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  • #1

Wie kann ich mit einer jungen Witwe umgehen?

Ich treffe seit einigen Monaten eine junge Frau (Ende 30) relativ regelmäßig auf Tanzveranstaltungen. Im Laufe der Zeit konnte ich aus ihrer recht kargen Kommunikation zwischen den Zeilen entnehmen, dass sie vor einiger Zeit ihren geliebten Mann verloren hat. Seit dem ich dies erkannt habe, fällt mir der Umgang mit ihr deutlich schwerer. Ich weiß nicht so recht wie ich mich verhalten soll. Ich gehe davon aus, dass sie keine Ahnung hat, dass ich etwas über ihr Schicksal weiß. Auch bin ich mir nicht sicher, ob ihre Besuche der Tanzveranstaltung nicht eventuell Teil einer Therapie sind. Im Lauf der Zeit hat sich etwas wie eine Vertrauensbasis zwischen uns entwickelt und ich habe jetzt Angst, durch ein ungeschicktes Verhalten ihr einen seelischen Schaden zuzufügen. Gibt es hier jemanden, der schon einmal mit einer ähnlichen Situation konfrontiert war? Kann mir jemand ein paar Ratschläge geben, wie ich mich verhalten sollte?
 
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  • #2
w,41,
Geh mit ihr bitte weiterhin ganz normal um. Eine gute Bekannte von mir (gleiches Alter) ist seit ca. 6 Jahren verwitwet und für sie war es damals sehr schlimm, dass viele, als sie davon erfahren haben, sie irgendwie wie "Glas" behandelt haben, dass in ihrer Gegenwart plötzlich überwiegend ernste Gesichter gemacht wurden und das Lachen verstummt ist.
Wenn der Partner stirbt, braucht man sicher eine Zeit des Trauerns, eine Zeit der Tränen, eine Zeit des Rückzugs, aber was vor allem gebraucht wird, ist auch Empathie und der ganz normale Umgang.
Wenn dieses Frau wieder zum Tanzen geht, dann will sie zurück ins Leben, d.h. dann ist sie bereit dafür, sich dem Leben wieder zu öffnen. Natürlich ist sie immer noch traurig, wird auch immer noch weinen, denn der Verlust eines geliebten Menschen hinterläßt eine Wunde, die nie heilen wird. Zeit heilt alle Wunden, das stimmt hier nicht, der Verlust wird immer schmerzen, der Schmerz wird weniger, aber er wird zu dieser Frau gehören.
Verletzten wirst Du sie, wenn Du Dich jetzt von ihr abwendest, oder einfach "zu vorsichtig" mit ihr umgehtst. Du hilfts ihr am besten, wenn Du normal mit ihr umgehst, zeig ihr, dass Du sie magst. Tanz mit ihr, zeig ihr, dass sie Geborgenheit und Nähe erfahren kann.
Du schreibst von einem Vertrauensverhältnis, dann ist es bestimmt auch möglich, sie mal zum Kaffee oder zum Spaziergang einzuladen und hier kanns Du dann vielleicht auch sagen, dass Du weißt, dass sie sehr schwere Zeiten und einen großen Verlust hinter sich hat und dass Du ihr zuhören würdest, wenn sie davon erzählen will. Und dann wirklich nur zuhören, keine Ratschläge geben, es gibt keinen Ratschlag, den Witwen noch nicht gehört hätten, glaube mir.
Das schlimmste für Menschen mit Verlusterfahrung ist u.a. auch der Rückzug der Umgebung, und dieser Rückzug findet statt, weil wir mit unserer eigenen Hilflosigkeit bei dem Thema Tod nicht umgehen können.
Ich wünsche Dir und ihr alles Gute.
 
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  • #3
Ich hab mal mit zweien (im Netz) zu tun gehabt.

Die eine sagte "Der Tod meines Mannes kam mir gerade recht, ich wollte mich eh scheiden lassen" und die andere trauerte.

Das Problem ist, daß sie aus einer glücklichen Beziehung kam und ihrem Mann noch so viel zu sagen gehabt hätte als von ihm bei einem Verkehrsunfall nicht mehr viel übrig war.

Sie hat im Gegensatz zu all den Geschiedenen das know how für eine glückliche Beziehung & will vielleicht Dir das sagen, was sie ihrem Mann hätte sagen wollen.

Rede mit ihr und hör zu, denn bei ihr ist es so: Sie hat das know how für eine glückliche Beziehung, nur der Partner muß getauscht werden.
 
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  • #4
Bin selbst Witwer (Mitte 40) und kann das was #1 geschrieben hat, absolut nachvollziehen. Für mich war und ist es auch wichtig, unter die Leute zu gehen, Freunde zu treffen
Ich habe dabei bemerken müssen, dass sich einige zurückgezogen haben, weil sie sich mit diesem Thema nicht auseinandersetzen konnten und wollten. Und gute Ratschläge zu dieser Thematik kann man wenn überhaupt nur von Menschen bekommen, die selbst eine ähnliche Erfahrung gemacht haben.
 
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  • #5
Hallo,
ich bin selber eine Witwe (41) und kann aus eigener Erfahrung etwas dazu sagen: Es ist richtig, dass viele mit dem Thema nicht umgehen können, weil sie es nicht wollen, oder, weil sie Angst haben, die Betroffene zu verletzen. Ich finde es aber wichtig, dass sich die Freunde, Bekannte und andere "normal" benehmen. Wenn ich Ratschläge brauche, dann frage ich danach. Wenn ich trauern will, dann gehe ich zum Friedhof, oder tue es für mich alleine in einer "stillen Minute". Wenn ich aber rausgehe, neue Menschen treffen oder kennenlernen will, dann möchte ich als eine "ganz normale" Frau behandelt werden!
Ich wünsche dir und der Dame alles Gute!
 
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  • #6
@#1: Sehr einfühlsam geschrieben. Voller Zuspruch.

Was mit hierzu noch einfallen würde: Sei auf inkonsequentes Verhalten ihrerseits gefasst. Viele Menschen, die ihren (geliebten) Partner verloren haben, fühlen sich zuweilen zwischen dem Wunsch nach einer neuen Bindung und dem schlechten Gewissen, ihren ehemaligen Partner quasi posthum zu betrügen, hin- und hergerissen. Da ist mitunter viel Einfühlungsvermögen und Nachsicht gefragt.

@#2: "Die eine sagte "Der Tod meines Mannes kam mir gerade recht, ich wollte mich eh scheiden lassen"... "
Das ist allerdings schon echt harter Tobak.

deBaer
 
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  • #7
Ich bin w Mitte 40 und Witwe. Es gibt für alles eine Zeit, für Trauer und Alleinsein und den Weg zurück ins Leben, zu dem es selbstverständlich gehört, unter Menchen zu gehen.

Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass es eine Menge Menschen gibt, die sich zurückziehen, weil sie Angst vor demThema Tod und Sterben haben.

Den Menschen, den man verloren hat, wird man nicht vergessen, dennoch ist es möglich, den Schmerz hinter sich zu lassen und ein neues Glück zu finden.

Es tut sehr gut, wie ein Mensch behandelt zu werden, der ganz normal ist, eben mit einer schweren Erfahrung. Magst Du die Frau, dann lasse es sie fühlen, höre ihr zu, wenn sie erzählen möchte.

Viel Glück!
 
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  • #8
Ich bin 43 und auch Witwe. Allem, was hier geschrieben wurde, kann ich nur zustimmen! Sehr wichtig finde ich auch den Hinweis von #5 im ersten Absatz!!

@deBaer: Überhaupt finde ich deine Beiträge fast immer sehr einfühlsam und gehaltvoll :)
 
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  • #9
Ich habe vor einem guten Jahr einen wunderbaren Mann kennengelernt. Er ist Wittwer und hat 3 kleine Kinder. Als ich vom Tod seiner Frau erfahren habe, war es für mich erstmal ein Schock. Natürlich habe ich mich auch immer wieder gefragt, wie ich ihm denn nun gegenüber trete, was ich sagen darf und was nicht, wie ich mich verhalten soll usw. Im Nachhinein habe ich von ihm erfahren, dass ich ihm so gut getan hätte, da ich ihn einfach wie einen ganz normalen Mensche behandelt habe. Ich hab mich nicht verstellt oder mich zurückgehalten, sondern war einfach lustig und fröhlich wie immer. Und genau das hat er gebraucht, da er von vielen, die von seinem Schicksal erfahren haben, ihn plötzlich wie einen Aussetzigen behandelt haben. Wenn man sich auf den anderen einlässt, dann merkt man auch, wann er erzählen will oder das Bedürfnis hat, zu reden. Was natürlich wirklich wichtig ist, dass man ihnen Zeit gibt und einfach sehr einfühlsam und nachsichtig ist. Es kann vorkommen, dass er sich über längere Wochen nicht mehr gemeldet hat, dann aber plötzlich wieder da war. Mein Pech ist nur, dass ich mich über diese Zeit sehr in diesen Mann verliebt habe, wie in sonst keinen zuvor. Der Tod seiner Frau ist noch nicht wirklich lange her und somit ist er natürlich auch noch nicht an einer neuen Beziehung interessiert. Gleichermaßen würde hier auch das Problem mit den Kindern auf uns zukommen. Er hat schon drei und ist Anfang 40, ich bin 27 und hätte auch gerne eigene Kinder. Aber wie das Leben so spielt...
 
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