absatz wird dem kaum gerecht. Persönlich fällt mir auch auf, dass so verdammt viele Leute zwischendurch in eine Lebenskrise stürzen. Diejenigen, die daraus gestärkt hervorgehen, haben aufgrund ihrer Reife meine tiefe Bewunderung.

--JoeRe, 7E1F7A5D
...und warum soll ich nochmals erwachsen werden?
 
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  • #8
Das Burnout-Syndrom hat wohl eher etwas mit beruflicher Überlastung zu tun. Menschen, die sich beständig nach außen engagieren und dabei ihre eigenen Interessen vernachlässigen, sind irgendwann ausgebrannt.

Unter 'in die Tiefe fallen' verstehe ich mehr eine depressive Verstimmung, für die es viele Ursachen geben kann. Hat die Depression keine körperliche Ursache und beruht sie auch nicht auf (früh)kindlichen Problemen, ist sie oft ein Hinweis auf eine falsche Lebensführung. Wer seine Seele beständig gegen den Strich bürstet, verliert irgendwann den Sinn des eigenen Lebens. (Es gibt kein richtiges Leben im falschen. Adorno)

Wichtig ist, sich bewusst zu machen, dass man nicht mit der Hammelherde mitrennen muss und auch dass Rattenrennen kein Lebensinhalt sein kann. Aber viele Menschen hatten keine Möglichkeit (in ihrer Kindheit) ihren eigenen Willen zu entdecken und sich gegen die gängige Meinung zu behaupten. Deshalb wird in unserer Zeit das Leben vieler Menschen von dem Satz "man braucht ..." bestimmt und Konsum und Ansehen werden als einzig glücklichmachende Komponenten verstanden. Dass es dann leicht zu Abstürzen kommt, wenn das 'schöne Leben' an Glanz verliert, ist vorprogrammiert.

Dass das Leben 'früher' besser war, ist ein Märchen. Noch vor 50 Jahren konnten gesellschaftliche Konventionen kaum überwunden werden. Der Einzelne war in vielen Dingen handlungsunfähig und Selbstverwirklichung oder -bestimmung gänzlich unbekannt. Auch die 'heilige Familie' ist ein Mythos. Die 'Geborgenheit' musste mit Unterwerfung bezahlt werden und oft traten die 'lieben Verwandten' noch nach, wenn jemand auf dem Boden lag.

Statt heute in Selbstmitleid zu versinken, wäre es vielleicht angebracht, die Krise als Chance zu nutzen und sich zu fragen, was man WIRKLICH braucht. Ich empfehle in diesem Zusammenhang das Buch "Die Sinn-Diät" von Rebekka Reinhard.
 
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  • #9
@6 sehr gut beschrieben, so sehe ich das auch. Bzgl. des Jobs muss man zusätzlich bedenken, dass die viel verteilten Zeitverträge Druck auf die Arbeitnehmer ausüben, die sich täglich aufs Neue beweisen müssen, da sie ja auf eine Verlängerung ihres Vertrages angewiesen sind.
Allgemein interessiert mich noch diese Frage: Ist dieses oben beschriebene Problem ein landsprezifisches? Sind die Menschen in anderen Ländern zufriedener, glücklicher? Mich erschreckt unser gesellschaftliche Wandel sehr und eigentlich habe ich gar keine Lust, in diesem Strom mit zu schwimmen, bzw. mit zu jagen.
 
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  • #10
Bei mir wars der Wechsel, hab nie geglaubt, dass es mir je so schlecht gehen könnte. Habe keinerlei Probleme mit dem Alterwerden, im Gegenteil. Die Probleme und trüben Gedanken kamen einfach über mich. Jetzt gehts mir wieder bestens dank dem für mich perfekten Psychotherapeuten.
 
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  • #11
Die Frage ist zu allgemein. Wir hatten das Thema neulich bei einer Frau die eine Diskussion hier anstoß.

Was bringen diese generellen Fragen wenn man sie nicht gleich so stellt, daß wir die eigenen persönlichen Probleme mit ansprechen können.
 
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  • #12
Wenn die Frage tatsächlich ernst gemeint sein sollte: schaut doch mal unter dem Stichwort "Säkularisierung" nach. Wenn es das ist, was regelmäßige Leser des Forums ahnen: Leute, bitte intelligentere Gesprächsanregungen geben, Burn out ist überall Thema. Gelangweilter Gruß, Amanda.
 
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  • #13
siri/w55

#11 Amanda

das war aber ein wirklich aufbauender Beitrag. Nicht nur, daß sich die Fragestellerin nicht gut fühlt, jetzt langweilt sie dich auch noch damit. Sehr rücksichtslos!

Aber, um die Frage zu beantworten - seit ich auf dem Land lebe und meine Tage draußen und mit Tieren verbringe, geht es mir gut. Die Arbeit die ich mache ist notwendig und ich habe ausreichend Zeit für mich. Ich habe auch bei keinem der Bauern, die wirklich sehr viel arbeiten, ein Anzeichen von Burn-out entdeckt.
Die sind, trotz 14-Stunden-Arbeitstag und schlechtem Milchpreis, immer irgendwie zufrieden.

Vielleicht haben viele nicht "zu viele", sondern falsche Ansprüche? Die meisten Menschen arbeiten hart, um besser zu leben. Wenn sie feststellen müssen, daß es ihnen trotz aller Arbeit schlechter geht, machen sie vielleicht etwas falsch.
 
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