Die Frage könnte man jetzt hochphilosphisch debattieren, und jeder hat dazu sicherlich seine Definitionen.
Als Antwort auf Deine Frage kann ich Dir nur meine eigene Sicht geben, andere sehen, empfinden das anders.
Hass ist ein ganz großes Gefühl, empfinde ich längerfristig für einen selbst eher als schädlich, als nützlich. Dass in einem Augenblick dieses Gefühl entstehen kann, ja. Man fühlt, und es ist in Ordnung. Die Auseinandersetzung mit dem Gefühl kommt danach.
Für mich kostet Hass Energie, behindert einen, klaut einem Lebensfreude. Ist dies jemand wert?
Also mir zuliebe - ich hasse nicht.
Rache? Ich glaube an Kharma, also auch dies eher überflüssig - wobei ich so das kleine Teufelchen auf der Schulter sitzen habe (und sitzen lasse, ich bin kein Altruist), das durchaus mit Schadenfreude mal grinsen darf.
Ich denke, dass alles irgendwie seinen Sinn macht, und dass auch das, was man aussendet, irgendwann in irgendeiner Form zurück kommt. Meine Wahrnehmung bestätigt dies. Aktiv Rache? Damit begebe ich mich nur auf ein Niveau, dass ich nicht möchte, und auch dies kostet nur Energie, die für besseres verwendbar ist.
Verzeihen ist etwas ganz anderes.
Manches kann ich verzeihen, aber tiefe Verletzungen, vor allem wenn der Andere voll verantwortlich gehandelt hat? Von Täuschen, Lügen, Betrügen bis zu Gewalt?
Vielleicht kann ich sogar ein gewisses Maß an Verständnis aufbringen, trotzdem - verzeihen nicht.
Semantisch spitzfindig trenne ich aber Verzeihen und Vergeben.
Vergeben ist mir wichtig, das tue ich für mich. Ich gebe die Verantwortung am Vorgefallenen an den anderen (schaue auch nach meinen Anteilen, ohne Schuld!), schließe ab, setze einen Haken darunter und es ist Teil der Vergangenheit.
Manchmal hilft dabei ein Ritual, wenn es so nachhaltig ist.
Ich finde Vergebung wichtig - damit man danach anderen Menschen wieder begegnen kann, mit Offenheit, mit Vertrauensvorschuss, und nicht mit einem Grundmisstrauen.
Das bedeutet für mich ein Teil Lebensqualität, die möchte ich mir nicht nehmen lassen.
Roscoe, Du brauchst weder Hass, Rache, noch Verzeihen.
Gerade dieses - ich muss verzeihen. Nein! Musst Du nicht!
Aber wenn Du es kannst, vergib ihr, gib es gedanklich an sie zurück, lasse es hinter Dir und gehe weiter.
Es wird, denke ich, nach dieser ganzen Zeit wieder Zeit Dein Leben ganz zurück zu holen.
Es klingt alles vielleicht etwas spirituell, aber ich habe diese Gedanken für mich entwickelt, nach Denkanstößen und Gedanken in den Büchern von Anselm Grün, und damit mit meinen Eltern endlich abschließen können. Vor allem das Thema Vergebung / Verzeihen - bei ihm sehr dezidiert unterschiedliche Themen.