Es ist auch eine Sache, wie man um etwas bittet. Wertschätzung ist keine Einbahnstraße. Einem anderen vorzudiktieren, welche Gefälligkeiten er dienend zu erfüllen habe, damit man nicht als Sanktion beleidigt Drama veranstaltet oder "totales Desinteresse" unterstellt, ist eine Form von Geringschätzung. Mit der Erwartungshaltung, dass der Gegenüber die verlangte Gefälligkeit dienend zu erfüllen habe, bringt man den Gegenüber respektlos in die unangenehme Situation, sich entweder zu unterwerfen (und die Augenhöhe zu verlieren) oder aber "Nein" zu sagen und Sanktionen (Drama) hinzunehmen.
Genauso wie bei einem 3-Jährigen, der im Supermarkt trommelnd auf dem Boden nach dem Lolli schreit, weil es die Erwartungshaltung hat, dass der Lolli den Eltern fast nichts kostet und das Nichtgewähren des Lollis fehlende Liebe beweisen würde, gehört es in jeder Beziehung eben auch dazu, sich solchem übergriffigen Verhalten nicht einfach zu unterwerfen, wenn man nicht die wertschätzende Augenhöhe verlieren möchte. Ja, es mag keine große Aktion sein, dem Kind den Lolli zu kaufen. Doch das Kind fühlt sich dann bestätigt, dass es ein Recht auf den Lolli hatte und diese Art seiner Rechtdurchsetzung daher zulässig war. Wieso sollte das Kind sich auch respektvoller verhalten?
Menschen, die sich unterwerfen lassen, verlieren halt ihren Respekt und werden daher auch künftig nicht wertschätzender behandelt. Es entsteht ein Verhältnis, wo einer übergriffig die Regeln diktiert und der andere kaum noch wieder Augenhöhe einfordern kann.
Wenn man daher von einem anderen eine Gefälligkeit wünscht (egal ob Lolli, Sexhandlng oder Hausarbeit lesen), so gehört es zu einem gegenseitig wertschätzenden Verhalten, dass man dem Gegenüber zugleich auch kommuniziert, dass man die Erfüllung NICHT für eine Selbstverständlichkeit hält, der Gegenüber somit frei ohne Sanktionen auch "Nein" sagen darf, man sich aber über die Erfüllung der Gefälligkeit freuen würde. Der Gegenüber fühlt sich damit auf Augenhöhe, da er frei selber entscheiden darf, ob er selber Freude daran hat, dem Partner die Freude zu bereiten.
Kommuniziert man hingegen, dass man die Dienertätigkeit als Selbstverständlichkeit erwartet und ansonsten beleidigt ist, dann nimmt man dem Gegenüber den einzigen Grund, gerne den Gefallen zu erfüllen. Denn das Kind, welches den Lolli als Selbstverständlichkeit erwartet und sonst Drama veranstaltet, gibt den Eltern keinen Grund und keinen ehrlichen Dank, sich daran zu erfreuen, einem Menschen, der es auch zu schätzen weiß, eine Freude zu bereiten. Denn die Erfüllung durch den Diener dient dann nur noch der Vermeidung der Sanktion des Herrschenden.
Wer daher in einer Beziehung seinen Respekt nicht verlieren möchte, der achtet auch selber darauf, dass man sich bei übergriffigen Unterwerfungsversuchen nicht einfach zur Vermeidung von Sanktionen unterwirft und die Tätigkeiten übergriffig vordiktieren lässt.