Nein, Klaus, es schreckt mich nicht ab, wenn eine oder einer an die große Liebe glaubt.
Es schreckt mich eher ab, wenn jemand sie "haben" will, ohne die Bereitschaft, sich selbst und die Frau oder den Mann ihres oder seines Herzens zu lieben.
Die- oder derjenige, die/der wirklich lieben kann und will, spricht in der Regel wenig davon, weil sie oder er es ganz natürlich tut: lieben.
Nein, das ist meiner Meinung nach nicht unrealistisch oder unreif. Im Gegenteil, es gehört nach meiner Ansicht und Erfahrung mehr Reife dazu, zu lieben, als haben zu wollen (egal was: Sex, Unterhaltung, Bestätigung, eine/n Partner/in, Zweisamkeit statt Einsamkeit etc.)
Es gehört m.E. nach auch Reife dazu, nicht mitzumachen, mitten in dieser schnelllebigen Zeit, in der Partner/innen manchmal ex-und-hopp entsorgt werden, wenn's schwierig wird, in der Sex ohne Ende diskutiert wird und liebevolle Erotik selten Thema ist. Stattdessen "erschreckend naiv" immer noch an die Liebe zu glauben und zu lieben, weil das schön ist und Sinn macht. Grade in dieser Zeit, in der solch eine Haltung eher verpönt ist oder als "lächerlich" oder "religiös abgedreht" bezeichnet wird. Sei's drum.
(Wahrhaft) zu lieben ist nach meiner Lebenserfahrung weitaus schwieriger und betrifft die ganze Persönlichkeit, ist Einlassen ohne Hintertür - eben: lieben - . Wer wagt das denn noch?
Diejenigen, die das naiv finden, mögen dieser Meinung sein.
Dein Urteil macht mir nichts aus, Klaus. Ich störe mich auch absolut nicht daran, dass dir solche Mitteilungen erschreckend, fast unheimlich sind, da du sooo viel Erwartung erwartest, und deshalb das Profil solcher Frauen gleich löschst.
Ich gehöre zu denen, die an die Liebe glauben. An die kleine UND an die große. Täglich kommt sie daher und berührt mich. Das ist dieser warme Blick der Verkäuferin am Obst- und Gemüsestand heute nachmittag, die lustige Szene mit den zwei Ausländerinnen an der Parkhauskasse, die kleine Begebenheit im Buchladen, das kurze Telefonat heute abend, die Minuten im Liegestuhl im schon nachtdunklen Garten mit tausend Sternen über mir, die Tüte gartenfrischer Bohnen die mir irgendein/e Nachbar/in an die Haustür stellte...
Nenne es naiv, zu glauben, dass eine Partnerschaft möglich sei, in der beide vorbehaltlos zueinander sind und ehrlich miteinander umgehen.
Ich halte das für einen hohen Wert.
Ich meine, die üblichen "Lügen" und das übliche Versteck- und Verdeckverhalten verhindert Partnerschaft mehr, als dass es sie fördert.
Wenn es dich erschreckt, dass Frauen es für möglich halten, so mit ihrem Partner zu sein, dass diese "verrückten", auf Unsicherheit und Angst gegründeten (Macht-/Ohnmacht-)"Spielchen" zwischen Mann und Frau nicht die Grundlage der Begegnung sind, sondern gewagte Offenheit, den risikoreichen Einsatz des ganzen Menschen - auch mit der Möglichkeit verletzt zu werden - und trotzdem zu lieben, dann wirst du deine Gründe haben. Ich halte das für die erfüllendste Beziehung überhaupt.
Tja, so verschieden sind die Leut'...
Marlene