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  • #1

Wie verarbeitet man die "Dämone" der Vergangenheit?

Ich hatte eine sehr "komische" Kindheit, was mir erst mehr und mehr bewusst wird, seit ich eigene Kinder habe. Es bedrückt mich in letzter Zeit immer mehr und ich weiß ich muss es verarbeiten.
Ich dachte damals dass vieles davon normal ist und es an mir lag. Das unreife Verhalten der Mutter und ihre Co-Abhängigkeit vom Vater haben wohl doch Spuren hinterlassen. Im Grunde genommen wurde alles unter den Teppich gekehrt und totgeschwiegen.
Ich habe zum Glück, sehr früh meinen Mann kennengelernt und da wir beide sehr jung waren, sind wir gemeinsam erwachsen geworden ohne dass noch größerer Schaden entstehen konnte.
Sie hat einen großen Hass auf meinen Mann, wünscht sich nichts sehnlicher als das es schief läuft mit uns und versucht auch immer Anzeichen von Unzufriedenheit an meinen Kindern zu finden. Will sie auf diese Weise triumphieren, um sich ihre eigenen Fehler schön zu reden- wenn ich scheitern würde?
Wie habt ihr Eure Vergangenheit verarbeitet und wie schaltet ihr den Einfluss der Eltern in der Gegenwart ab?
Ich wäre dankbar für Tipps. w37
 
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  • #2
Liebe FS,

ich bin auch so eine Betroffene wie du, mir hat eine Psychotherapie, viel Lesen von Literatur zu Narzissmus bei Müttern, im Internet steht auch viel dazu, geholfen, meine Kindheit zu verstehen und zu bearbeiten. Seit Jahren habe ich den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen, weil sie immer wiederholt mich im Beisein der restlichen Familie auf die fieseste Art runterputze. Mein Vater hat den Kontakt schon eh nicht zu mir gepflegt. Kommt nichts von mir, kommt nichts von ihm. Er ist ein Egozentriker, meine Mutter eine Narzisstin.

Im Forum eine bekannten Frauenzeitschrift mit B.... gibt es zum Thema seelische Gewalt durch Mütter einen großen Thread. Es sind in Deutschland viele Kinder, die heutige Erwachsene sind, betroffen. Frauen reden mehr darüber, Männer schweigen wohl eher.

Alles Gute für dich, es gibt Wege, da raus zu kommen. Nicht ganz, aber fast.

w 50
 
  • #3
Einfluss der Eltern in der Gegenwart ab(schalten)
* Zieh weit weg!
* Beschränke den telefonischen Kontakt,
* dosiere Besuche, lass gegebenenfalls Deinen Partner gar nicht mehr hin,
* gib ihr schriftlich, was sie an Unkenrufen gegenüber Dir und den Kindern zu unterlassen hat,
* und such Dir Gesprächspartner (im Forum finde ich es auch ganz gut),
* gegebenenfalls aber auch einen Psychologen, mit dem Du Deine Kindheit nochmal durchkauen kannst.

Toll, dass Du so einen wunderbaren Mann gefunden hast! Lass Dir nichts madig machen... Menschlichkeiten gehören überall dazu, die müssen keine miese Prognose sein.
Lies Dich gegebenenfalls auch im Internet ein, "Narzissmus", "narzisstische Mütter", "Abhängigkeit"...
Alles Liebe!
 
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  • #4
Ich bin weit weg gezogen, habe eine Therapie gemacht und der Kontakt ist nur mehr sporadisch, wenn es nötig ist. Sei gewarnt, auch trotz Therapie wird es dich immer wieder einmal "übermannen" nur lernst du damit umzugehen und die Hintergründe besser zu begreifen. Bücher von Alice Miller sind dazu auch sehr hilfreich. WICHTIG: Ich konnte mich erst beim 4. Therapeuten öffnen, daher vereinbare zuerst ein "Schnuppergespräch". Viel Glück
 
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  • #5
Ich würde den Kontaktabbruch anstreben. Bin mit häuslicher Gewalt unter meinem Vater groß geworden und habe mit 33 Jahren den Kontakt zu Ihm abgebrochen, weil er nach der Geburt unseres Sohnes versucht hat Einfluss zu gewinnen. Das reichte schon. M
 
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Mooseba

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  • #6
* Zieh weit weg!
* Beschränke den telefonischen Kontakt,
* dosiere Besuche, lass gegebenenfalls Deinen Partner gar nicht mehr hin,
* gib ihr schriftlich, was sie an Unkenrufen gegenüber Dir und den Kindern zu unterlassen hat,
* und such Dir Gesprächspartner (im Forum finde ich es auch ganz gut),
* gegebenenfalls aber auch einen Psychologen, mit dem Du Deine Kindheit nochmal durchkauen kannst.
ich bin auch so eine Betroffene wie du, mir hat eine Psychotherapie, viel Lesen von Literatur zu Narzissmus bei Müttern, im Internet steht auch viel dazu, geholfen, meine Kindheit zu verstehen und zu bearbeiten.
Also solche Sachen habe ich auch schon gemacht. Aber weder Literatur noch Psychotherapie haben mir ein bisschen Selbstbewusstsein gegeben. Und meine Kindheit habe ich auch verstanden bzw. deren Einfluss auf mein jetziges Leben. Und nun? Schulterzucken. Vom Verstehen kommt keine Heilung. Zukunftsangst und Pessimismus gehen nicht weg. Gerade jetzt erlebe ich eine berufliche und selbstverständlich selbstverschuldete Niederlage, die meinen gesamten Studienabschluss entwerten könnte. Und Probleme nur zu lindern, akzeptiere ich nicht, sowas lasse ich mir von keinem einreden. Wenn ich ein selbstbewusster, offensiver, leidenschaftlicher und angstbefreiter Mann bin, dann bin ich geistig gesund - vorher nicht. Meine Ansprüche an mich werde ich nicht senken, da gehe ich lieber vor die Hunde.
Ich will damit sagen, dass man die Dämonen wohl nie ganz vertreiben kann. Wer glaubt, den Einfluss seiner Kindheit auf das Erwachsenenleben ausmerzen zu können, glaubt wahrscheinlich auch an ein Leben nach dem Tod, Heilung durch Schüsslersalze und hat gestern Elvis im Supermarkt Regal einräumen gesehen.
 
  • #7
Es berührt mich sehr, wenn ich lese, dass manche, die eine üble Kindheit hatten, noch in der Lage sind, Kontakt zu halten, die guten Seiten der Eltern nicht ganz auszublenden... das finde ich sehr großzügig und rücksichtsvoll den Eltern gegenüber. Toll - wenn das nicht zusätzlich belastet!

Denn im Erwachsenenalter musst wirklich jeder, der so negative Erfahrungen als Kind machte, schauen, ob das, was er jetzt selbst tun kann, hilfreich ist, die vergangenen eigenen Defizite auszugleichen, oder ob es eher alte eigene Wunden aufreißt.

Selbstkritik ist bei solchen Leuten, wenn sie sich ihren Eltern nicht sehr anglichen (was auch eine Abwehrstrategie ist), meist schnell zur Hand. Selbstschutz und gerade Nachsicht mit sich selbst, aber genauso legitim, sogar wichtiger.
 
  • #8
Wer glaubt, den Einfluss seiner Kindheit auf das Erwachsenenleben ausmerzen zu können, glaubt wahrscheinlich auch an ein Leben nach dem Tod, Heilung durch Schüsslersalze und hat gestern Elvis im Supermarkt Regal einräumen gesehen.
1. Hey, setze mir nicht Religion mit Esoterik gleich ;-)
Das Bewusstsein, dass ich von ganz oben genau so gewollt bin, wie ich bin, hat mir sehr oft sehr große Kraft gegeben, das war sozusagen die notwendige Basisberechtigung für mich selbst mit all meinen Macken.
Nicht umsonst können religiöse Menschen nachweislich Schicksalsschläge besser wegstecken. Motto: Entweder gerechte Strafe oder Prüfung oder stellvertretendes Leid... Das kennst Du doch noch, oder? :)

2. An die heilende Wirkung von (menschlicher) Liebe glaubst Du aber hoffentlich wenigstens? Wieso fühlen sich manche Unglückliche soviel besser, wenn ein anderer Mensch sie liebt (das beschreibt ja auch die FS), anderen bringt es offensichtlich nicht viel?
 
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  • #9
Huiui, erstmal vielen Dank für die vielen Antworten.

Narzissmus ist mir ehrlich gesagt nie eingefallen im Zusammenhang mit meiner Mutter weil sie eigentlich sich selbst gar nicht so sehr schätzt im Grunde. Sie ist aber leicht beleidigt und fühlt sich bei der kleinsten Bemerkung angegriffen. Ja, ich habe immer noch Kontakt zu ihr und so lange es um Belangloses geht- ist es auch "friedlich". Nach einer verbalen Attacke vor ein paar Jahren, war 1 Jahr lang Sendepause, ich habe aber der Kinder wegen den Kontakt wieder aufgenommen. Was sie mir gesagt hat war eigentlich unverzeihlich, doch sie liebt die Kinder auf ihre Weise, deshalb habe ich es wieder auf mich genommen.
Sie kann aber nicht verstecken wie gern sie "im Recht" wäre wenn ich als Frau und Mutter scheitern würde. Das lässt mich dann doch wieder in der Vergangenheit rumspuken.
<mod.>
Was mich nicht ganz los lässt ist dieses gegensätzliche Verhalten von ihr, sie bringt mich immer zum Zweifeln ob ich im Recht bin- wenn sie mal ganz normal und wohlwollend drauf ist. Das eine kann das andere schlechte im Hintergrund nicht ganz ausblenden. Es ähnelt dem "on-off" Verhalten mancher Menschen in Beziehungen- sobald man denkt sie sind es nicht wert, machen sie wieder was freundliches und schon verfällt man ihnen wieder.

Danke auch für den Link- und Buchtipp. Ich freue mich auf weitere Tipps und Eure Erfahrungen.
FS
 
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Mooseba

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  • #10
2. An die heilende Wirkung von (menschlicher) Liebe glaubst Du aber hoffentlich wenigstens? Wieso fühlen sich manche Unglückliche soviel besser, wenn ein anderer Mensch sie liebt (das beschreibt ja auch die FS), anderen bringt es offensichtlich nicht viel?
Die menschliche Liebe ist auch etwas, das man sich stets auf's neue erarbeiten bzw. verdienen muss. Auch hier gilt: Ohne Arbeit und Pflichterfüllung geht nichts, auch wenn das bei vielen Augenrollen auslösen wird. Bisher ist keine Heilung eingetreten und ich halte es für sehr vermessen zu behaupten, dass die Liebe die Wunden der Vergangenheit heilt - womit man ja auch einen anderen Menschen in die Verantwortung zieht, der mit der eigenen Vergangenheit nichts zu tun hat. Und eines weiß ich bereits sicher mit meinen 31 Jahren: Das Leben ist ein Kampf und zugleich Verpflichtung zur Tat. Wenn man das nicht begreift, ist jegliches Hoffen auf Glück vergebens.
 
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  • #11
Denn im Erwachsenenalter musst wirklich jeder, der so negative Erfahrungen als Kind machte, schauen, ob das, was er jetzt selbst tun kann, hilfreich ist, die vergangenen eigenen Defizite auszugleichen, oder ob es eher alte eigene Wunden aufreißt.

Meine Wunden sind halbwegs verheilt und so soll es bleiben. Es würde mich seelisch wieder runter machen, Kontakt mit meiner toxischen Familie aufzunehmen. Mit dem anderen Teil meiner Familie, die auch Therapie machen musste, verstehe ich mich sehr gut.

Ich bin nur gespannt, wie es mir gehen wird, wenn meine Mutter und mein Vater versterben. Das ist noch mal ein Termin vor dem es mir graust. Aber vielleicht wird es doch nicht so schlimm. Sie haben ja dann ihren Frieden gefunden.

w
 
  • #12
Das Leben ist ein Kampf und zugleich Verpflichtung zur Tat
Auch, aber zum Glück nicht nur, sonst wär es eine zu bittere Pille, eine Oberzumutung, in die Welt gesetzt worden zu sein!
Das Leben ist auch bunt, unbeschwert, frei, Geschenk genauso wie Verpflichtung, das Seine zu leisten.
Wenn man als Kind nicht vermittelt bekam, dass die eigene Existenz losgelöst von jedem Erarbeiten ein Geschenk ist, -für Deine Eltern, Deine engen Verwandten, alle, die ein kleines Kind lieben sollten, und für Dich selbst- dann wird es viel schwerer, da hast Du schon recht, zu spüren, dass das Leben auch Glück ist.

Keines meiner Kinder hat sich meine Liebe erarbeitet. Ganz im Gegenteil:
1. Zwischendurch haben wahrscheinlich alle Mütter und Väter schonmal das Gefühl gehabt, dass der Sprössling eher in die andere Richtung "arbeitet". Wer dann als Vater oder Mutter tatsächlich zu der Ansicht kommt, das Kind müsse sich Liebe erarbeiten, hat selbst ein Problem, ein massives.
2. Ist die Liebe des Babys, an die Bezugsperson gerichtet, von Anfang an da, und für mich war das das größte Geschenk, das ich überhaupt bekam im Leben. Besser geht´s nicht.
Auch die Liebe zum Partner ist nicht erarbeitet (und ich hab meinen Verstand nicht abgeschaltet auf der Suche!!, mich aber vom Bauch leiten lassen; aber ok, die Suche war echte Arbeit, auch an mir selbst),
sondern gegenseitiges Geschenk, das ankommt, weil er zu mir passt und ich zu ihm.

zur FS: Im Prinzip hast Du Heilungsschmerzen und ein (unberechtigt) schlechtes Gewissen, weil Du Deine kindlich akzeptierende Haltung Deiner Mutter gegenüber revidieren musst. Ich bin schon der Meinung, dass man sich mit seiner eigenen Familie auch ein eigenes Nest bauen kann, und dort viele Basiserfahrungen nachholen kann (auch wenn mir für diese Meinung manche Psychologen vermutlich halb ins Gesicht springen würden, das geht ja angeblich nur in Analyse, wenn überhaupt)
 
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