Liebe Virginia, es ist schade, dss Du wegen Deiner Berufswahl so frustriert bist. Da habe ich es ja deutlich besser getroffen, weil ich immer gerne und mit Freude meinem Beruf nachgegangen bin. Offenbar kann ich mich sehr glücklich schätzen, die richtige Wahl getroffen zu haben, zumal ich sicher bin, dass Du, wie Du Dich ausdrückst (das wäre allerdings nicht meine Wortwahl gewesen....), mehr "in der Birne hast als ich".
Ja, Du hast Recht, ich habe (und konnte) nicht so viele Stunden konzentriert arbeiten. Oft genug habe ich mir auch nur die Sorgen und Nöte meiner Mitarbeiter/-innen angehört und versucht, ihnen zu helfen. Von daher ist mir nichts Menschliches fremd. Egal, ob einer Mitarbeiterin das Kind von einem betrunkenen Autofahrer totgefahren wurde, ob die Frau eines Kollegen -mit 2 kleinen Kindern- an Krebs erkrankt und daran verstorben ist, ob der Mann bei Nokia mit 55 Jahren seinen Job verloren hat und seiner Frau in unserem Haus von einer anstehenden Rationalisierungsmaßnahme evtl. das gleiche Schicksal bevorstand, ob eine "meiner Leute" Alkoholikerin war und ich es geschafft habe, ihr schnellstens einen Therapieplatz zu besorgen, obwohl die Anzahl dieser Kliniken drastisch verringert wurde und man oft auf einen solchen Platz 6 Monate warten musste, ob der Vater einer Mitarbeiterin während des Urlaubs im Ausland einen Herzinfarkt erlitten hatte und die Tochter, obwohl sie keinen Urlaub mehr hatte, schnellstmöglich dorthin mußte, um Mutter (ohne Führerschein), den Vater und das Auto aubzuholen, ob einer unserer Mitarber seine 2 kleinen Mädchen missbraucht , dafür verurteilt wurde und ich die weinende Ehefrau im Büro sitzen hatte. Nein, Du hast Recht, effizient habe ich nicht immer gearbeitet, aber vielleicht menschlich agiert....?!? Von diesen Beispielen könnte ich noch -zig weitere aufzählen, weil ich alles kenne, was im Leben vorkommen kann und weil ich genau wegen meiner mitfühlenden, tröstenden, aber auch pragmatischen, lösungsorientierten Art immer eine gesuchte Ansprechpartnerin war.
Ich finde es traurig, dass Du Dir so gar nicht vorstellen kannst, was andere Menschen in anderen Berufen zu leisten haben und in der Lage sind, zu leisten. Ich hatte auch mal einen solchen Tunnelblick, da war ich allerdings noch sehr jung. Vielleicht hat mir das Leben und all das, was ich schon erlebt habe und teilweise auch am eigenen Leib erfahren habe, die Augen geöffnet für die Probleme Anderer.