Sehr interessante Grundsatzfrage!
Für mich bedeutet Romantik ein Gefühl der nichtkörperlichen Intimität. Und romantischer Kitsch stellt für mich das Versagen, dieses herzustellen, dar.
Vieles hat hier mit der Präsentation der potenziell romantischen Handlung zu tun, also letztlich, wie üblich, mit Selbstvertrauen.
Wichtig an dieser Definition, und meiner Erfahrung nach zutreffend, ist, dass sie der Dynamik der Sympathielevel Raum lässt.
Wie von Vielen akzeptiert wird, sind Begebenheiten zunächst einmal neutral. Die Gefühle, die jeder Zeuge aus der Erfahrung entwickelt, hängen beinahe nur von den Gedanken ab, oder letztlich von Mustern derselben (nenne ich jetzt mal absichtlich: Charakter). Das impliziert natürlich, dass für jeden etwas anderes romantisch sein kann.
Außerdem will ich aber eben vorschlagen, dass das Romantikempfinden darüberhinaus damit zu tun hat, wie sehr der Empfänger der Geste den Sender in liebender Weise wertschätzt.
Wenn ich zur zweiten Verabredung eine rote Rose auftische, kann ich vermutlich sagen, oder auch nicht sagen, was ich will, es ist bereits zu dick aufgetragen. Ich bin daran gescheitert, eine mentale Intimität aufzubauen und es wirkt kitschig (Für den Fall, dass mir jemand erzählen will, sie sei mit einer roten Rose bei der zweiten Verabredung durchaus zu erobern und nicht zu verschrecken: Jetzt Brad Pitt in der Vorstellung durch einen normalen Mann ersetzen und den Film nochmal laufen lassen).
Bringe ich die Rose zur siebten Verabredung, dann kann sie auch in einer selbstgebastelten Verpackung serviert werden zusammen mit dem käsigsten Spruch, den ich finde, und es wird, wenn die Empfängerin, wie schon gesagt, dafür empfänglich ist, und ich das ohne weiche Knie (Präsentation), die sich in der Stimme immer wiederspiegeln, hinbekomme, von ihr für die tollste Sache gleich nach der Erfindung von Popcorn gehalten werden.
Und das ist auch gut so
Und wie erzeugt man mentale Intimität nun? Man muss bestimmte Aspekte des anderen Verstandes reizen.
Manche scheinen sehr empfänglich zu sein für Charme. Man schmeichelt den Ohren mit wohlgesetzten Worten, die von Geist, edlen Sitten und einer Art gespieltem verspielten und naiven Weltbild zeugen.
Manche versuchen sie zu erzeugen durch einen vorgelehnten Oberkörper, mit dem oberen Knie in die sympathische Richtung zeigend, der Herzseite näher zum Gegenüber gerichtet und mit langen, tiefen Blicken in die Augen oder auch geschickter Intonation der Stimme.
Manche lassen die geschickt gewählte Umgebung für einen arbeiten. Ein sauber getanzter Langsamer Walzer auf einem Ball mag für manche "mentalen erogenen Zonen" Wundersames bewirken, und ein schöner Ausflug oder Urlaub kann in geeigneter Weise erhebend wirken.
Oder man erzeugt die geistige Intimität durch ein ausgeprägtes Wir-Gefühl, zum Beispiel durch Spontanität in einer insgesamt sehr berechenbaren Welt, oder durch gemeinsame Traditionen
Wie in ElitePartner meiner Meinung nach sehr schön steht: Romantik beschreibt das Streben nach einem ästhetisch gestalteten Leben.
Etwas, das romantisch sein möchte, muss daher irgendeinem Ästhetiksinn, was ich unbeholfen mentale erogene Zone nannte, schmeicheln.
Und weil Ästhetikempfinden sehr individuell ist, muss es das Romantikempfinden dann also auch sein
Mir persönlich sagt das Charme-Zeug sehr zu. Dazu zählen auch geistreiche oder sarkastisch-bissige Konversationen, oder auch, ohne dass es eigentlich strikt dazu passt, künstlerische äußere Schönheit. Oder ein gutes Essen in Knigge-Manier. Cary-Grant-Filme (naja, wegen dem Charme).
Sobald jemand mitmacht, von dem ich _weiß_ es macht ihr genau so viel Spaß, ist es für mich romantisch.
Zuletzt und am Rande bleibt mir anzumerken, dass bei Sex oft, aber nicht immer, auch Romantik vorliegt, also nichtkörperliche Intimitätsgefühle mit körperlicher Intimität einhergehen.