Hallo lieber FS,
ich war wegen Essstörungen, Selbstverletzungen, Suizidgedanken und Depression in einer Klinik und bin jetzt gerade am Ende der ambulanten Therapie. Ich würde für mich beanspruchen, dass meine Persönlichkeit keineswegs "wegtherapiert" wurde. Und diesen Eindruck hatte ich in der Klinik auch von keinem meiner Mitpatienten... soviel zu dem, was #4schreibt...
Dass du Angst hast, ist meiner Meinung nach völlig normal. Immerhin ist das eine völlig neue Situation. Und du gehst dahin, um deine Probleme zu bewältigen, du stellst dich also dem Unangenehmen, Traurigen in deinem Leben. Da geht man natürlich nicht gerade freudestrahlend ran, sondern auch mit einer großen Portion Bauchweh. Ich denke, das geht den allermeisten so. Mir auf jeden Fall...
Ein Klinikaufenthalt ist vor allem deshalb gut und sinnvoll, weil er dich aus deiner normalen Umwelt rausholt und so räumlich schon mal eine Distanz zu dem schafft, was dir Probleme bereitet. Wenn du dir die Klinik schon mal angesehen hast, weißt du ja schon mal, wo es hingeht. Wenn du dort ankommst, wirst du begrüßt, rumgeführt, hast Gespräche mit den zuständigen Ärzten und Therapeuten. Bei mir war es so, dass ich eine Patin bekommen hab, eine Mitpatientin, die schon zwei, drei Wochen da war, sich auskannte und mich rumgeführt hat - Therapieräume, gerade auch den Raum der Therapiegruppe der ich zugeordnet war, Speisesaal usw. Der Gemeinschaft, der ich zugeordnet war, wurde ich ebenfalls vorgestellt, bzw. habe mich vorgestellt, ebenso wie die anderen, die mit mir neu waren. Mit meiner Therapeutin habe ich den Therapieplan besprochen, also die verschiedenen Angebote und Therapien. Und eine Ärztin hat den medizinischen Teil übernommen.
Wenn du in der KLinik bist, wirst du wohl auf jeden Fall Therapiesitzungen haben - bei mir waren es wenige Einzel- und v.a. Gruppentherapiesitzungen. Da wurden eben verschiedene problematische Punkte angesprochen. Und auf der anderen Seite geht es darum, zu schauen, wie man sein Leben angeht, wenn man wieder aus der Klinik draußen ist. Denn der Klinikaufenthalt ist ja in der Regel "nur" (aber ein großer und wichtiger Schritt) der Anfang.
Also: lass dich nicht verunsichern, wenn dir jemand sagt, dass eine Klinik nicht nötig wäre oder ähnliches. Du bist in einer schwierigen Lebenssituation, hast Depressionen und es ist völlig egal, was andere da denken, wie andere das angehen würden.
Du willst die Depressionen in den Griff kriegen, willst wieder gesund werden. Ein Klinikaufenthalt ist da ein sehr guter Weg. Und was du auch machen kannst, ist, deine Ängste zu formulieren, wenn du dort bist. Du darfst (uns sollst sogar

in der Therapie über deine Ängste, Sorgen und Probleme sprechen. Vielleicht hilft es dir, wenn du die Ängste einfach mal aussprichst.
Ach ja, was ich dir noch gerne sagen würde: Du bist als Patient der, um den es in der Therapie geht. Der Therapeut gibt dir Impulse, er hilft dir, hat das nötige Fachwissen. Aber du bist der Spezialist für dich selbst. Und als solcher begegnest du dem Therapeuten eigentlich auf gleicher Ebene. Ihr seid beide Spezialisten für je eigenen Bereiche und arbeitet zusammen, um deine Probleme zu lösen. Mir hat dieser Gedanke sehr geholfen, weil ich mich damit nicht als der schwache Kranke gefühlt habe, der zu einem allwissenden Therapeuten aufblickt, der quasi immer recht hat. Denn ob die Ideen des Therapeuten für mich so genau stimmen, das kann nur ich selbst entscheiden. Wenn ich das Gefühl habe, dass das so nicht passt, dann formuliere ich das, versuche mit meinem Therapeuten herauszufinden, was bei mir passt. Schließlich ist kein Mensch wie der andere und es bringt wenig, sich in ein Schema pressen zu lassen, das für einen selbst eben nicht oder nur bedingt stimmig ist.
Und was Psychopharmaka angeht: Sie sollen und können den therapeutischen Prozess unterstützen. Ich nehme selbst SSRI, die mich psychisch sehr stabilisieren. Stimmungsschwankungen habe ich immer noch - aber im normalen Bereich und nicht mehr so extrem, dass sie mich ernsthaft beeinträchtigen. Aber da wirst du sicher professionellen Rat bekommen. Und eine gute Klinik, stellt ihre Patienten nicht nur mit Medikamenten ruhig. Eine gute Psychotherapie besteht nicht nur aus Medikamenten, aber Medis können eine Psychotherapie durchaus unterstützen.
Alles Gute!