@ #18, Apollo:
Du hast den Punkt erfasst!
Allzu intellektuelle Menschen meinen die Welt erfassen, begreifen und vor allem kontrollieren zu können, grenzen dabei - meist ohne es zu wissen - sehr viel davon aus. Und - auch, ohne es zu wissen, weil nicht erfahren - sogar den allerschönsten, farbigsten, anregendsten, wirklichsten Teil davon: das bunte Leben selbst, das durch Intellektualität in den Griff bekommen werden soll.
Deine erste Frage "Was für Frauen oder Männer passen zu Künstlern eurer Meinung nach?" beantwortet sich leicht, schrieb ich schon in posting 1:
Reife, eigenständige, unerschrockene, achtsame, undogmatische, aufrichtige Männer und Frauen, die sich mitteilen und reflektieren mögen, die bereit sind, sich selbst und auch die Partnerin bzw. den Partner wahrzunehmen.
Deine spätere Fragen (#9) "#1,2,3,4,6,7: Man hört sehr oft, zu Künstlern passen nur Künstler. Sie seien auf einer Plattform wie dieser sowieso nur schwer "vermittelbar". Außerdem seien sie voller Vorurteile gegen bestimmte Gesellschaftsschichten. Stimmt ihr dem zu? Oder habt ihr da etwa andere Erfahrungswerte?" beantworte ich wie bisher erlebt:
- nein, es passen nicht nur Künstler zu mir. Ausschlaggebend war bisher die Persönlichkeit (reif, eigenständig, unerschrocken, achtsam, undogmatisch, aufrichtig, wahrnehmend, refelektierend und sich mitteilend). Bei diesen war Kunstinteresse bereits vorhanden gewesen. Das reichte aus. Tätig sein muss mein Partner darin nicht.
- Ob Künstler bzw. Künstlerinnen auf dieser Plattform nur "schwer vermittelbar" sind, weiß ich nicht (wüsste auch nicht, woher ich diese Information bekomme. Vermutungen helfen da nicht weiter). Tatsache ist, dass die Bezeichnung Künstlerin in meinem Profil steht und ich noch nie von einem Mann angeschrieben wurde (bin seit Mitte März dabei). Alle Kontakte gingen bisher von mir aus, EINER hat darauf geantwortet und nach meiner Rückantwort den Zugang gelöscht. Mein Ich-über-mich ist ausgefüllt. Fotos schicke ich sofort beim Anschreiben mit - und ich meine, dass ich eine einigermaßen attraktive Frau bin. Ob diese wenige Resonanz damit zu tun hat, dass ich Künstlerin bin oder aus anderen Gründen geschieht, weiß ich nicht, weil mir keiner bisher sein Schweigen oder Ablehnen begründete. (Bin außerdem 56 Jahre alt und vielleicht deshalb wie du meinst "schwer vermittelbar"?)
- Ob ich "voller Vorurteile gegen bestimmte Gesellschaftsschichten bin" kann ich nur so weit meine Bewusstheit reicht beantworten.
Ich weiß, dass ich keine Lust darauf habe, dass mein Partner beispielsweise Fernfahrer sei. Das liegt aber nicht am Beruf und der sog. Schichtzugehörigkeit, sondern daran, dass ich die Brummi-fahrer (aus Tramperzeiten) meist als extreme Raucher, Esser, Sexprotze, BILD-Leser, Machos (d.h. das Gegenteil dessen, was ich von einem Partner wünsche) erlebte. Es gibst ganz sicher auch achtsame, selbstreflektierte, belesene... Fernfahrer. Ich habe sie nicht kennen gelernt. Dasselbe gilt auch für Ärzte, und Männer aus den Vorstandetagen. Ich kenne einige und erlebte dort viel Alkohol, viel Verdrängen, viel Angeben, viel Show. Das kann mein Partner nicht sein.
Andererseits sind zwei meiner besten Freunde
a) Metalldreher mit eigener Werkstatt (in der er auch noch wohnt), mit schwieligen Händen und ständig schwarzen Fingernägeln, viel Reflexion, sehr viel Menschlichkeit und Achtsamkeit, viiiiiiel Selbstverantwortung und politischem Engagement. Ein seltenes Exemplar seiner Spezies und ich liebe ihn sehr als Freund
b) Anlageberater mit eigener Firma, hängt beständig am PC und hat unentwegt mit Geld, mit der Börse und Mehrfachmillionären zu tun, ist außerdem ein kluger, fühlender und sehr wahrnehmender Mensch, der täglich im Büro meditiert, regelmäßig seine Körperübungen und Spaziergänge in der Natur macht, nachdenklich, humorvoll und belesen. Ein ebenso seltenes Exemplar SEINER Spezies würde ich sagen. Und ich liebe ihn als Freund sehr.
Soviel zu den Kontakten zu den Gesellschaftsschichten.
Ich erlebe eher, dass nicht ich die Vorurteile habe, sondern MIR sehr häufig Vorurteile entgegen gebracht werden. Nicht von Künstlerinnen und Künstlern. Die haben mit sich selbst zu tun und sind an Austausch interessiert. Sondern von denen, für die Kunst irgendetwas "außer der Welt" zu sein scheint und die vergessen, dass das nur heißt, dass es außerhalb IHRER Welt ist.
Diesen bin ich entweder ein Objekt der Bewunderung (aufgrund eines Vorurteils, meine ich. Denn es gibt nichts, was mich Mensch von einem anderen Menschen unterscheidet - außer meiner Persönlichkeit, die aber ja nun jede/r einmalig hat. Das gilt für alle.) oder ein Objekt der Abwehr und Ablehnung. Dazu hörte ich schon die wirklich abstrusesten Gedanken. (siehe in diesem Thread: #3, Caelum oder auch #15, Frederika)
Es gibt Menschen, die davon ausgehen, ich schlafe den ganzen Tag oder sitze in der Sonne, um auf eine Eingebung zu warten, um dann (natürlich in der Nacht und unter viel Rotweineinfluss oder/und im stillen Kämmerlein) in kurzer Zeit eine Leinwand "vollzurotzen", die dann für etliche hundert Euros verkauft wird. Wenn's denn so wäre...
Alle meine Künstlerfreunde sind hart arbeitende, verlässliche Menschen, die den Mut zur Selbständigekeit haben und ihrer Kunst zuliebe etliche Unpässlichkeiten der Gesellschaft auf sich nehmen (derselben Gesellschaft, die die Ergebnisse des künstlerischen Schaffens durchaus goutiert, von dem langen Weg dorthin jedoch selten etwas wissen, geschweige denn tolerieren oder gar unterstützen will.)
Tja, bis hierhin mal.