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  • #1

Wenn nach 25 Jahren Ehe Trennung als einzige Lösung bleibt...

Ich bin mit meinem Mann seit über 25 Jahren verheiratet. Er war immer ein fürsorglicher und guter Vater und Mann. Seit seinem Herzinfarkt hat sich seine Lebenseinstellung verändert. Er gibt viel Geld für unnötige Sachen aus, beschuldigt mich allem, was ihm passiert ist und sieht sogar in seinen eigenen Kindern sowas wie Feinde. Er ist sehr verschlossen geworden, sagt zwar er hat viele Probleme, aber was das für welche sind, sagt er trotz mehmaligen Nachfragen nicht... Die einzige Hoffung schenken mir nur die Erinnerungen an früher...Eine proffessionelle Hilfe lehnt er grundsätzlich ab... Die jetzige Familiensituation ähnelt einem Krieg. Ich hätte nie gedacht, dass es bei uns zu sowas kommen wird. Ich weiß, dass es in jeder Familie Probleme gibt und davon hatten wir genug, nur im Rahmen des "Normalen".

Kann sein, dass die Krankheit alles ausgelöst hat und ich weiterhin kämpfen muss? Oder ist das sein "wahres Ich", das aus ihm spricht?
 
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  • #2
Vor etwa 10 Jahren kam heraus, dass mein Mann (von dem ich seit einigen Jahren getrennt lebe) an einer sehr schweren Herzerkrankung leidet. Es folgte eine schwere OP und seitdem nimmt er natürlich entsprechend starke Medikamente. Er war nie einfach, aber nach und nach wurde er ein komplett anderer Mensch. Er baute eine Mauer um sich herum, die er immer höher werden ließ. Irgendwann erfuhr ich, dass die Medikamente tatsächlich einen immensen Einfluss auf seine Persönlichkeit haben. Ich habe lange gehofft, alles würde sich mit der Zeit "einpendeln". Es wurde nur schlimmer. Er redete nicht mehr mit mir, schloss mich komplett aus seinem Leben aus. Fing irgendwann eine nach der anderen Affäre an. Ich weiß er hat Angst wie es mit seiner Krankheit weitergeht und er befürchtet vermutlich irgendetwas zu verpassen. Meine Liebe, meine unendliche Geduld, mein ständiges "Ertragen" hat er nicht wahrgenommen und irgendwann hat er 25 Jahre zum Teufel gejagt.

Ich habe gekämpft bis ich magersüchtig war, heute geht es mir wieder richtig gut. Er hingegen tut mir Leid. Er hat keine vertrauten Menschen mehr. Bekanntschaften sind nur von kurzer Dauer und dann "wandert er weiter".
 
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  • #3
Liebe FS!
Kann es sein, dass der Herzinfarkt das allererste Mal war, wo er seine eigene Verletzbarkeit, Schwäche und nun Sterblichkeit zu fühlen bekommen hat und er nun durch sein Verhalten versucht, seine eigene nun mangelnden Selbstwertgefühl aufzubessern (er macht anderen fertig) und sein Leben jetzt irgendwie aufzuwerten (kauft unnötige Sachen?)? Vielleicht auch eine anfangende Depression?
Ich kenne 3 solcher Fälle aus engerem Familien- und Freundeskreis, alle Nachkriegsgeneration, alle lange verheiratet (25 Jahre +) wo die Männer nach einer plötzlich einsetzten Krankheit (nun ja, so plötzlich nicht, da sie niemals besonders gesund gelebt haben) wirklich "abgedreht" sind. Sie mussten und dürften in ihrem Leben niemals Schwäche zeigen und das hat ihr Männlichkeitsbild sehr geprägt. Jetzt, wo sie plötzlich durch die Krankheit ihre eigene doch ganz normale menschliche "Schwäche" nicht mehr ausweichen können fühlen sie sich entmannt und minderwertig.
Kandidat Nr. 1 (Arzt!) terrorisiert allen nach 2 Herzinfarkte, und trinkt und raucht was das Zeug hält (noch mehr als vor seinen Infarkten) weil er meint, er hat nichts mehr zu verlieren und er seine letzten Tage genießen möchte. Seine Frau, selber ziemlich krank, versucht ihm das Leben so schön wie möglich zu machen.
Kandidat Nr. 2 ignoriert seine Diabetes komplett, aber seit der Diagnose terrorisiert er seine Familie, isst ab 13.00 nichts aber trinkt nur Bier und ist schnell angetrunken- und das bei einer Selbstständige Tätigkeit. Er war sein Leben lang gewohnt, alles zu bekommen, was er wollte, war der "Sunny Boy" der Familie, hat sich immer über "Schwächen" der anderen lustig gemacht, und kann offensichtlich mit seinem eigenen Problem nicht fertig werden, weil er es niemals gelernt hat, mit Problemen umzugehen und darüber zu sprechen. Er lebt noch gemeinsam mit, aber getrennt von, seiner Frau. Sie hat sich eine Beratung gesucht, er macht sich nur lustig darüber, hat dicht gemacht und weigert sich an die Beziehung zu arbeiten.
Kandidat Nr. 3 ist nach einem Herzinfarkt plötzlich extrem Cholerisch und depressiv geworden. Nachdem seine Frau ihm mehrmals mit Trennung gedroht hat, nimmt er nun mit 70antidepressiva. Es ist ein auf und ab. Seine Frau hat sich auch schon Hilfe geholt.
Ich wünsche Dir viel Gluck in deiner Lage.....
w 39
 
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  • #4
Liebe FS,
es ist nicht selten, dass einem Herzinfarkt eine Depression folgt. Rede mit ihm und auch mit Deinem Arzt über die Situation. Besteh' darauf, dass er es diagnostisch abklären und sich ggfs. behandeln lässt. Von allein wird es keine Heilung geben, insofern ist abwarten die falsche Strategie und chronifiziert das Verhalten.
Mit Geduld und Spucke kommst Du nicht weiter und kämpfen musst nicht Du, sondern er. Du kannst ihn nur unterstützen, bei dem, was er tut. Zum Ziel tragen kannst Du ihn nicht. Insofern solltest Du auf Selbstschutz achten.
 
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  • #5
Gerade die von Dir beschriebene Spezies wird gern ausgenutzt. Wenn ein Mann als guter Vater und Ehemann bezeichnet wird, bezieht sich das oft auf Duldsamkeit, Verzicht auf ein eigenes Leben und gute finanzielle Versorgung von Frau und Kindern, typischerweise der Alleinversorger, der sich seinen Herzinfarkt, Burn out oder Schlaganfall redlich erarbeitetet während seine Frau es sich zuhause bequem macht. Wenn man sieht, dass das Leben endlich ist, entweder wegen des Lebensalters oder einer schweren Krankheit, verändert sich oft die Sicht und man wird egoistischer. Das wird von Laien oft als midlife crisis bezeichnet, ist aber das Gegenteil von krank, sondern ein Zeichen dafür, dass man noch leben und kämpfen kann. Das führt dann optimalerweise zu einer Änderung des Lebens - in einem anderen Beruf, mit eigenen Hobbies oder oft auch mit einer anderen Frau.
 
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  • #6
Kann sein, dass die Krankheit alles ausgelöst hat und ich weiterhin kämpfen muss? Oder ist das sein "wahres Ich", das aus ihm spricht?

Ich glaube nicht, dass du hier in diesem Forum darauf Antworten erhalten wirst. Das können nur Fach-Ärzte, an die ich mich an deiner Stelle schnellstens wenden würde. Auch eine prof. Beratung seitens einer Psychotherapeutin für dich selbst, könnte sicherlich nicht schaden. Denn egal für welchen Weg du dich entscheidest, brauchst du Hilfe.

Ich würde nicht kämpfen, denn dein Mann ist erwachsen und auch wenn er krank ist, ist er für sein Leben selber verantwortlich. Das bedeutet, dass man sein Verhalten als normal ansehen muss, er lässt sich ja nicht helfen, also muss er auch mit den Konsequenzen leben.

Die Gefahr, dass du bei deinem Kampf selber krank wirst, ist zu groß.

Alles Gute für dich.

w 49
 
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  • #7
Fragestellerin, es spielt keine Rolle, ob die Krankheit dies alles ausgelöst hat, oder ob es die Medikamente sind, oder ob es sein wahres Selbst ist. Es ist nur eines jetzt und seit Monaten ist es sein Selbst und dies belastet dich immens. Du musst jetzt zuallererst für dich sorgen - entweder räumliche Trennung, oder eine therapie um schnell eine innerliche Distanz zu ihm zu gewinnen.
Kann sein, dass die Scheidung die einzige gute Lösung für dich ist. Es geht nicht mehr um Euch - es geht um dich und deine Gesundheit.
Fragestellerin- geh aus dem Forum raus und such dir eine Gesprächsgruppe oder einen professionellen Gesprächspartner ! W
 
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  • #8
Ich würde euch beiden eine Umstellung eurer Lebensgewohnheiten empfehlen. Ein Herzinfarkt hat ja immer auch eine Ursache, die meist in schlechter Ernährung und Rauchen liegt. Wenn man seine Lebensgewohnheiten ändert, muss man auch keine Angst mehr vor einem erneuten Herzinfarkt haben. Ich schätze, dass ist auch der Grund, warum er jetzt so drauf ist.

Du solltest Verständnis für deinen Mann aufbringen. Ich finde das alles sehr nachvollziehbar. Aber eben auch eine Motivation, eure Lebensumstände zu ändern.
 
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